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Bitte keine Rosen mehr

Bitte keine Rosen mehr

Titel: Bitte keine Rosen mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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der eine schwere Tat begeht, die generell als dem Gemeinwohl schädlich gilt und gewöhnlich nach dem Gesetz strafbar ist. Krom schien zu glauben, daß jeder automatisch ein Krimineller sei, der über die Phantasie und den geschäftlichen Weitblick verfügt, die zur Entwicklung neuartiger Wege, Zeit und Geld zu investieren, um einen Profit zu machen, unerläßlich sind. Der Lump braucht keinerlei gesetzeswidrige Tat begangen zu haben, um sich die Auszeichnung zu verdienen. Wenn er kreativ gewesen und seine Kreativität von Erfolg gekrönt war, reichte das. Für Krom war er bereits so gut wie abgeurteilt.
    Krom über den letzten großen Treffer meines alten Freundes Carlo Lech:
    »Der klassische Coup Kompetenter Krimineller – wir wissen nicht genau, wie viele beteiligt waren, aber es wird angenommen, daß es bei dem Unternehmen vier Partner gab – ist natürlich die berühmte Butteraffäre. Mit Rücksicht auf die hier anwesenden Delegierten, deren Regierungen es vorzogen, der EWG -Mitgliedschaft fernzubleiben oder sie zu vermeiden, sollte ich erwähnen, daß unter den Mitgliedstaaten ein ausgeklügeltes System von Ein- und Ausfuhrsubventionen besteht. Was diese gerissenen Halunken gemacht haben, war dies: Sie kauften Butter in großen Mengen auf, einen Güterzug voll davon, und schickten sie auf eine Europarundreise, und jedes Mal, wenn die Butter eine Grenze passierte, strichen sie für deren fiktive Umwandlung in ein anderes Butterfettprodukt Subventionen ein. Am Ende der Reise verkauften sie die Butter zu dem Preis, den sie dafür bezahlt hatten, und steckten Subventionen in Höhe von zehn Millionen D-Mark in die eigene Tasche. Nach ihnen stiegen andere in dieses Geschäft ein, die sich nicht einmal mehr die Mühe machten, die Waren zu kaufen, die sie manipulierten. Ihre Transaktionen gibt es nur auf dem Papier. Nachlässe bei der Mehrwertsteuer auf fiktive, aber sorgfältig belegte Ausfuhren sind gegenwärtig en vogue . EWG -Regelungen werden natürlich ständig abgeändert, um die Lücken zu schließen, die sie aufweisen, aber regelmäßig erscheinen neue Lücken. Unnötig zu sagen, daß es, selbst wenn ein solcher Krimineller oder seine körperschaftliche Tarnung identifiziert worden ist, keine wirksame Handhabe zur Erhebung einer Anklage gibt.«
    Nun, natürlich gibt es die nicht. Kein Gesetz ist verletzt worden, und nichts dem Gemeinwohl Schädliches ist passiert, das heißt nichts, sofern man den Anblick mit rohen Eiern beworfener EWG -Bürokraten nicht als für das Gemeinwohl schädlich erachtet. Tatsächlich gibt es in Europa breite Kreise, die derartige Spektakel als ungemein wohltuend empfinden und überzeugt sind, daß sie jeden Pfennig oder Centime ihrer Kosten wert seien.
    Und übrigens war sich selbst Krom der unbequemen Fragen, die seine Theorien aufwarfen, nicht gänzlich unbewußt. Er hatte sie geschickt abgefangen, indem er sie stellte, bevor seine Zuhörer dies tun konnten.
    »Warum, so mag man mich fragen, sollte das Eigenschaftswort ›kompetent‹ benutzt werden, um diese vorzüglich angepaßte, aber unerhebliche Subspezies der menschlichen Rasse zu kategorisieren? Wäre ein Terminus wie ›erfolgreicher Gauner‹ nicht präziser und zugleich angemessener? Meine Antwort muß sein, daß er das nicht wäre. Die Bezeichnung ›Gauner‹ ist ungenau, und das Wort ›erfolgreich‹ wäre in diesem Zusammenhang irreführend, denn es könnte als ›vom Glück begünstig‹ verstanden werden. Der Kompetente Kriminelle wird ohne Zweifel vom Glück begünstigt, weil er erfolgreich ist; aber er ist erfolgreich nicht dank einer zufälligen Glückssträhne oder weil die Polizei, die sich mit ihm befaßt, inkompetent ist; er ist ausnahmslos und immer erfolgreich, weil er und nur weil er kompetent ist.
    Warum aber ist er dann überhaupt ein Krimineller? Was könnte ihn, sofern es ihn wirklich gibt, antreiben? Das Streben nach Reichtum und der angeblich damit verbundenen Macht? Schwerlich. Männer, die fähig sind, den Buttercoup zu planen und auszuführen, oder die steuerliche Schläue besitzen, fiktive Geschäfte auszuhecken, die reale Profite abwerfen, könnten gewiß – ich war im Begriff, ›legitim‹ zu sagen, vielleicht sollte ich statt dessen besser ›legal‹ sagen – Multimillionäre werden. So legal jedenfalls wie Verwalter von Trusts oder Währungsspekulanten angeblich ihre eigenen Transaktionen abwickeln.
    Aber unser Mr. X fühlt sich von den Segnungen der Legitimität und Legalität nicht

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