Bitte Einzelzimmer mit Bad
Florian legte den Gang ein. Dann sah er lachend in die bittenden Hundeaugen: »Weißt du, was? Wir kaufen dir unterwegs eine hübsche große Schleife, und dann bringe ich dich Tinchen als Geschenk mit!«
»Lilo hat mir ja gar nicht gesagt, daß sie heute hier ißt.« Tinchen setzte sich auf ihren Platz und zeigte fragend auf das zweite Gedeck.
»Ein Gast hatte gebeten, ausnahmsweise mit Ihnen essen zu dürfen.«
»Sie wissen doch genau, Fritz, daß diese Tour bei mir nicht zieht! Sagen Sie dem Herrn, daß ich nicht gekommen bin. Ich esse in der Küche!«
»Zu spät! Da ist er schon!«
Tinchen fielen fast die Augen aus dem Kopf. In der Tür stand Florian, und neben ihm dackelte ein kleines braunes Etwas, das vor rosa Taft kaum zu sehen war. Es hatte einen Zipfel der Schleife zu fassen gekriegt und zerrte unwillig daran herum.
»Man packt keine fremden Geschenke aus!« Florian hob den Hund hoch und legte ihn Tinchen in den Arm. »Das ist deiner! Habe ich dir mitgebracht, statt Blumen!«
»Das sieht dir ähnlich!« war alles, was sie herausbrachte. Dann leuchteten ihre Augen auf, sie fiel Florian um den Hals und jubelte: »Ich freue mich so, Flox!«
Der Hund hatte für Tinchens Gefühlsausbruch nichts übrig. Er jaulte los und verlangte zappelnd, wieder Boden unter die Dackelbeine zu bekommen.
»Ich glaube, der hat in seinem ganzen Hundeleben noch gar nicht erfahren, was Liebe ist«, sagte Florian.
»Armer Kerl.« Sie drückte ihn sanft an sich und kraulte seinen kleinen Kopf.
»Warum bin ich kein Hund?«
Vorsichtshalber überhörte sie die Frage und setzte sich wieder hin. Der Hund rollte sich auf ihrem Schoß zusammen. »Kommst du direkt von zu Hause, Flox?«
»Ja, und ich habe dir auch noch sieben Gläser eingemachte Birnen mitgebracht und einen Streuselkuchen. Den Frankfurter Kranz hat Helene gefressen.«
»Wer ist Helene?«
»Das Vieh da! Aber ich glaube, ich erzähle besser von Anfang an.«
Während Florian sich mit größtem Appetit über die Lasagne hermachte, berichtete er. »Na ja, und weil unsere Bekanntschaft letzten Endes den Birnen zu verdanken ist und ich Birnen immer mit ›Birne Helene‹ in Verbindung bringe, seitdem ich mir daran mal den Magen verdorben habe, habe ich das Tier eben Helene getauft.« Er schob seinen Dessertteller zur Seite und zündete eine Zigarette an. »Irgendwie mußte ich das Viech doch anreden.«
»Aber nicht Helene«, protestierte Tinchen, »das ist nämlich ein ER !«
»Für so was hast du eben einen besseren Blick!«
Tinchen wurde rot und wechselte schnell das Thema: »Wie lange bleibst du denn, und wo wohnst du überhaupt?«
»Na, hier! Wo denn sonst? Und ich gedenke, den mir gesetzlich zustehenden Jahresurlaub in deiner Nähe zu verbringen.«
»Die ganzen vier Wochen hintereinander? Ist das nicht ein bißchen zu riskant? Nach meiner Erfahrung ist Urlaub die Freizeit, die man den Mitarbeitern gewährt, um sie daran zu erinnern, daß der Betrieb auch ohne sie auskommt.«
»Quatsch! Man darf niemals unersetzlich sein! Wer unersetzlich ist, kann nicht befördert werden!« behauptete Florian überzeugt.
»Erzähl’ mal ein bißchen von der Redaktion!« bat Tinchen. »Wie geht es Sabine? Und wie macht sich meine Nachfolgerin?«
»Großartig! Sie sieht aus wie Marilyn Monroe, tippt verheerend, kann kaum Stenographie, aber sie ist ein unerschöpfliches Gesprächsthema. Wenn man berücksichtigt, daß sie auch mit der Orthographie auf dem Kriegsfuß steht, ist es eigentlich ein Segen, daß sie nicht maschineschreiben kann. Kopfschmerztabletten hat sie auch nie dabei.«
Schumann trat an ihren Tisch. »Wie ich sehe, Tina, haben Sie gegen Ihren Tischgast ja doch nichts einzuwenden.«
Sie funkelte ihn an. »Weshalb haben Sie mir denn nicht gesagt, daß Flox … daß Herr Bender kommt?«
»Seit wann interessieren Sie sich für meine Privatgäste? Ich konnte doch nicht wissen, daß Sie sich kennen. Herr Bender hat schriftlich ein Zimmer bei mir reserviert und logischerweise gar nichts mit Ihrem Verein zu tun. Aber daß er einen Hund mitbringt, hat er vorher nicht geschrieben.«
»Da habe ich auch noch nichts von ihm gewußt«, verteidigte sich Florian. »Das ist ein heimatloser Asylant. Ich bezahle natürlich für ihn.«
Schumann winkte ab. »Geschenkt! Was der frißt, fällt sowieso in der Küche ab. Außerdem sind mir vierbeinige Gäste manchmal lieber als die anderen. Sie wischen sich nämlich ihre Schuhe nie an der Gardine ab, brennen keine
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