Bitte Einzelzimmer mit Bad
wollte und das Penthouse von Björn Borg, den Laden mit den Torerohüten, die Jacht von Tina Onassis und die Stelle am Strand, wo Hans Albers damals ›Das ist die Liebe der Matrosen‹ gesungen hatte.
Herr Baedeker hielt Tinchen zwei bizarr geformte Steine vor die Nase.
»Da hinten liegen noch viel mehr« – er deutete irgendwo in die Gegend – »zum Teil tonnenschwere Brocken. Woher kommen die?«
»Sie sind vermutlich in früher Zeit von Gletschern mitgebracht worden.«
»Interessant. Und wo sind die Gletscher jetzt?«
»Unterwegs. Neue Steine holen!« knurrte Karsten halblaut. »Sag’ mal, Tinchen, stellen die immer so dusselige Fragen?«
»Noch dusseligere!«
Die Herde hatte sich in alle Windrichtungen zerstreut, bereit, es mit den Sehenswürdigkeiten aufzunehmen. Auch Karsten wollte sich verkrümeln. Unter dem Vorwand, mal etwas für seine Biologienote tun zu müssen, peilte er das Aquarium an. »Kommste mit, Tine?« fragte er anstandshalber.
»Nein, danke. Gebratene Fische sind mir lieber.«
Sie bummelte durch die Straßen in der Hoffnung, irgendwo auf Florian zu stoßen, sah aber nur Baedekers und flüchtete in den nächsten Laden. Es handelte sich um ein Spezialgeschäft für Umstandsmoden, das sie mangels für sie geeigneter Angebote schließlich mit einer Quietschente wieder verließ. Bommel würde sich bestimmt freuen. Sein Herrchen auch.
Um zwei Uhr startete der Bus zur letzten Etappe. Tramper Jürgen verabschiedete sich. Er hatte da ›so ’n paar Typen‹ kennengelernt, die auf dem Weg nach Paris seien. Das kenne er auch noch nicht und wolle mit. Nach Marseille könne er ja später immer noch gehen. Und schönen Dank noch fürs Mitnehmen.
Tinchen steckte ihm ihr Lunchpaket zu (kaltes Huhn und Pfirsiche!) und die grünen Nazionali. Karsten spendete ein Päckchen Kaugummi und Florian Hustenbonbons. Jürgen revanchierte sich mit einer zerknitterten Visitenkarte sowie der Einladung, ihn in Darmstadt zu besuchen. »Aber erst ab Mitte September, vorher bin ich doch nicht zu Hause.«
Müdigkeit machte sich breit. Man hatte, je nach Veranlagung, Kaffee und Kuchen oder Wein und Pizza zu sich genommen und verdaute. Fürstens hatte man leider nicht gesehen, aber man nahm sie in Form von handbemalten Porzellantellern Made in Hongkong oder wenigstens als Ansichtskarte im DIN -A5-Format mit in die monarchenlose Heimat.
Nizza. Palmenpromenade mit Großstadtverkehr, dahinter stuckverzierte Luxushotels – Kulisse von Simmel-Romanen und Fernsehfilmen, den Businsassen also bestens vertraut. Protest kam auf, als Luigi in das Straßengewirr der Altstadt tauchte. »Was sollen wir hier? Mietshäuser gibt es auch in Wanne-Eickel!«
Tinchen versicherte, daß man lediglich den Busparkplatz aufsuche, und von dort sei man in fünf Minuten wieder am Meer. Rechts um die Ecke befinde sich der weltberühmte Blumenmarkt, genau gegenüber ein Restaurant mit deutscher Küche, ansonsten fahre man um siebzehn Uhr zurück, und nun viel Vergnügen!
»Und was machen wir, Tinchen?«
»Essen gehen!« Schon bei ihrem ersten Besuch in Nizza hatte sie ein kleines, typisch französisches Restaurant entdeckt, unscheinbar von außen, innen jedoch sehr stilvoll eingerichtet und von Touristen bisher übersehen. »Ich lade dich ein, Flox!« Und als sie seine abwehrende Handbewegung sah: »Das geht auf Spesen.«
»Hättest du das nicht früher sagen können? Jetzt habe ich mir schon in Monte Carlo zwei Tüten Pommes reingeschoben!«
Trotzdem ging er mit. Er wäre überall mitgegangen, sogar auf den Blumenmarkt, wenn Tinchen das gewollt hätte, obwohl er von Blumen nur soviel wußte, daß sie bei offiziellen Besuchen obligatorisch und vermutlich deshalb so unverschämt teuer waren. Dann gab es noch Blumen in Töpfen, aber die wurden immer nach einer Woche welk, was hauptsächlich daran lag, daß sie regelmäßig begossen werden mußten, und zwar mit Wasser. Da Florian diese Flüssigkeit nur zum Kaffeekochen und Zähneputzen verwendete, konnte er sich nicht vorstellen, daß es Lebewesen geben sollte, die so etwas trinken. Er hatte es schon mit Bier versucht und mit verdünntem Wodka, aber die Zimmerlinde hatte allergisch reagiert und kurzerhand ihren Geist aufgegeben. Seitdem bestanden Florians Zimmerpflanzen aus zwei Schnittlauchtöpfen, denen gar keine Zeit zum Welkwerden blieb, weil er sie immer schon vorher aberntete.
Den Blumenmarkt kannte Tinchen schon. Sie fand ihn langweilig und die Aussicht, dort mindestens die halbe
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