Bitte Einzelzimmer mit Bad
Hörer entgegen und flüsterte mit zugehaltener Sprechmuschel: »Was hat Sie bloß bewogen, ausgerechnet in Italien Reiseleiterin spielen zu wollen?«
»Das Meer, was denn sonst? Wenn man untergeht, zieht einen vielleicht ein hübscher junger Mann aus dem Wasser, aber wer rettet mich in den Schweizer Bergen aus der Lawine? Ein Bernhardiner!«
Noch immer lachend ließ Schumann geduldig das Palaver seines unsichtbaren Gesprächspartners über sich ergehen und legte schließlich auf. Dann prustete er erst richtig los. »Ich glaube, Sie haben sich heute Ihr Meisterstück geleistet! Offenbar haben Sie zwei Leute gleichen Namens, die sich überhaupt nicht kennen, in ein Doppelzimmer verfrachtet!«
»Die Schmitzens!« stöhnte Tinchen. »Ich hab’ ja gleich geahnt, daß das schiefgeht! Aber ich hatte damit gerechnet, daß die beiden wenigstens verheiratet sind!«
»Was nicht ist, kann ja noch werden«, tröstete Schumann, »nur im Augenblick droht der weibliche Teil lieber in der Garage oder im Bügelzimmer zu schlafen, als noch eine Minute länger mit diesem rheinischen Flegel unter demselben Dach zu verbringen.«
Tinchen griff nach ihrer Handtasche. »Da bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als die Sache sofort in Ordnung zu bringen! Ich weiß bloß nicht, wie! Wo kriege ich heute noch ein Einzelzimmer her? Wenn alle Stricke reißen, muß der weibliche Schmitz diese Nacht bei mir schlafen. Notfalls gehe ich zu Lilo. Oder haben Sie zufällig eine leere Badewanne?«
»Die auch, aber für zwei Nächte kann ich Ihnen sogar ein Zimmer geben. Die Schwedin aus dem dritten Stock ist heute früh überraschend abgereist. Hatte wohl was Passendes gefunden! Jedenfalls wurde sie von einem Franzosen mit Silberlocke und Sportwagen abgeholt und hat als Nachsendeadresse ein Hotel in Saint-Tropez angegeben.«
»Bei der hatte ich schon immer den Eindruck, daß sie sehr tierlieb ist. Es gibt bestimmt nichts, was die nicht für einen Nerz täte!« Tinchen drückte Schumann einen Kuß auf die Wange. »Vielen Dank, was würde ich bloß ohne Sie anfangen?«
»Ein Heiratsbüro eröffnen!«
Im Marittimo hatten sich die Gemüter schon wieder beruhigt. Das unfreiwillige Ehepaar hockte an der Hotelbar, trank Sekt – selbstverständlich auf Kosten der Schmetterlinge, wie Direktor Corti Tinchen erklärte – und erging sich in Vermutungen über die Komplikationen beim Standesamt, wenn ein Fräulein Schmitz aus Köln-Ehrenfeld einen Herrn Schmitz, ebenfalls Köln-Ehrenfeld, zu ehelichen gedächte.
»Schmitz mol Schmitz jitt Schmitz hoch zwei, dat is en mathematisch Problemsche un kein familljerechtlichet«, stellte Fräulein Schmitz fest und kämpfte mit dem Gleichgewicht, das ihr auf dem hohen Stühlchen immer mehr verlorenging.
»Dat is doch ejal!« Der männliche Schmitz orderte eine neue Flasche.
»De Schmitzens sin joode rheinische Adel, und dä bliev am beste unger sich!« Er rutschte vom Hocker und schwankte auf Tinchen zu.
»Schad, dat et he keen lecker Bierche jit. De Schlabberbröh do kann me net suffe, de jeht su in dr Fös!« Mit verpliertem Blick musterte er Tinchen. »Ich han Üch äver och ens jesinn. Sin Se ouch us Kölle?«
Tinchen dankte dem Himmel, daß sie als gebürtige Düsseldorferin an die rheinische Mundart gewöhnt war; Lilo hätte diesen munteren Knaben bestimmt nicht verstanden. »Nein, ich bin nicht aus Köln, und gesehen haben Sie mich vorhin auf dem Bahnhof. Ich bin Ihre Reiseleiterin.«
»Dann han
Sie
us verkuppelt? Dat wor en joode Idee von Üch! Könne me dat Doppelzimmer behale, uch wenn me nit verhierot sin?«
»Wenn Fräulein Schmitz damit einverstanden ist …«
»Dat is se bestimmt! Die kritt jetzt noch e Piccolöche, und dann jeht dat schon in Ordnung, nit wohr, Undinsche?«
Undine nickte bestätigend. »Mer han uns jefunne! Un de Wolfgang is ene nette Kääl, mit dem kann me uskomme. Ich glöv, dat wit ene schöne Urlaub. Wenn bloß en ander Wedder wär. Is dat imme so feucht he?«
»Nur wenn’s regnet«, versicherte Tinchen ernsthaft und versprach für den nächsten Tag blauen Himmel sowie angemessene Badetemperaturen.
Und was, wenn das nicht stimmt? dachte sie auf dem Heimweg. Dann bin ich morgen eben krank oder tot, bleibe im Bett und überlasse es Lilo, mit den aufgebrachten Schmetterlingen fertig zu werden.
Als ob die mit ihrer Buchung auch gleich die Garantie für Sonnenschein und fünfundzwanzig Grad über Null eingekauft hätten! Und überhaupt sollten sie sich nicht ständig
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