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Bitte Einzelzimmer mit Bad

Bitte Einzelzimmer mit Bad

Titel: Bitte Einzelzimmer mit Bad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Lateinpauker auch gesagt.« Dann etwas kleinlauter: »Rufste jetzt mal zu Hause an? Ich gehe solange auf die Toilette, muß mich sowieso ein bißchen frisch machen.«
    »Hiergeblieben!!« donnerte Tinchen.
    Bisher hatte Lilo dem Dialog schweigend zugehört, aber nun ergriff sie Karstens Partei. »Dein Bruder hat recht. Am besten sagst du jetzt nur, daß er gesund und dreckig hier angekommen ist und heute abend selbst noch einmal anrufen wird. Dann ist es auch billiger!«
    Sie nickte Karsten zu. »Komm mit, du Held! Die Toilette ist nebenan in der Bar. Hast du überhaupt schon etwas gegessen?«
    »Ja, zwei Pfirsiche und ’ne Cola, aber das war heute früh um sechs.«
    Als Tinchen nach zehn Minuten in die Bar kam, vertilgte ihr Bruder gerade das vierte Hörnchen.
    »Am Buffet schließen sie schon Wetten ab, wie viele er noch schafft«, lachte Lilo und orderte das fünfte.
    »Seit dem Mittagessen gestern habe ich ja auch nichts Vernünftiges mehr in den Magen gekriegt, und dieses ostpreußische Mißgeschick hätte ich auch nicht gegessen, wenn ich nicht solchen Kohldampf gehabt hätte.«
    »Was war denn das?«
    »Ich glaube, es sollten Königsberger Klopse sein, aber die Tante auf dem Campingplatz in Como hatte vom Kochen noch weniger Ahnung als Tinchen.« Er spülte den letzten Bissen mit einem Schluck Cappuccino hinunter. »Sag’ mal, haben die hier auch Pizza?«
    »Wieviel Geld hast du eigentlich dabei?« wollte Tinchen wissen. »Bei deinem Appetit hast du in drei Tagen meine gesamten Ersparnisse verfressen!«
    »Hast du mit Papa telefoniert?« Karsten hielt es für besser, die Geldfrage nicht näher zu erörtern, hauptsächlich deshalb, weil es nichts zu erörtern gab. Er besaß etwas mehr als 7000 Lire und den Fünfzigmarkschein, den ihm seine Großmutter zum Ankauf des roten Judogürtels geschenkt hatte. Na ja, der konnte warten.
    »Ich habe im Geschäft angerufen und Papa vorbereitet. Jetzt kannst
du
dich vorbereiten! In einer halben Stunde ruft er zurück.«
    »Dann reicht es ja noch für ein Hörnchen«, sagte Karsten erleichtert. Die Aussicht auf das väterliche Donnerwetter erschütterte ihn nicht mehr; tausend Kilometer Telefonkabel waren eine beruhigende Distanz.
    Diesen Eindruck schien auch Herr Pabst zu haben. Er verbiß sich alle Vorwürfe, zeigte sogar Verständnis für seinen geflüchteten Sohn, bedauerte aber dessen Vertrauensmangel im Hinblick auf die schulische Katastrophe. »Wieso habe ich davon nie etwas erfahren?« – »Den blauen Brief hatte ich abgefangen, und seitdem ich achtzehn bin, kann ich die Klassenarbeiten selbst unterschreiben!« erwiderte sein Sprößling. Darauf sagte Herr Pabst gar nichts mehr, bewilligte seinem Stammhalter zwei Wochen Ferien unter der schwesterlichen Obhut, sicherte die telegraphische Überweisung der mutmaßlichen Spesen zu sowie eine intensive Nachhilfe in Mathe und Latein, sobald der Nestflüchter wieder zu Hause sei.
    »Den letzten Satz hätte er sich wirklich sparen können«, maulte Karsten, nachdem er das Telefongespräch so knapp wie möglich wiedergegeben hatte. »Jetzt macht der ganze Urlaub keinen Spaß mehr.«
    »Von mir aus könntest du heute schon zurückfahren«, sagte seine Schwester ungnädig. »Oder willst du mir mal verraten, wo ich dich unterbringen soll? Wir haben nämlich Hauptsaison und in ganz Verenzi kein freies Zimmer.«
    »Brauch’ ich ja gar nicht«, versicherte Karsten sofort. »Ich habe einen Schlafsack mit und knacke bei dir auf dem Fußboden.«
    »Hemmungen hast du wohl gar nicht?«
    »Ich denke nur rationell! Ein Zimmer kostet normalerweise einen Haufen Geld. Da du mietfrei wohnst, kann man das doch sparen und lieber anders verwenden. Ich habe auch gar nicht viel zum Anziehen mit« – er zeigte auf eine Art Seesack, der mit einem komplizierten Röhrensystem verbunden war und mit einem herkömmlichen Rucksack herzlich wenig Ähnlichkeit hatte –, »und wenn ich dich nicht blamieren will, muß ich mir noch ein paar Sachen kaufen.«
    »Aber nicht auf Kosten meines ungestörten Privatlebens!« protestierte Tinchen. »Jetzt komm erst mal mit ins Hotel. Vielleicht weiß Fritz noch eine andere Möglichkeit.«
    Nachdem Tinchen ihren Bruder vorgestellt und die Vorgeschichte seines plötzlichen Auftauchens erzählt hatte, betrachtete Schumann den Zuwachs gründlich von Kopf bis Fuß. »Wenn der gewaschen ist, möchte ich ihm eine gewisse Familienähnlichkeit nicht absprechen. Stellen Sie ihn erst mal unter die Dusche, Tina, er

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