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Bitte Einzelzimmer mit Bad

Bitte Einzelzimmer mit Bad

Titel: Bitte Einzelzimmer mit Bad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Tinchen die Pillen in den Sand. »Soll er doch seine Würmer behalten!«
    Bommel sah sein Frauchen verachtungsvoll an, sprang von ihrem Arm, schlenderte gemächlich zu den Tabletten und fraß sie auf. »Das nächste Mal kriegt er sie als Leckerbissen. Statt Hundekuchen!«
    Die Sonne knallte vom wolkenlos blauen Himmel, verteilte gleichmäßig Wärme und Faulheit und wirkte besänftigend auf alle Schmetterlinge, die schon seit Tagen keinen Grund zu Beschwerden gefunden und ihre Reiseleiterin weitgehend in Ruhe gelassen hatten. Endlich konnte auch sie nachmittags an den Strand gehen, sich braun brennen lassen und …
    »Tine, hier steht, daß in der nächsten Woche die Eisenbahner streiken!«
    »Laß sie doch! Irgendwer streikt hier immer! Letzten Monat waren es die Briefträger, davor die Metzger, weil ihnen die amtlichen Hygienevorschriften nicht in den Kram gepaßt haben, dann mal wieder die Krankenschwestern, und nun sind es eben die Bahnbeamten. Wahrscheinlich sind sie in diesem Jahr noch nicht drangewesen.« Merkwürdig, daß sich hier niemand aufregte, wenn man tagelang keine Post oder kein Fleisch bekam. Das müßte mal in Deutschland passier …
    »Wer will streiken?« Mit einem Ruck war Tinchen hoch und riß Florian die Zeitung aus der Hand. »Von wann ist denn die?«
    »Von vorgestern.«
    »Und wo ist die von heute?«
    »Die kommt doch erst morgen.«
    »O Gott!« Sie griff nach ihrem Bademantel und rannte los. »Ich muß sofort rauskriegen, für welchen Tag der Streik angesetzt ist.«
    »Warum denn? Wir fahren doch sowieso mit dem Auto zurück.«
    Florian warf Karsten einen mitleidigen Blick zu. »Du denkst auch bloß von der Wand bis zur Tapete! Übermorgen kommen doch wieder neue Gäste an.« Dann spurtete er hinterher.
    Er fand Tinchen an der Rezeption. Schumann blätterte im Telefonbuch, und Tinchen wählte: »… Zwei-Neun-Sieben. Hoffentlich geht Signor Poltano überhaupt ran! Um diese Zeit fährt kein Zug, und wenn keine Güterwagen kommen, pennt er gewöhnlich. Wie? Oh, Scusi, Signora, äh – falsch verbunden!« Sie drückte auf die Gabel und wählte noch einmal. »Warum sind falsche Nummern nie besetzt?«
    Diesmal hatte sie Glück. Der Stationsvorsteher teilte ihr mit, daß er von dem angekündigten Streik auch erst aus der Zeitung gehört habe, offiziell noch gar nichts wisse und auch keine Ahnung habe, wo man Genaueres erfahren könne. Vielleicht bei der Kurverwaltung oder bei der polizia, am sichersten bei der Regierung in Rom. Aber um diese Zeit sei da bestimmt niemand mehr zu erreichen.
    Schumann hatte sich inzwischen an den zweiten Apparat gehängt und seine geheimen Informanten angerufen. Die hatte hier jeder. Irgend jemand kannte immer irgendwen, der an einer Schaltstelle saß und je nach Bekanntschaftsgrad seine Kenntnisse gegen ein mehr oder weniger großes »mancia« weitergab. Diese Trinkgelder fielen in der Regel unter die Rubrik ›Laufende Geschäftskosten‹ und waren steuerlich absetzbar. Nach mehreren Telefonaten, die eigentlich nur die Zuverlässigkeit des ersten Informanten bestätigen sollten, schob Schumann den Apparat zur Seite.
    »Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie, Tina. Zuerst die gute: Der Streik ist vorläufig nur für vierundzwanzig Stunden angesetzt. Und jetzt die schlechte: Er beginnt am Mittwoch um Mitternacht.«
    »Das heißt also, der Sonderzug sitzt am Mittwochvormittag in Chiasso fest!«
    »Kann man den denn nicht einen Tag lang zurückhalten?« Florian zündete zwei Zigaretten an und schob Tinchen eine zwischen die Lippen.
    »Oder ganz einfach später in Marsch setzen?«
    »Unmöglich! Was soll aus denen werden, die übermorgen abreisen? Außerdem besteht der Zug ja nicht nur aus Schmetterlings-Touristen, von unserem Verein sind höchstens zwei Wagen dabei, und einer davon geht von Genua aus in die entgegengesetzte Richtung.«
    »Wie viele Gäste sollen denn diesmal kommen?«
    »Das weiß ich nicht genau. So um die siebzig. Die Listen liegen im Büro.«
    »Einfach zwei Busse zur Grenze schicken«, sagte Schumann.
    »Prima Idee! Und wo kriege ich die her?« Tinchen drückte die Zigarette im Aschenbecher aus und griff nach einer neuen. »Wahrscheinlich bin ich die letzte, die von diesem Streik erfahren hat, und ich gehe jede Wette ein, daß es an der ganzen Küste keinen einzigen Bus mehr zu chartern gibt.«
    »Du hast es ja noch gar nicht versucht«, besänftigte Florian. »Zieh dir erst mal etwas an und komm zum Büro. Ich versuche

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