Bitte Einzelzimmer mit Bad
sehr fotogen. Hat schon als Schulkind immer adrett (und langweilig) ausgesehen. War Klassenbester, Schulsprecher und Studentenmeister im Kraulen (oder so ähnlich). Mußte Tante Josi Autobiographie liefern. Schien befriedigt, daß ich »auch Akademikerin« sei (die zwei Semester!!). Musterknabe später dazugekommen. Trug hellgrauen Flanell und tat sehr beschäftigt. Brachte mich zurück ins Hotel. Bin dezentem Abschiedskuß durch leidenschaftliche Umarmung zuvorgekommen. Florian saß in der Halle. Hat alles mitgekriegt.
12. Juli
Zufällig auf der Pizza gewesen, als Bus aus Portofino zurückkam. Florian als letzter ausgestiegen. Konnte sich wohl nicht trennen! Lilo sehr elegant in weißem Hosenanzug (wie kommt sie bloß an die vielen Klamotten? Sie kriegt doch auch nicht mehr Geld als ich?). Hoffe, daß Flor –
Es klopfte. Tinchen klappte das Tagebuch zu und stopfte es schnell ins Schubfach. »Pronto!«
Durch den Türspalt schob sich ein Plüschkamel. Am Halsband trug es eine Rose, die mit Sicherheit aus dem großen Strauß in der Halle stammte, und einen Zettel. »Ich bin auch eins! Flox.« las Tinchen. Und was für ein großes!, dachte sie, während sie das Kamel aufhob und aufs Bett setzte. Ein Mann hat im Durchschnitt dreißig Kilogramm Muskulatur und etwa anderthalb Kilo Hirnsubstanz. Das erklärt manches!
»Da draußen steht ein Hippietyp mit Handgepäck auf dem Rücken und behauptet, er will zu dir!«
»Gib ihm zweihundert Lire und schick ihn zum Campingplatz!« Tinchen schob Lilo die Spesenkasse über den Schreibtisch. »Die Jungs müssen uns mit dem deutschen Konsulat verwechseln. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie ich die ganzen Almosen verbuchen soll.«
Lilo öffnete die Tür und winkte. Ein schlaksiger Jüngling mit Zweitagebart sowie einer soliden Dreckschicht auf Gesicht und Händen schlappte langsam näher. Vorsichtig linste er um die Ecke. »Morgen, Tinchen.«
»Karsten!!! Wo um alles in der Welt kommst
du
denn her? Ich denke, du angelst Lachse? Ist zu Hause etwas passiert?«
»Nö, da ist alles in Ordnung.« Er druckste herum, zog mit dem Fuß einen Stuhl heran, setzte sich, klimperte mit den Büroklammern, räusperte sich und sah schließlich treuherzig zu seiner Schwester auf.
»Weißte, Tine, das mit Schweden ist in die Hose … wollte sagen, ist schiefgegangen. Der Bernd hat vorige Woche seinen Wagen an eine Straßenbahnhaltestelle gebrettert, und für die Reparatur ist sein ganzes Reisegeld draufgegangen. Die Haltestelle muß er auch noch bezahlen. Nun ist es mit unserer Fahrt natürlich Essig gewesen.« Er zögerte einen Augenblick. »Außerdem glaube ich nicht, daß Papa mir überhaupt noch einen Urlaub bewilligt hätte.«
»Verstehe ich nicht. Wie bist du denn hier runtergekommen?«
»Per Anhalter.«
»Und das hat Paps erlaubt?« Langsam hatte sich Tinchen von ihrer Überraschung erholt. »Irgend etwas stimmt doch da nicht!«
»Die Eltern wissen ja gar nicht, daß ich hier bin!«
So, jetzt war es endlich heraus! Karsten atmete auf. Den Rest würde er seiner Schwester erst allmählich beichten, alles auf einmal wäre wohl doch zuviel.
Die griff schon nach dem Telefon, aber Karsten schüttelte den Kopf. »Noch nicht anrufen. Das dicke Ende kommt ja erst! Ich wollte dir die ganze Sache doch in Raten verklikkern!«
Sie ließ den Hörer wieder los. »Raus mit der Sprache! Was hast du angestellt?«
»Ich gar nichts! Du mußt das andersherum sehen! Man hat mit mir was angestellt! Man hat mich nämlich nicht versetzt!«
Sie holte tief Luft. »Ein Jahr vor dem Abi! Das ist ja eine reizende Überraschung!«
»Für mich nicht«, sagte Karsten, »aber für die Eltern wird es eine werden.«
»Das wissen sie
auch
noch nicht?«
»Woher denn? Ich bin doch gleich am letzten Schultag abgehauen! Hab’ bloß meine Sachen zusammengesucht und bin getürmt. Zum Glück war Mutti bei Oma, einkochen helfen, und da habe ich bloß einen Zettel auf mein Bett gelegt und bin stiftengegangen.«
»Daß Mutsch jetzt halb verrückt ist vor Angst, hast du wohl nicht einkalkuliert?«
»Ich hab’ doch geschrieben, daß ich trampen gehe«, verteidigte er sich, »und hinterher sind sie bestimmt froh, wenn ich heil zurückkomme. Bis dahin hat sich dann auch die Aufregung wegen der miesen Zensuren gelegt. Man muß ja nicht freiwillig in das Zentrum eines Hurrikans laufen, die Nachwirkungen sind auch noch schlimm genug.«
»Karsten, du bist ein Idiot!«
Er nickte bestätigend. »Das hat mein
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