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Bitte Einzelzimmer mit Bad

Bitte Einzelzimmer mit Bad

Titel: Bitte Einzelzimmer mit Bad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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bitten?«
    In dem weißen Dinnerjackett machte Brandt eine tadellose Figur, und daß er dazu auch noch hervorragend tanzen konnte, überraschte Tinchen gar nicht. Wer so aussah, mußte das einfach können! Sie selbst tanzte auch nicht schlecht, und so dauerte es nicht lange, bis sich die anderen Paare von dem Rondell zurückzogen und den beiden das Parkett allein überließen.
    »Genau wie im Märchen, als der Prinz mit Aschenbrödel den Ball eröffnete«, flüsterte Brandt, bevor er Tinchen unter dem Beifall der übrigen Gäste wieder zum Tisch brachte. Dort lümmelte Florian einsam und verlassen auf seinem Stuhl. Mit scheelen Blicken begrüßte er seinen Nebenbuhler. »Der nächste Tanz gehört aber mir, Tine!«
    Sie wollte empört ablehnen, besann sich dann aber doch eines Besseren. Ganz nüchtern war Florian bestimmt nicht mehr, und einen Korb würde er kaum widerspruchslos hinnehmen. Eine lautstarke Auseinandersetzung wollte sie aber nicht riskieren, deshalb stand sie gehorsam auf, als die Kapelle wieder spielte.
    »Warum tanzt du nicht mit deinem Zirkuspferd?«
    »Mit wem?« Florians Erstaunen war echt.
    »Ich meine dieses rothaarige Tier mit seinen goldbeschlagenen Hufen!«
    Vor lauter Überlegen kam er aus dem Takt und trat ihr auf die Füße.
    »Autsch!«
    »Tschuldigung, aber ich kann mich beim besten Willen an kein Pferd erinnern.«
    »Vorhin an der Bierbar konntest du es noch ganz gut.«
    Endlich hatte Florian begriffen. »Du meinst doch nicht etwa Frau Leibowitz? Die habe ich schon gekannt, als sie noch in meinem Alter war. Sie ist Moderedakteurin bei einer Illustrierten und hauptberuflich Gattin eines Badewannenfabrikanten. Zur Zeit macht sie Urlaub. Warum ausgerechnet hier, weiß ich nicht. Wahrscheinlich war Hawaii schon ausgebucht. Ich hab’ sie ganz zufällig getroffen.«
    Tinchen biß sich auf die Lippen. Nur nicht weich werden! Florian konnte ihr viel erzählen! Seine Phantasie schlug manchmal Purzelbäume. Das hatte schon Dr. Vogel festgestellt – damals, als Flox den detaillierten Bericht in die Setzerei gegeben hatte über einen Liederabend, der wegen Erkrankung des Künstlers kurzfristig abgesagt worden war. Erst am nächsten Tag war herausgekommen, daß Florian überhaupt nicht hingegangen war, sondern seinen Artikel aus Archivmaterial zusammengeschmiert hatte. Die Blamage hatte ihm der Sperling lange nicht verziehen.
    »Wann soll die Schlacht eigentlich beginnen?« Ein Themawechsel schien Tinchen jetzt dringend angebracht.
    »Soviel ich weiß, wird das Buffet um zehn Uhr freigegeben.«
    »Kannst du nur ans Essen denken?«
    »Wenn’s nichts kostet, immer!« Sie seufzte – weniger wegen Florians Vorliebe für Eiersalat, von dem er bereits am Nachmittag zwei Teller verdrückt hatte, sondern weil er schon wieder auf ihrem Fuß stand. »Du tanzt wie ein Nilpferd!«
    »Ich weiß, aber Tango war noch nie meine Stärke.«
    »Das ist ein Foxtrott!«
    »Den kann ich auch nicht!«
    Sie löste sich aus seinen Armen und ließ ihn einfach stehen. Es wurde sowieso höchste Zeit, die Anwesenden mit den Präliminarien zur Schönheitskonkurrenz bekanntzumachen. Die Kellnerbrigade, aufgefüllt durch mehrere Aushilfskräfte, die nach Schumanns Ansicht ihr Metier in einer Hafenkneipe gelernt hatten, verteilte die Stimmzettel, während Tinchen auf den verabredeten Tusch wartete, der größeren Ereignissen immer vorauszugehen pflegt. Brandt half ihr zuvorkommend aufs Podium, stellte das Mikrofon niedriger, vor dem ein ellenlanger Schmalztenor in allen Variationen sein ›Bella Italia‹ besungen hatte, drückte Tinchen beruhigend die Hand und überließ sie ihrem Schicksal.
    »Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Schmetterlinge«, begann sie und hätte sich am liebsten gleich auf die Zunge gebissen. So ähnlich hatte Lübke auch immer angefangen, wenn er in einem Negerkral die Stammesältesten begrüßen mußte. Sie fuhr fort: »In der ganzen zivilisierten Welt wird immer irgendwo irgend etwas gewählt: Das Europaparlament, der Sportler des Jahres, die deutsche Weinkönigin, der billigste Kleinwagen oder die erfolgreichste Fernsehsendung. Und dann gibt es noch die Schönheitsköniginnen, die von der Miß Airport bis zur Miß Strumpfhose so ungefähr alle Bereiche umfassen, die ein publikumswirksames Aushängeschild brauchen. Nur die Tierwelt ist bisher verschont geblieben. Dieses Versäumnis wollen wir heute nachholen. Wir werden eine Miß Schmetterling wählen, oder – um es auf gut Deutsch zu sagen –

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