Bitte Einzelzimmer mit Bad
über das Wetter beklagen. Würde es sich nicht immer wieder ändern, könnten die meisten von ihnen gar kein Gespräch anknüpfen!
AUS TINCHENS TAGEBUCH
23. Mai
Pfingstmontag. Kennt man hier nicht. Es wird geschuftet wie an einem ganz normalen Wochentag. Bin trotzdem zum Baden gegangen. War aber langweilig, so ganz allein. Von Klaus keine Spur. Wahrscheinlich hat die Tante was gegen mich!
26. Mai
Horror-Trip nach Nizza. Keine Ahnung, was den Gottlieb Maria in Frankfurt auf die Idee gebracht hat, bei den Schmetterlingen würden überwiegend jüngere Leute buchen. Heute war die Jüngste 43 und magenkrank. Ausgerechnet in Monte Carlo! Hätte sie ihre Gastritis nicht vor der Grenze kriegen können? Zum Glück sprach Apotheker leidlich gut italienisch. Meinte, die Tabletten würden zwar nicht viel helfen, aber sie hätten wenigstens keine Nebenwirkungen. Bin mir da nicht so sicher. Erstaunlich schnell regenerierte Patientin verspielte fast 300 Mark im Kasino.
28. Mai
Bin heute nach Loano gefahren. Wollte endlich meine Schulden bei Klaus bezahlen. Tante und Neffen nicht gesichtet, aufreizend attraktive Verkäuferin bewachte Laden nebst Inhalt. Vermutlich Kusine von Klaus. Ist zwar Italienerin, aber seine Verwandtschaft bewegt sich ja ohnehin auf internationaler Ebene. Habe Geld mit ein paar Dankesworten im Umschlag hinterlegt. Gegen Quittung. Telefonnummer vom Büro dann doch wieder durchgestrichen. Kann man aber immer noch lesen.
29. Mai
Lilo ist krank. Behauptet sie wenigstens. Wollte Autoschlüssel holen und fand ein viktorianisches Ritual, bestehend aus Chaiselongue, darauf bleiche Gestalt in bodenlangem Rüschengewand, drumherum nach Lavendel duftende Spitzentücher sowie unberührte Speisen. Morgen ist sie auch noch krank, hat sie gesagt. Was ihr fehlt, weiß sie nicht. Vielleicht kann sie das Alleinsein nicht ertragen. Ihr letzter ständiger Begleiter ist am Donnerstag wieder abgereist. Trug plötzlich Ehering am Finger und eine Zelluloidente unterm Arm – zu groß für die heimische Badewanne. Wird wohl Mitbringsel für den Nachwuchs gewesen sein!
Bin heute nachmittag mit ›Sole mio‹ nach Loano gefahren. Wollte endlich Karmeliterkloster besichtigen. Statt dessen auf dem Golfplatz gelandet. Anschließend über Promenade gebummelt und drei Martinis getrunken. Erst nach einer Stunde Auto wiedergefunden, hatte immer in der falschen Richtung gesucht. Zufällig an Tante Josis Laden vorbeigekommen. War geschlossen.
30. Mai
Der Mai ist ein so schöner Monat, verstehe nicht, daß er auch Montage hat. Miserable Nacht verbracht. Konnte nicht einschlafen. Rauchte zwei Zigaretten und nahm schließlich Tablette. Umsonst. Die Brandung rauschte so laut, der Wind jaulte ums Haus, nebenan kläffte ein Köter – hatte mir immer eingebildet, am Meer herrsche das große Schweigen! Versuchte es mit Schäfchenzählen. Kam bis 634.
3. Juni
Habe Sammelbrief vom Klassentreffen bekommen. Große Jubiläumsfeier. Sind wirklich schon zehn Jahre seit dem Abitur vergangen? Die meisten sind verheiratet und ein paar wieder geschieden. Die haben wenigstens schon was von ihrem Leben gehabt!
7. Juni
Muß mir unbedingt etwas einfallen lassen, um gelangweilte Gäste aufzumöbeln. Heute erschien Abordnung aus dem Paradiso – da wohnen zur Zeit 37 Schmetterlinge – und beschwerte sich über mangelnde Freizeitgestaltung. Neckermann macht Bingo-Abende, Touropa veranstaltet Folklorefeste, bei Scharnow wird um die Wette geangelt – bloß wir hätten nichts Gleichwertiges zu bieten. Also ein Fall für Eigeninitiative! Ob man den Italienern Schuhplattln beibringen kann? Oder vielleicht sollte ich es doch mal mit den Eseln versuchen?
»Buon giorno, ich bin Sergio!«
Etwas irritiert sah Tinchen hoch. Vor ihrem Schreibtisch stand ein hochgewachsener Italiener mit dunklen Haaren, dunklen Augen, einem ebenmäßig geschnittenen Gesicht und garantiert echten schneeweißen Zähnen. Seine hellen Hosen paßten farblich genau zu dem dunkelblauen Hemd, und die weiße Jacke, die er lässig über die Schulter geworfen hatte, diente bestimmt nur als Dekoration. Draußen war es brüllend heiß.
»Ich bin Sergio Perelli«, wiederholte dieses personifizierte Fotomodell noch einmal nachdrücklich.
»Ein schöner Name«, sagte Tinchen bereitwillig, »und so melodisch. Sind Sie Schauspieler?«
»Nein, Signora. Aber darf ich fragen, was Sie hier tun?«
Das wurde ja immer besser! »Ich warte auf die
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