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Bitte Einzelzimmer mit Bad

Bitte Einzelzimmer mit Bad

Titel: Bitte Einzelzimmer mit Bad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Melonenscheibengrinsen entgegen und empfahl den Ankauf einer neuen Hose, schließlich sei man in einem Seebad, und da gebe es genügend Geschäfte, die auch sonntags geöffnet hätten. Man müsse nur eins finden.
    In einer kleinen Gasse fanden sie eine Art Boutique, in der es neben neckischen Kopfbedeckungen, venezianischen Plastikgondeln und stapelweise Ansichtskarten nahezu alles zu kaufen gab, was ein Touristenherz begehrt. Lilo verschwand hinter der Tür, war aber gleich wieder da.
    »Tinchen, wieviel Geld hast du dabei? Meins reicht nicht!«
    »Knapp 5000 Lire.« Sie zog ein paar Scheine aus ihrer Handtasche und zählte nach. »Sind bloß 4700, dafür kriegst du nicht mal Bermuda-Shorts!«
    »Wenn ich vielleicht aushelfen dürfte …« Brandt zückte schon die Brieftasche.
    »Sie dürfen nicht!« bestimmte Tinchen. »Notfalls kann sie sich ja einen Rock kaufen, der ist billiger. Und ihre Beine sehen endlich mal die Sonne!«
    Maulend zog Lilo ab.
    »Wie ich Ihre Freundin einschätze, wird dieses Unternehmen einige Zeit dauern. Wollen wir so lange in der Cafeteria warten?« Brandt deutete auf eine Gruppe spinnenbeiniger Tische und Stühle, die an der gegenüberliegenden Straßenecke aufgereiht standen. »Mich gelüstet es nach etwas Trinkbarem.«
    Tinchen hätte nichts dagegen. Sie wollte der Tante auf den Grund gehen, und jetzt war die Gelegenheit günstig. Allerdings blockte Brandt ihre Fangfragen geschickt ab, versteckte sich hinter nichtssagenden Erklärungen und wurde erst ein bißchen gesprächiger, als Tinchen auf seinen Beruf zu sprechen kam.
    »Nach meinem Studium habe ich ein paar Jahre bei IBM gearbeitet, und nun will ich endlich meine Doktorarbeit zu Ende bringen. Tante Josi meinte, in Hannover käme ich ja doch nicht dazu, und deshalb hat sie mich eingeladen, nach Loano zu kommen und das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden.«
    »Also Beruf mit Blondinen! Arbeiten Sie eigentlich am Strand oder unter der Höhensonne?«
    »Wieso?«
    »Doktoranden pflegen in der Regel eine durchgeistigte Blässe aufzuweisen. Sie unterscheiden sich aber in keiner Weise von den männlichen Strandhyänen.«
    »Das ist bestimmt nur äußerlich«, entschuldigte er sich lachend, »und lediglich der Tatsache zu verdanken, daß ich meistens auf der Terrasse sitze. Sie können mich gern einmal besuchen und sich von meinem Arbeitseifer überzeugen.«
    »Das werde ich bestimmt nicht tun!« versprach Tinchen. »Zu Tanten habe ich seit jeher ein gestörtes Verhältnis.« Mißtrauisch rührte sie in ihrer Tasse, die ein offenbar fußkranker Kellner mit vorwurfsvoller Miene vor sie hingestellt hatte. »Warum bekommt man nirgends einen trinkbaren Kaffee? Das Zeug hier schmeckt nach gar nichts!«
    »Am Kaffee sollten Sie niemals Kritik üben! Auch Sie werden mal alt und schwach!« Brandt sah auf seine Uhr. »Weshalb könnt ihr Frauen euch eigentlich nie etwas schneller entscheiden? Ich möchte zu gerne wissen, wie viele Feigenblätter Eva anprobiert hat, bis sie sagte: ›Ich nehme dieses!‹«
    »Wahrscheinlich hat Adam danebengestanden und auf die Preise geschielt.«
    Endlich öffnete sich die Ladentür und entließ eine strahlende Lilo, eingewickelt in kanariengelbe Hosen, die sie bis zur Wade aufgekrempelt hatte. »Die waren zu lang«, behauptete sie. Vorsichtig setzte sie sich. »Aber so geht’s doch zur Not, nicht wahr?«
    »Bist du da ohne Schuhanzieher überhaupt reingekommen?«
    »Natürlich! Bei
meiner
Figur!«
    »Können wir jetzt gehen?« Brandt legte einen Geldschein auf den Tisch und stand auf. Langsam schlenderten sie zurück zum Wagen, vorbei an Spitzenklöpplerinnen, die vor ihren Türen saßen und ungeachtet der neugierigen Passanten die hölzernen Klöppel durcheinanderwarfen, vorbei an parkenden Ausflugsbussen, die wie riesige Staubsauger Touristen in sich hineinsaugten, vorbei an dem bunten Gewimmel herumschlendernder Spaziergänger und gestikulierender Straßenhändler. Tinchen hätte noch stundenlang so weiterbummeln können, aber Lilo klagte über schmerzende Füße – kein Wunder, bei diesem Nichts von Riemchen und Absatz, dachte Tinchen erbittert – und steuerte auf kürzestem Weg den Parkplatz an.
    Brandt öffnete Lilo zuvorkommend die Wagentür, und zwar die hintere, wie Tinchen belustigt feststellte. Dann setzte er sich auf den Beifahrerplatz, streckte die Beine von sich und reichte Tinchen den Schlüssel. »Links ist die Kupplung, in der Mitte die Bremse, und das lange Pedal rechts ist fürs Gas.

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