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Bitte Einzelzimmer mit Bad

Bitte Einzelzimmer mit Bad

Titel: Bitte Einzelzimmer mit Bad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Lust, noch vor meiner Beerdigung in einem rollenden Krematorium herumzufahren!«
    Für Tinchen war der Anblick von mindestens fünfzig Nelkensträußen, über sämtliche Ablageplätze verteilt, nichts Ungewöhnliches mehr. Sie konnte hundertmal erklären, daß die Blumen auf dem Wochenmarkt in Verenzi um einiges billiger waren als hier, niemand glaubte das, und so bogen sich jedesmal die Gepäcknetze unter der Last von langstieligen Nelken, die später im Hotelzimmer um drei Viertel gekürzt in Zahnputzbechern landeten. Betäubender Duft zog durch den Wagen und würde sich erst nach einigen Kilometern etwas verflüchtigen, wenn Luigi ungeachtet des allgemeinen Protests die Ventilatoren einschaltete.
    Frau Baedeker schnaufte über den Platz. »Ist mein Mann schon da? Nein? Dann müssen wir ihn suchen!«
    Es stellte sich heraus, daß der Gatte vor dem vierten Souvenirladen kapituliert und sich allein auf den Rückweg gemacht hatte. »Weit kann er nicht sein, ich bin ja auch bloß um zwei Ecken gegangen und stand plötzlich hier.«
    Die Herde schwärmte aus und kam kurz darauf im Triumphzug zurück. Vorneweg Karsten, der drei Weinflaschen schleppte, dahinter im Zickzackkurs ein selig vor sich hinbrabbelnder Herr Baedeker, dann der Troß.
    »Man kann – hicks – nicht immer nur Gero … Georgra … also nicht immer – hicks – Erdkunde studie … studieren, man m-muß auch mal prak-praktische Studien b-betreiben. Ich b-bin mit den – hicks – W-weinproben noch gar nicht f-fertig. Die anderen habe ich m-mitgebracht. W-willst du auch – hicks – m-mal kosten, H-Helene?«
    Die war zu einem mißbilligenden Fragezeichen erstarrt. »Karlheinz!!!«
    Karlheinz hörte nicht. Er überwachte das Verstauen seiner hochprozentigen Mitbringsel und sank befriedigt auf seinen Sitz. »Das w-war mal ein schö-schöner Ausf-flug!«
    Endlich trudelte auch das Rückbank-Quartett ein. Es hatte den Nachmittag am Strand verbracht und knirschte, nach allen Seiten Entschuldigungen murmelnd, durch den Bus. Der Duft von Nelken mischte sich mit dem Geruch von Sonnenöl und Haute Sauternes.
    »Mußte jetzt wieder quasseln?«
    Tinchen mußte nicht. Sie ließ sich vielmehr von Karsten erzählen, wie er bei seinem ersten Versuch der deutschfranzösischen Kommunikation gescheitert war.
    »Ich bin da hinter so ’ner tollen Blondine hergestapft, erstklassige Figur, ganz enge Jeans, und als ich sie gerade ankeilen wollte, habe ich erst gemerkt, daß das’n Kerl war. Vorher waren mir die hohen Absätze an den Stiefeln gar nicht aufgefallen!« In seinem Seufzer lag die ganze Enttäuschung. »Heutzutage kann man die Geschlechter wirklich bloß noch im Kinderwagen unterscheiden!«
    »Wer dich von hinten sieht, könnte auch auf falsche Gedanken kommen«, bemerkte Florian, »du solltest endlich mal zum Friseur gehen!«
    »Kommt gar nicht in Frage!«
    »Denk’ nicht so sehr an die Haare, die du verlierst, freu dich lieber, daß du mehr Gesicht bekommst!«
    »Im Gegensatz zu dir hätte ich wenigstens eins zum Vorzeigen!«
    »Wie lange noch? Jugend und Schönheit sind vergänglich.«
    »Stimmt, aber Häßlichkeit vergeht nie!«
    Amüsiert hatte Tinchen dem Schlagabtausch zugehört und gleichzeitig überlegt, wie wohl Klaus ihren Bruder behandeln würde. Sicher ein bißchen von oben herab mit väterlich-wohlwollender Überheblichkeit, immer bemüht, Haltung zu wahren. Auf keinen Fall würde er Karsten an das Steuer seines Wagens setzen und ihn sechs Runden um den Golfplatz drehen lassen, wie Florian es getan hatte. Er würde auch keine Aprikosen von fremden Bäumen pflücken und Blumen mit Spinnen drin verschenken. Statt dessen war er mit Tante Josi nach Mailand gefahren – Schmuck einkaufen!
    Es war schon fast dunkel, als der Bus wieder auf der Piazza von Verenzi hielt. Schweigsam war es während der letzten beiden Stunden gewesen, fast alle hatten geschlafen, Herr Baedeker mit einer Flasche im Arm und Frau Baedeker mit einer Porzellanvase – Bonjour de Nice.
    Tinchen verabschiedete ihre Herde, nahm Dankesworte in Empfang und Trinkgelder, an die sie sich noch immer nicht gewöhnt hatte, und die jedesmal wie Feuer in ihrer Hand brannten, murmelte Unverbindliches und atmete auf, als der letzte endlich den Bus verlassen hatte. Die gesammelten Scheine reichte sie an Luigi weiter, der sie unbesehen einsteckte. »Grazie. Heute mal alles gut gegangen. Nix Person vergessen, nix Kontrolle an Grenze, und Auspuff hat auch gehalten! Habe ich angebunden

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