Bitte Einzelzimmer mit Bad
zusammenfaltet.«
»Mein Mann hat immer gesagt, die einfachste Art, eine Straßenkarte wieder zusammenzufalten, ist die, sie anders zusammenzufalten«, sagte Frau Mühlbauer, was Florian dann auch tat. Nun war sie doppelt so groß wie vorher und paßte nicht mehr ins Handschuhfach.
Wenigstens die Transportfrage ließ sich jetzt spielend lösen. Verdeck auf, die Koffer auf die Rückbank, Schlauchboot unter die Haube, Tasche auf den Beifahrersitz, Paddel senkrecht aufgestellt, Radiorecorder auf volle Lautstärke: »Wenn bei Capri die rote Sonne …« Florian war auf dem Weg nach Italien.
Bereits am Frankfurter Kreuz verfranzte er sich zum ersten Mal. Das gleiche passierte ihm in Höhe Karlsruhe, als er sich plötzlich auf dem Weg nach Saarbrücken befand: In Stuttgart-Vaihingen war das Benzin alle und der Stau etliche Kilometer lang, bis Florian seinen Wagen endlich aus dem Verkehr gezogen hatte. Die Schweizer Grenze passierte er gegen Mitternacht, der Rheinfall wurde auch einer, weil in der Dunkelheit genausowenig zu sehen wie eidgenössische Gasthäuser, die ausnahmslos ihre Lichter gelöscht und ihre Türen verschlossen hatten. Notgedrungen entrümpelte Florian sein Auto und nächtigte auf den Rücksitzen.
Während Tinchen im Speisesaal des Lido nichtsahnend an einem aufgebackenen Brötchen herumkaute, frühstückte Florian Frankfurter Kranz. Er hatte sich morgens am Rand einer Wiese wiedergefunden und berechtigte Zweifel, ob er sich in seinem zerknautschten Zustand dem bestimmt sonntäglich aufgeräumten Dorf nähern könnte, dessen Kirchturmspitze über einen kleinen Hügel ragte. Dann zog er es aber doch vor, sein Gepäck wieder zu verladen und eine Straße zu suchen, die etwas breiter war als der Feldweg, auf dem er parkte, und die ihn in etwas belebtere Gegenden führen würde.
Mehr dem Zufall war es zu verdanken als der detaillierten Beschreibung eines Spaziergängers, von dessen in flüssigem Schwyzerdütsch vorgebrachten Erklärungen Florian ohnehin kaum etwas verstanden hatte, daß er schließlich den Luganer See erreichte. Am Abend war er in Mailand, hundemüde, aber trotzdem wild entschlossen, auch noch die restliche Strecke herunterzuspulen. Er hatte bereits sein gesamtes Repertoire an Volks- und Wanderliedern heruntergesungen, alle Wirtinnenverse und siebenundzwanzig Strophen von Herrn Pastor sin Kau, als seine Marathonfahrt ein abruptes Ende fand. Pfffhhh machte es, erst ganz leise, dann lauter, und dann war der linke Vorderreifen platt. Florian ließ den Wagen ausrollen und wunderte sich nicht einmal, daß er genau vor dem Eingang eines Motels zum Stehen kam. Er ahnte nur ein Bett, eine Dusche und vielleicht sogar noch etwas Eßbares, das nicht nach Frankfurter Kranz schmeckte.
Ein Motel kann noch so viele Zimmer haben – der Mann, der um fünf Uhr früh losfährt, parkt garantiert unter Ihrem Fenster! Diese Erfahrung machte auch Florian, als er von einem nagelnden Dieselmotor geweckt wurde. Er stand auf und schloß nachdrücklich die Fensterflügel. Nun dieselte es zwar etwas leiser, dafür setzte auf der Straße der Fernverkehr ein. Das Schicksal war eindeutig gegen ihn!
Er beschloß, daß fünf Stunden Nachtruhe ausreichten und ein handfestes Frühstück jetzt genau das Richtige sei. In dieser Hoffnung sah er sich allerdings getäuscht. Ein verschlafenes Individuum, das ein Mittelding zwischen Nachtportier und Putzfrau zu sein schien, schüttelte bedauernd den Kopf und wies auf die gegenüberliegende Tankstelle. Dabei redete er unermüdlich auf seinen Gast ein.
»Langsam, Mann! Io parlo italiano bloß per Schallplatte!« Endlich hatte Florian begriffen. Frühstück gab es erst ab sieben Uhr, weil die Köchin dieser Herberge gleichzeitig die Frau des Nachtportiers war, der wiederum als Patron dem ganzen Unternehmen vorstand, und als Gattin hatte sie zuerst ihre Mutterpflichten zu erfüllen. Eilige Gäste wurden in die Imbißstube der Tankstelle geschickt.
Florian entschied sich, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Der Reifen mußte gewechselt werden, und wenn er das nicht selbst zu tun brauchte, sollte es ihm nur recht sein.
Die Zapfsäule war auf Selbstbedienung eingestellt und außerdem kaputt. Im Innern einer Wellblechbaracke, die gleichzeitig Büro und Cafeteria darstellte, spülte eine zahnlose alte Frau Kaffeetassen. Florian vermutete verwandtschaftliche Beziehungen zum Motelbesitzer und tippte auf Großmutter. Im übrigen sah sie nicht danach aus, als ob sie einen
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