Bitte Einzelzimmer mit Bad
kriege jeden Tag einen anderen Liegestuhl. Der von heute ist ganz durchgesessen. Können Sie nicht mal dafür sorgen, daß …«
»Ich habe gestern ein Tuch gekauft, aber nun paßt es in der Farbe nicht zu meinem Kleid. Was heißt ›umtauschen‹ auf italienisch?«
»Im Nebenzimmer bellt dauernd ein Hund! Muß ich mir das gefallen lassen? Einen Socken hat er mir auch schon geklaut.«
»Wenn das so weitergeht, esse ich künftig in der Küche«, schimpfte sie. »Vorhin hat mich einer gefragt, warum wir nicht mal einen bunten Abend veranstalten mit Gesangswettbewerb oder einem Tanzturnier. Dann gäbe es wenigstens mal richtig was zum Lachen. Ich bin doch hier nicht als Kindergartentante angestellt, der dauernd irgendwelche Spiele einfallen müssen. Jetzt habe ich erst die Esel-Safari angeleiert, und nun soll ich schon wieder …«
»Wo hast du denn die anderen Esel alle her, Tine?«
»Einer fehlt uns noch!« giftete sie zurück. Sie war gereizt und nicht in der Stimmung, sich auch noch von ihrem Bruder anfrotzeln zu lassen.
Zwar war der Sonderzug heute ausnahmsweise einmal pünktlich gewesen, aber dafür hatte es Ärger gegeben mit zwei reiferen Damen, die gemeinsam ein Doppelzimmer gebucht und sich während der Reise so gründlich zerstritten hatten, daß sie bereits im Bus die entferntesten Plätze belegt und angekündigt hatten, für den Rest ihres Lebens kein einziges Wort mehr miteinander zu wechseln.
»Das brauchen Sie ja auch nicht, wenn Sie nicht wollen«, hatte Tinchen gesagt und krampfhaft nach einer Lösung gesucht, »tun Sie doch einfach so, als ob die andere nicht da sei.«
»Das ist unmöglich«, hatte die eine Doppelzimmerhälfte geantwortet, »Luise schnarcht.«
»Ich schnarche überhaupt nicht«, hatte die andere Hälfte protestiert, »und selbst wenn, dann nur nachts, während Käte vierundzwanzig Stunden lang hustet. Kaum achthundert Mark Rente, aber dreißig Zigaretten pro Tag! Als ihre Mutter noch lebte, hat sie sogar …«
»Wären Sie eventuell bereit, in den Nachbarort zu gehen?« Tinchen wußte, daß bei Lilo nicht alle Zimmer belegt waren. »San Giorgio ist nur fünf Kilometer entfernt.«
»Je weiter, desto besser!« hatte Luise behauptet und sogar auf eigene Kosten ein Taxi genommen, »damit ich keine Minute länger als notwendig mit dieser … dieser Lebedame dieselbe Luft atmen muß!«
Die Lebedame hatte nur »Phhh« gemacht und während der Fahrt den ganzen Bus mit Einzelheiten aus dem ohnehin nicht sehr ergiebigen Liebesleben ihrer ehemaligen Busenfreundin Luise unterhalten.
Tinchen hatte jedenfalls wieder einmal restlos genug von Touristen im allgemeinen und weiblichen Schmetterlingen im besonderen. Und trotzdem würde sie morgen wieder einen ganzen Käfig voll nach Nizza transportieren müssen – zum elften Mal!
[home]
Kapitel 13
D er Bus tappte vorsichtig über die Bahngleise. Noch eine Kurve, dann hatten sie Verenzi endlich hinter sich gelassen und damit hoffentlich auch das Gedränge an den Fenstern, verbunden mit Ausrufen wie: »Da hinten das rote Dach gehört zu meinem Hotel«, oder »Zwanzig Meter Luftlinie links von der großen Palme kann man genau in mein Zimmer sehen. Das Gelbe am Fenster ist mein Badeanzug!«
Mit dem Rücken zur Tür stand Tinchen und überblickte ihre Herde. Bunte Mischung diesmal, überwiegend Jüngere, nur vier Ehepaare dabei, eins davon mit einem zweipfündigen Reiseführer bewaffnet, da würde es Schwierigkeiten geben. Ganz hinten eine kichernde Clique, bei der bereits eine Zweiliterflasche kreiste, und vorne in der ersten Bank ein strahlend gelaunter Florian. Neben ihm saß Karsten und hatte Zahnschmerzen. Krampfhaft hielt er ein Tuch an seine leicht geschwollene Wange gepreßt.
»Du hättest nicht mitfahren sollen! Tut’s sehr weh?«
Florian grinste. »Sein verletzter Stolz tut ihm weh, nicht die Ohrfeige! Der Casanova hat sich nämlich heute früh an die kleine Italienerin herangemacht, die seit gestern im Nebenzimmer wohnt. Als Mann von Welt begrüßte er sie mit ›Pronto‹, weil er das von dir am Telefon gehört hatte, und kriegte prompt eine gescherbelt.«
»Ich weiß noch immer nicht, warum«, jammerte Karsten.
»Weil ›Pronto‹ nicht ›Hallo‹ heißt, sondern ›bereit‹, du Trottel!«
»Woher soll ich das denn wissen?«
»Italienisch gehört zu den romanischen Sprachen und hat ihren Ursprung im Lateinischen«, dozierte seine Schwester, »und nach acht Jahren Gymna …«
»Halt die Klappe!« empfahl Karsten.
Weitere Kostenlose Bücher