Bitte Einzelzimmer mit Bad
Landrover gewöhnen«, versicherte Sergio, »paß mal auf, bald brauchen wir einen zweiten.«
»Wo hast du diese Karre bloß aufgetrieben?«
»Bei Bobo, wo denn sonst? Der braucht sie vorläufig nicht, hat er gesagt. Für 5000 Lire pro Fahrt können wir sie jeden Freitag kriegen. Taxi ist viel teurer und längst nicht so schön! Immerhin habe ich mir zwei halbe Nächte um die Ohren geschlagen, damit ich den Wagen bemalen konnte.«
»Aber weshalb denn bloß mit einem Tiger? Wir gehen doch nicht auf Großwildjagd!«
»Die graue Farbe war alle, ich hatte bloß noch Orange.«
Die Straße schlängelte sich aufwärts, war steinig und staubig, und Tinchen klammerte sich an der Sonnenblende fest, um nicht dauernd gegen die Tür geworfen zu werden.
»Laß los, die bricht sonst … hab’ ich’s nicht gesagt?« Sergio nahm ihr die schwarze Plastikklappe aus der Hand und warf sie unter seinen Sitz. »Die ist sowieso immer runtergefallen.«
»Wie weit ist es denn noch?« Stöhnend rieb sich Tinchen den Arm, mit dem sie an den Türgriff geknallt war. »Die da hinten müssen sich doch vorkommen wie im Vorwaschgang.«
»Wir sind gleich da.« Schwungvoll bog er in einen kaum sichtbaren Feldweg ein. Auf der Ladefläche quietschte und polterte es, ein Beweis dafür, daß der Richtungswechsel die zweibeinige Fracht etwas unverhofft getroffen hatte, ihre gute Laune aber nicht zu beeinträchtigen vermochte. Jemand klopfte an die Scheibe. »Det nächstemal aba mit Vorwarnung! Ick hab’ ma in die falsche Richtung orientiert und an die Hosenträjer von mein’ Nachbarn festjehalten. Dabei hab’ ick uff der andern Seite wat janz Schnuckelijet sitzen!«
»Da vorne ist es!« Sergio deutete auf einen Ziehbrunnen, um den mehrere weißgekalkte Gebäude gruppiert waren, teilweise überschattet von Pinien und dekoriert mit Heiligenfiguren jeglicher Form und Farbe.
»Da hat wohl jeder Esel seinen eigenen?« vermutete Tinchen.
»Ich glaube, für Viecher ist der heilige Franziskus zuständig, das ist der mit dem Schaf auf dem Arm. Die anderen schützen vor Blitz, Donner, Krankheit, Wassermangel, Säuferwahn und wahrscheinlich Touristen!«
Sergio bremste, sprang aus dem Wagen und öffnete die Ladeklappe. Leicht derangiert kletterten die Gäste von der Pritsche. Der Dicke mit den Kniebundhosen wischte sich mit einem Taschentuch über das bemehlte Gesicht. »Ist der Staub hier wenigstens sauber? Ich habe mindestens einen halben Kubikmeter geschluckt.«
»Gleich gibt es etwas zu trinken«, tröstete Sergio, während er einer schmächtigen Blondine vom Wagen half, die sich dann auch bereitwillig in seine Arme fallen ließ. »Auf dem Rückweg kommen Sie zu mir nach vorn.«
»Ach ja«, hauchte sie.
Lilo schimpfte wie ein Rohrspatz. »Dieser Kerl fährt wie ein Müllkutscher! Ich spüre jeden Knochen im Leib! Warum haben wir denn keine Taxis genommen, das war doch abgesprochen? Keine zehn Pferde kriegen mich mehr in diesen Schrotthaufen!«
»Aba Frollein, nu ham Se sich nich so! Mit so ’ne Autos bin ick fast bis nach Moskau jefahrn! Hätt ick ooch janz jern für’n Rückweg benutzt, aba da mußten wa loofen. War doch janz ulkig, die Tour. Jetzt könn’ ma wenigstens ooch die Esel nich mehr erschüttern.«
»Bon giorno, Signore e Signori!« Aus dem größeren der vier Gebäude, offensichtlich dem Wohnhaus, trat ein hochgewachsener Italiener. Tinchen schätzte ihn auf etwa fünfzig Jahre. Er umarmte Sergio, schüttelte allen die Hand und deutete mit einer einladenden Geste an, daß man ihm folgen solle. Gehorsam setzte sich der Trupp in Bewegung.
»Ach, ist das hübsch!« entfuhr es Tinchen, als sie um die Hausecke gebogen war. Unter einem großen Dach aus Bambusstäben, das offensichtlich ganz neu war und noch glänzte, standen Tische und grob zusammengezimmerte Bänke; auf jedem Tisch prangte ein Feldblumenstrauß, drumherum stapelten sich Gläser, und die aufgereihten Weinkrüge ließen sie das Schlimmste ahnen. Der aus soliden Backsteinen errichtete Grill hatte die Aufnahmekapazität eines mittelgroßen Ochsen und berechtigte zu den schönsten Erwartungen. ›Alles inklusive‹ wurde hier anscheinend sehr großzügig ausgelegt.
Sergio übernahm die Rolle des Cicerone. »Unser Gastgeber heißt Ercole. Leider spricht er kein Deutsch – die Esel übrigens auch nicht! –, aber er freut sich, Sie alle begrüßen zu können, und hofft, daß Sie einen schönen Tag verleben werden. Nach unserer kleinen Rast hier werden wir gegen zehn
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