Bitte keine Rosen mehr
worden ist. Womit haben Sie ihm gedroht?«
»Gedroht, Mr. Firman? Es war nicht nötig, ihm zu drohen.« Er fand die Beschuldigung ganz erstaunlich. »Wie ich Ihnen sagte, habe ich eine Menge intensiver Arbeit auf Ihre Leute gewendet und auf sie wenden lassen. Dieser Mann spionierte für Sie, und so dachte ich mir, vielleicht spioniert er auch für jemand anderen oder hat früher einmal für jemand anderen spioniert. Ich habe lediglich auf routinemäßige Weise nach Parallelverbindungen Ausschau gehalten, verstehen Sie. Nun, ich habe Freunde in Bonn, die sich für meine Arbeit interessieren und zum BND mit seiner Sammlung alter Nazi- SD -Personalakten Zugang haben. Und was glauben Sie? In der Nazi-Besatzungszeit hier entging unser Empfangschef der Rekrutierung zur Zwangsarbeit dadurch, daß er ein SD -Spitzel wurde. Da er hier nie belangt wurde – die siegreichen Alliierten kümmerten sich nicht um die nichtdeutschen kleinen Fische, und die belgischen Widerständler haben nie Zugang zu den Archiven gehabt –, hatte er sich schließlich in dem Glauben gewiegt, daß diese Vergangenheit für immer begraben sei. Wußten Sie davon?«
Er versuchte nach wie vor, mir zu zeigen, daß er, ganz gleich, auf welches Spiel wir uns am Ende einigten, die Oberhand behalten würde.
»Nein«, sagte ich, »das wußte ich nicht.«
»Es war also nicht nötig, Drohungen zu benutzen. Es reichte, ihn mit seinem alten deutschen Decknamen anzureden.«
»Ich verstehe. Und Sie hielten das nicht für eine Drohung?«
Er schluckte den größeren Teil seines Drinks – das Reden hatte ihn durstig gemacht – und kostete ihn mit einem gewollt vornehmen, kennerhaften kleinen Schmatzen aus, bevor er antwortete.
»Nein«, sagte er schließlich, »ich hielt es nicht für eine Drohung. Ebensowenig würde ich meinen, daß einer von uns beiden die widerstreitenden Interessen, welche die Grundlagen unserer Zusammenarbeit bilden werden, als Drohung zu erachten braucht. Wir sind beide vernünftige Männer, habe ich recht?«
»Ich fange an, es zu bezweifeln, Herr Professor. Das ist das dritte Mal, daß Sie von unserer Zusammenarbeit reden. Was, zum Teufel, sollen wir zusammen tun?«
Diesmal zeigte er mir alle seine Raflzähne und noch ein Stück zahntechnischen Brückenbaus im Molarbereich dazu.
»Ich habe die Absicht«, sagte er, »eine eingehende, umfassende Fallstudie über Sie und Ihre bemerkenswerte Karriere zu erstellen, Mr. Firman. Dazu bedarf es Ihrer engsten Mitarbeit. Absolute Anonymität wird selbstverständlich garantiert, so daß nichts ungesagt bleiben muß. Sie werden der große Mr. X sein.« Er kicherte leise. »Mit anderen Worten, ich habe die Absicht, Ihr Handwerk und die damit verbundenen speziellen Fähigkeiten für die Strafverfolgungsbehörden der Welt so einsichtig und erkennbar zu machen, wie es heutzutage der einfache Einbruchdiebstahl ist. Ja, Mr. Firman, ich habe die Absicht, Sie berühmt zu machen!«
Mat war in London, wo er im Namen Häuptling Tebukes und der eingeborenen Bevölkerung von Placid Island die endgültige Regelung ihrer Forderungen an die Anglo-Anzac Phosphate Company aushandelte; oder vielmehr, er gab vor, in ihrem Auftrag zu verhandeln. Jeder, der zählte, wußte, daß er in Wahrheit letzten Endes mehr zu seinem eigenen Nutzen als zu dem irgend jemandes anderen handelte. Man meinte auch zu wissen, was er aus der Regelung für sich persönlich herauszuschlagen hoffte. Seine Verbindung zur Symposia-Gruppe, wo er damals praktisch die Mehrheit besaß, war ein streng gehütetes Geheimnis.
Wir unterhielten ein Büro mit komplettem Mitarbeiterstab in Brüssel. Mit dessen Hilfe konnte ich ihn kurz nach neunzehn Uhr telefonisch erreichen.
Zur Alarmroutine dieser Zeit gehörte eine Vorwarnung, die über Fernschreiber an eine Londoner Deckadresse geschickt wurde. Daraufhin begab er sich an einen abhörsicheren Telefonanschluß, wo er den Anruf entgegennahm. Daß dies gewisse Verzögerungen mit sich brachte, war unumgänglich. Ich nutzte die Zeit zu einer erneuten Durchsicht des Dossiers über Krom.
Es war sein Berner Vortrag gewesen, der meine Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt hatte, und an die Lektüre dieses Vortrags machte ich mich jetzt nochmals.
Eines der Dinge, die mich seinerzeit darin am stärksten befremdet hatten, war sein beiläufiger Gebrauch des Wortes ›Krimineller‹ gewesen. Meiner Ansicht nach und, wie ich glaube, auch nach Ansicht der Mehrzahl moderner Lexikographen ist ein Krimineller jemand,
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