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Bitte Einzelzimmer mit Bad

Bitte Einzelzimmer mit Bad

Titel: Bitte Einzelzimmer mit Bad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Busbesatzung zu treffen, schlichtweg entsetzlich. Sie wollte ins Museum.
    »Schon wieder Bildung!« stöhnte Florian. »Warum können wir nicht hier sitzen bleiben, noch ein Glas Wein trinken und uns ganz einfach unterhalten?«
    Sie hatten vorzüglich gegessen, zuerst gefüllte Auberginen, dann ein Kalbsbries und zum Schluß flambierte Kirschen, von denen Florian behauptet hatte, sie seien nicht mit Grand Marnier übergossen worden, wie es die Speisekarte versprochen hatte, sondern mit einem namenlosen Fusel. Auf diesem Gebiet könne er sich durchaus als Fachmann bezeichnen.
    Der herbeizitierte Kellner hatte Florians Verdacht wortreich bestritten und war Sieger geblieben. Schon aus rhetorischen Gründen, denn Florian hatte seinerzeit nur Englisch und Latein gelernt. »Drei Sorten Menschen gibt es, mit denen jede Diskussion unmöglich ist«, hatte er schließlich festgestellt, »amerikanische Psychiater, englische Zollbeamte und französische Kellner.«
    Nun tigerte er schimpfend hinter Tinchen her, deren Vorliebe für französische Malerei in krassem Gegensatz zu seinen schmerzenden Füßen stand. »Ich habe heute schon mein halbes Monatssoll an Laufarbeit geleistet. Kannst du dir den Rest nicht das nächste Mal ansehen?«
    Aber Tinchen wollte nicht. Sie hatte sich vorgenommen, die Chagalls zu besichtigen, und davon ließ sie sich nicht abbringen. Irgendwie mußte sie der Wärter mißverstanden haben, oder er war nicht geneigt gewesen, ihnen auch die Betrachtung der übrigen Schätze des Museums zu schenken, jedenfalls hatten sie sich schon an einer Reihe moderner Plastiken vorbeiführen lassen und die wortreichen Erklärungen des Mannes anhören müssen, die sie im einzelnen zwar nicht verstanden hatten, denen sie jedoch entnehmen konnten, daß dies alles sehr schön und kostbar sei.
    »Ich verstehe nicht viel von modernen Skulpturen, aber ich weiß genau, was meine Frau Mühlbauer nie abstauben würde«, bemerkte Florian vor einem Gebilde, das große Ähnlichkeit mit einem Schweizer Käse hatte.
    »Ich möchte gar nicht erst fragen, wie lange der Meister daran herumgehämmert hat. Und was ist dabei herausgekommen? Nichts als Löcher!«
    Die Chagalls fanden sie dann doch noch, aber Florian interessierte sich mehr für die Bank mitten im Saal, die ihm weitaus besser gefiel als alles, was an den Wänden hing.
    »Was weißt du über Chagall?«
    Er überlegte. »Ich glaube, das ist ein französischer Pole oder meinethalben auch ein polnischer Franzose, und er malt immer das, was ich träume, wenn ich besoffen bin!« Tinchen zuckte zusammen. »Ist das alles?«
    »Was willst du denn von mir hören, zum Donnerwetter? Katalog-Weisheiten? Wiedergekäute Kunstkritiken? Wer vor solchen Bildern steht und Tiefsinniges vor sich hinschwafelt, benutzt doch selten eigene Gedanken. Die meisten denken per Anhalter. Außerdem kommt es nicht darauf an, was man weiß, sondern auf das, was einem im richtigen Moment einfällt. Mir fällt aber im Augenblick nichts anderes ein als die Tatsache, daß ich ein Loch im Strumpf und darunter eine Blase habe. Laß uns endlich gehen, damit ich mich irgendwo hinsetzen kann!«
    »Wir müssen sowieso zurück! In einer Viertelstunde geht der Bus.«
    Mit einem Blick auf den jämmerlich humpelnden Florian spendierte sie ein Taxi. Dankbar ließ er sich in die Polster sinken. »Merci, Madame.« – »Mademoiselle«, korrigierte Tinchen, »oder solltest du nicht einmal den Unterschied kennen zwischen Madame und Mademoiselle?«
    »Doch«, grinste Florian, »Monsieur!«
    Auf dem Parkplatz war die Herde fast vollzählig versammelt. Der Bus war verschlossen, Luigi nirgends zu sehen. Baedekers fehlten noch und Karsten, der sich gleich nach ihrer Ankunft verdrückt hatte. Auch die weinselige Vierergruppe von der Rückbank war noch nicht aufgetaucht. Also würden sie wieder einmal nicht pünktlich wegkommen.
    Dafür kam Luigi. Er hatte die vergangenen Stunden im Kreise von Leidensgenossen verbracht, Unmengen von Mineralwasser getrunken und dabei ausgerechnet, um wieviel tausend Lire ihn Pasquale, der krumme Hund, heute wohl wieder betrügen würde. Dienstags und donnerstags, wenn Luigi mit dem Touristenbus unterwegs war, übernahm Pasquale sein Taxi, aber nach seiner Ansicht konnte er weder richtig fahren noch richtig rechnen. Dafür war er billig, und das hatte letztlich den Ausschlag gegeben.
    Kaum hatte Florian den Bus betreten, als er auch schon wieder kehrtmachte. »Muß ich da wirklich rein? Ich habe keine

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