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Bitte keine Rosen mehr

Bitte keine Rosen mehr

Titel: Bitte keine Rosen mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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for Boys und Lessons from the Varsity of Life jemals, selbst in einem seiner humorlosesten Augenblicke, die Auswirkungen hätte voraussehen können, die sein handgewebter Pragmatismus auf den Geist eines Burschen von Mats spezifischer Herkunft, Konstitution und angeborenen Talenten haben würde. Seine Bücher waren in gewissem Sinn Evangelien, aber sie waren nicht dafür gedacht, der Interpretation durch einen halbblütigen melanesischen Zauberer standzuhalten.
    Mats Vater war ein australischer Kapitän zur See namens Williamson, seine Mutter die Tochter eines Dorf­ältesten auf einer der Gilbert-Inseln gewesen. Ob die beiden jemals die Ehe geschlossen haben, ist nicht aktenkundig geworden. Sie hatte an Bord von Williamsons Schiff gelebt, einem Frachter, der einer der Phosphat-Handelsgesellschaften gehörte, und Mat, den sie Tuakana rief, weil das ›Ältester‹ bedeutet, kam auf Placid Island in der Krankenstation der Gesellschaft zur Welt. Er blieb allerdings ihr einziges Kind.
    Als er mir erstmals von Placid erzählte, saßen wir auf der Veranda eines Hotels in Port Vila, der Hauptstadt der Neuen Hebriden, und frühstückten. Er war damals Mitte Dreißig, ein beeindruckend gutaussehender, dunkelhäutiger Mann mit rotbraunem Haar. Ich hatte angenommen, die Haarfarbe sei ein Produkt seines Mischbluts, stellte aber später fest, daß sie auf einigen der Inseln recht häufig war. Was man jedoch von Augen, die so blau waren wie seine, nicht sagen konnte. Ich fand sie beunruhigend. Auf andere, die ich hier mit Namen nennen könnte, übten sie dieselbe Wirkung aus.
    Dennoch war ich nicht zu beunruhigt, um Fragen zu stellen. Dafür war ich schließlich hier: um Fragen zu stellen. Ich fragte ihn also, woher er stamme, und so bekam ich den ersten von vielen belehrenden Vorträgen zu hören.
    »Wie wir auf der Missionsschule gelernt haben«, begann er, »gab der große Kapitän James Cook vielen Inseln im weiten Raum des Pazifischen Ozeans, die er entdeckt oder erkundet hatte, englische Namen. So gütig von ihm, so freundlich.«
    Das wurde in einem hohen, nasalen Tonfall gesagt, der seinem eigenen verblüffend unähnlich und darüber hinaus durch einen regionalen britischen Akzent verfremdet war, den er später der Gegend um Birmingham zuschrieb. Er besitzt ein sehr feines Ohr. Ich bin mir ganz sicher, daß ich den Missionar, dessen Stimme er an jenem Tag imitierte, wäre ich dem Mann jemals begegnet, sofort erkannt hätte.
    Ebenso rasch wie der Tonfall angenommen worden war, wurde er aufgegeben, als Mat fortfuhr: »Wissen Sie, was ich glaube, Mr. Smythson? Ich glaube, daß ihn zur Zeit seiner letzten Reise das Problem, sich all diese neuen Namen auszudenken, zu langweilen begann. Ich glaube überdies, daß er ein Exemplar von Dr. Johnsons Wörterbuch bei sich hatte und es ganz einfach Seite für Seite durchging. Sie lächeln? Ich spreche in vollem Ernst. Fidschi hatte natürlich damals schon seinen eigenen einheimischen Namen, aber nordwestlich davon – was finden wir da? Ocean Island, Placid Island, Pleasant Island. Merken Sie was? Sukzessive Entdeckungen, allesamt in alphabetischer Reihenfolge, und das, obschon sie tausend Meilen voneinander entfernt sind. Placid und Pleasant sind es jedenfalls.«
    »Und sehr verschieden, nehme ich an.«
    »Oh, keineswegs verschieden. Tatsächlich in vieler Hinsicht gleich.« Er schnitt sich ein Stück Papaya ab. »Keine von beiden war jemals mild 1 * oder auch nur im mindesten angenehm 2 * . Beide jedoch wiesen Phosphatablagerungen im Umfang von Millionen und aber Millionen Tonnen auf. Natürlich sind die Vorkommen größtenteils längst im Tagebau abgetragen und -transportiert worden. Uns blieben trostlose Mondlandschaften aus häßlichem grauem Korallenfelsen. Wir – Placid und Pleasant – waren beide kurz vom kaiserlichen Deutschland besetzt, bevor wir britische Kolonien wurden. Im Jahr zweiundvierzig wurden wir beide von den Japanern besetzt, die uns als Kommunikationszentren benutzten, und später von den Amerikanern ausgiebig zerbombt. Beide wurden wir dann UNO -Treu­handterritorien unter gemeinsamer Verwaltung von Groß­britannien, Australien und Neuseeland, die sich das, was vom Phosphat noch übriggeblieben war, holen wollten. Ich bin auf Placid geboren.«
    »Ich kann Ihnen nachfühlen, daß Sie darüber verbittert sind.«
    »Verbittert?« Er grinste. »Warum in aller Welt sollte ich verbittert sein? Wir waren Barbaren. Sie werden bemerkt haben, daß ich ›wir‹ sagte.

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