Bitte keine Rosen mehr
häufig behauptet wird. Solange er keine Patienten hat, werden die Schäden, die er verursacht, eher schmerzhaft als folgenschwer sein, wie Schläge gegen den Ellenbogen. Die Sorte Unsinn jedoch, die er daherredet, kann einem eine ganze Menge über ihn verraten.
»Der Lech, den Sie zu Recht als Phantasieprodukt abtaten, war für Firman unerhört wirklich. Ist das Ihr emotional stabiler, perfekt angepaßter Mann, Herr Professor?«
»Es klingt nicht danach, nein. Haben Sie irgendwelche weiteren Beispiele für seine Instabilität?«
»Von jeder Seite seines Buches starren uns weitere Beispiele an. Er zitiert Ihren angeblichen Ausspruch, daß Lech vor fünf Jahren gestorben sei. Falsch. Er sagt, daß Sie ihn vor fünf Jahren bei der Zürcher Trauerfeier gesehen haben. Wieder falsch. Aber warum?«
»Diese Datierungsfehler haben auch mir Rätsel aufgegeben, Herr Minister. Lech ist vor sieben Jahren gestorben, nicht vor fünf. Ich habe Firman in Zürich acht Monate vor Lechs Tod identifiziert. Diese Fakten sind nie in Zweifel gezogen worden. Was hatte es mit der Zahl fünf so Besonderes auf sich? Warum die Irrtümer?«
»Wollen wir sie Freudsche Fehlleistungen nennen, Herr Professor?«
»Unabsichtliche Irrtümer können unterlaufen, wenn das Manuskript von einer Sekretärin abgetippt wird, die eine neue Brille braucht, oder wenn sich ein Verlagslektor nicht mit Einzelheiten abgeben kann.«
»Aber diese Irrtümer nicht, Herr Professor.« Er war froh über meine schwerfällige Beschränktheit; sie machte aus mir einen besseren Zuhörer. »Ich weiß mit Bestimmtheit, daß dieses ›vor fünf Jahren‹, von dem wir jetzt sprechen, für ihn von eminenter psychologischer Bedeutung war. Ich bin kein Kaffeesatz-Analytiker, Herr Professor, und ich weiß nur, was ich über abnormes Verhalten gelesen habe. Aber über Paul Firman hätte sich damals niemand täuschen können. Das gehört nicht zu den Dingen, die man vergißt. Er reiste weder nach Zürich noch an einen anderen Ort in Europa. Er verbrachte das Jahr damit, zwischen Singapur, Sydney und Hongkong zu pendeln. Das war das Jahr, von dem sein mysteriöser Mat Williamson, der Mann am Telefon, der mit einem Birmingham-Akzent spricht, zu reden scheint. Er erwähnt einen Augenblick des persönlichen Verlustes und der Trauer oder der Trauer und des Verlustes. Ich habe es mir irgendwo notiert. Es steht auf Seite …«
»Danke, Herr Minister. Ich weiß, welche Stelle Sie meinen. Wie kam es, daß Sie ihn in jenem Jahr so häufig sahen? War das der Zeitpunkt, zu welchem Ihre Partnerschaft begann?«
»Partnerschaft?« Das Wort sagte ihm nicht zu. Es ging mir plötzlich durch den Kopf, daß Mr. Tuakana eine Position bekleidete, die es ihm erlaubte, mich verhaften, ins Gefängnis werfen und der Beleidigung seiner Regierung anklagen zu lassen, wenn er wollte. »So nennt er es jetzt. Ich arbeitete für ihn als das, was er einen Talentsucher nannte. Ich verfügte über kein nennenswertes Geld, und eine Gesellschaft wie die Anglo-Anzac als Lobbyist dahin zu kriegen, daß sie sich mit dem Unvermeidlichen abfindet, kostet, selbst an einem Flecken wie diesem, viel. Firman bezahlte mich gut, aber ich mußte auch arbeiten dafür. Es gab ein paar Firmen, Gesellschaften, die ihn interessierten. Gewöhnlich waren sie in Schwierigkeiten. Ich untersuchte sie für ihn. Er war das, was einige Leute einen Macher nennen. Schnell rein, schnell wieder raus. Manchmal gab es Vermögenswerte, die ausgeschlachtet werden konnten. Manchmal gab es einen Verlustposten, über den verhandelt werden mußte. Manchmal gab es andere Dinge. Partnerschaft? In dem Licht habe ich es nie gesehen. Ich war sein Blitz-Buchprüfer. Wir sind nie dazu gekommen, über meine langfristigen Pläne zu diskutieren. Das war das Jahr seines Zusammenbruchs.«
»Ein physischer Zusammenbruch oder ein geistiger, Herr Minister?«
Er legte seine gefaltete und geglättete Serviette ordentlich neben seinen Teller.
Die Hand, die sie dorthin gelegt hatte, zuckte einen Augenblick lang und war dann ruhig. Möglicherweise hatte er sich dagegen entschieden, im Takt der Wörter auf den Tisch zu klopfen.
»Herr Professor, gewiß sehen wir jetzt klar. Ist es nicht offenkundig genug, wie es dazu kam, daß diese Datierungsfehler gemacht wurden? Fünf war die böse magische Zahl, weil vor fünf Jahren die böse magische Zeit gewesen war. Das war das Jahr des allerschrecklichsten Todesfalls und des katastrophalen Unglücks. Das Resultat war, daß es
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