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Bitte keine Rosen mehr

Bitte keine Rosen mehr

Titel: Bitte keine Rosen mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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Henson lächelte zu ihm auf. »Was sollten wir Ihrer Meinung nach tun?«
    »Sie?« Er blickte wie überrascht auf sie hinunter und vollführte dann eine weitausladende Geste der Verachtung.
    »Sie können tun, was Sie wollen, Frau Doktor. Sie gehören zu Ihren Freunden. Sie können krepieren mit Ihren Freunden. Warum sollte ich es …?«
    Er verstummte. Irgend etwas jenseits der Terrasse hatte seinen Blick auf sich gezogen. Er starrte, dann wandte er sich, bestürzt, wieder mir zu. Seine Würde war endgültig dahin.
    Ich stand ebenfalls auf, um zu sehen, was ihn so überrascht hatte.
    Die große Motorjacht, die bislang nur um die Frühstückszeit einzulaufen pflegte, glitt am Vorland vorüber in die Bucht. Sie war hell erleuchtet. Unter der Persenning über dem Achterdeck war ein Tisch für vier Personen gedeckt. Um einen weiteren Tisch, auf dem Flaschen und ein Eiskübel standen, waren zwei Paare versammelt. Die Frauen trugen Leinenjacketts zu ihren Hosen, und einer der Männer hatte einen Pullover angezogen. Vermutlich war es kühl dort draußen auf dem Wasser. Die Unterhaltung schien ungemein lebhaft zu sein. Ich hatte kein Fernglas zur Hand, glaubte aber nicht, irgend jemanden von ihnen schon einmal gesehen zu haben.
    »Ich dachte, es seien nur drei Passagiere an Bord«, sagte ich, »der eine Mann und die beiden Frauen, die sich zum Baden immer an den Strand rudern lassen.«
    »Der im Pullover muß ein Gast oder der andere Ehemann sein.«
    Er ließ ein ersticktes Lachen hören. »Die sehen mir alle betrunken aus.«
    Und in gewisser Weise taten sie das wirklich; in der umhertorkelnden, mit-den-Armen-schlenkernden Art von Filmstatisten, die in der Orgienszene eines biblischen Stummfilms Betrunkene zu mimen haben. Töne der Lustbarkeit drangen undeutlich übers Wasser zu uns herüber. Viel lauter war das Geräusch plötzlich auf Rückwärtsgang geschalteter Dieselmotoren und das Klirren der Kette, als der Anker geworfen wurde.
    Um ihre Ankunft zu feiern, erhob sich der Mann im Pullover unsicher von dem Kissen, auf dem er mit übergeschlagenen Beinen gesessen hatte, und riß den Arm hoch, als stimme er ein dreifaches › Hurra! ‹ an. Im nächsten Augenblick hatte er einen länglichen Pappkarton ergriffen, der neben dem Tisch auf dem Deck lag, und taumelte damit zum Vorschiff. Das Crewmitglied, das dort die Ankerwinde bediente, nahm keinerlei Notiz, als der Mann den Pappkarton neben ihm fallen ließ und die gummierten Papierstreifen, die den Deckel verschlossen, abzureißen begann.
    »Was, zum Teufel, hat der denn da drin?« rief Connell.
    »Flaggengirlanden? Wunderkerzen? Bengalische Streichhölzer?«
    Die Gäste hatten sich jetzt ebenfalls erhoben. Nach Yves’ Ausbruch schien ihnen jede Ablenkung willkommen. Ich sah das Mitglied der Crew rasch davongehen. Hensons Augen waren die schärfsten. Ihr Ausruf verriet Empörung.
    »Oh, nein!«
    Dann sah ich es. Für einen umhertorkelnden, täppischen Betrunkenen bewies der Mann auf dem Vorschiff plötzlich eine bemerkenswerte Geschicklichkeit. Innerhalb weniger Sekunden hatte er mit einem einzigen Streichholz nicht weniger als drei Schnüre chinesischer Knallfrösche angezündet und rings um ihn herum über das ganze Deck hüpfen lassen. Mehr noch, er erachtete es als unnötig, sie im Auge zu behalten. Er kramte bereits nach weiteren Wonnen in dem Pappkarton.
    Ich konnte Henson durchaus nachfühlen, was sie zu dem Protestschrei veranlaßt hatte. Ich erinnere mich, daß mein erster Gedanke, als der Mann die Knallfroschserie entzündete, der gewesen war, die Motorjacht müsse gechartert und die Crew verkommen und bestechlich sein. Niemand, der ein solches Boot besaß oder auch nur den geringsten Sinn für dessen Wert aufbrachte, würde zugelassen haben, daß ein gutes Deck beschädigt wurde. Decks waren geheiligte und kostspielige Flächen. Der italienische Bankier hatte für Gäste, die unwissend oder einfältig genug gewesen waren, in lederbesohlten Schuhen an Bord zu kommen, Überschuhe bereitgestellt, und Raucher waren stets gehalten gewesen, an Deck Aschenbecher mit sich herumzutragen.
    »Paul!« Das war Melanie.
    »Telefon«, sagte sie. »Ein alter Freund. Und ich glaube, es ist ein Ferngespräch.«
    »Auf welcher Leitung?«
    »Über die registrierte Nummer.«
    Zu Krom sagte ich: »Wenn Sie diese Unterhaltung mit Mat Williamson abhören wollen – in der Halle ist ein Nebenanschluß. Melanie wird Ihnen zeigen, wo.«
    Ich wartete nicht erst ab, wie er auf das Angebot

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