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Bitte keine Rosen mehr

Bitte keine Rosen mehr

Titel: Bitte keine Rosen mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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als das Jahr allen Todes und allen Unglücks endete – das Jahr von Lechs Tod, des Kramer-Narrenspiels, der Begegnung mit Ihnen, des Exils aus Europa, das Jahr allen Übels. Das Jahr des allergrößten Verhängnisses! Und das war übrigens das Jahr, in dem er Ärger mit der Polizei in Neusüdwales bekam. In Sydney war zeitweilig ernsthaft von Ausweisung die Rede, um ihn aus Hongkong zu vertreiben.«
    »Wissen Sie, weswegen, Herr Minister?«
    »Und ob ich das weiß. Sie fragten nach weiteren Beispielen seiner Instabilität. Ich kann Ihnen ein erstklassiges nennen. Es handelt sich um einen weiteren seiner Rollenwechseltricks. Sie erinnern sich an den langen Vortrag, den er angeblich diesem mythischen Mr. Williamson gehalten haben will? Erinnern Sie sich, Herr Professor? An den über die Gefahren internationalen Betrugs und das schreckliche Schicksal, das diejenigen erwarte, die sich nicht an die Gesetze hielten?«
    »Ich erinnere mich.«
    »Herr Professor, diesen Vortrag habe ich ihm gehalten.«
    Er machte eine Pause, zuckte leicht die Achseln und starrte mir dann mit jenem ganz eigentümlichen Ausdruck gewinnender Offenheit in die Augen, den ich bei ihm inzwischen mit Schuld assoziiere – mit Schuld, die sich abgesichert weiß und vollkommen gelassen gibt.
    »Mein Job«, fuhr er fort, »bestand in der Erkundung, und ich konnte das Gesamtbild überblicken. Einige Stellen darin waren ziemlich trübe, glauben Sie mir. Was den Vortrag provozierte, war ein multinationaler Taschenspielertrick, den er sich ausgedacht hatte. Es handelte sich um eine Kette von zwanzig verschiedenen Gesellschaften, die allesamt getürkte Aktiva aufwiesen – Bergwerke, Immobilien, Kokosplantagen – und allesamt auf dem Papier Reingewinne abwarfen. Diese Kette bestand bloß aus den Trümmern seiner Aktiva-Plünderungsmachenschaften. So hat er denn diesem Tohuwabohu einen neuen Anstrich gegeben. Wozu? Er hat, scheint’s, diese kleine vormals britische Versicherungsgesellschaft erworben, die im vormals britischen Singapur registriert ist und dort noch immer nach der alten britischen Regel ›Jeder kann mitmachen‹ handelt. Das bedeutet nach amerikanischen Maßstäben ein Minimum an Regelungen. Das Geschäft wird größtenteils in Malaysia und auf den Inseln abgewickelt, und es hat einen hübschen chinesischen Namen, der ›treuer Tiger‹ bedeutet. Raten Sie mal, wem alle diese bloß auf dem Papier existierenden Firmen gehören. Ja, dem treuen Tiger, nur daß er jetzt ›Treuer Löwe‹ heißt und seine Investitionen über Strohmänner tätigt. Der einzige Fehler, den Firman dort machte, war, diesen räudigen Löwen Annuitätengeschäfte in Australien ausschreiben zu lassen. Man wird ihn dort nie wieder reinlassen. Sie mögen keine Versicherungsbetrüger, besonders nicht, wenn sie ihnen nichts nachweisen können.«
    »Kein Land mag sie. Aber Sie sprachen von einem schrecklichen Todesfall und einem katastrophalen Verhängnis, Herr Minister. War es das, was Sie meinten? Der Zusammenbruch eines betrügerischen Versicherungsgeschäfts?«
    »O nein. Seine chinesischen Direktoren hätten ihn fast in Schwierigkeiten gebracht, aber er war schnell genug, heil aus der Geschichte herauszukommen. Es war die Sache mit seinem Sohn, die ihn so vernichtend traf.«
    »Er erwähnt ein Kind aus seiner zweiten Ehe.«
    »Das war eine Tochter. Der Sohn stammt von seiner ersten Frau. Brillanter Junge, gutaussehend, gewinnend, sehr charmant. Von einem der Ivy-League-Colleges angenommen. Firman strahlte. War schrecklich stolz auf ihn. Trug doch tatsächlich ein Foto von dem Burschen in der Brieftasche mit sich herum.«
    »Was passierte?«
    »Er starb ganz plötzlich. War schon sehr bedauerlich, das alles.«
    »Drogen? Alkohol? Ein Autounfall?«
    »Nichts derart Einfaches. Der Junge beging Selbstmord, erhängte sich. Eine Zeitlang war Firman total vernichtet. Ich habe einen derartigen Zusammenbruch noch nie gesehen. Nahezu vollständige Apathie. Er saß bloß noch teilnahmslos herum.«
    »Gab es irgendeine Erklärung?«
    »Für den Selbstmord? Das College hatte eine. Überarbeitung, Prüfungsdruck, ungerechtfertigte Ängste, die in ihn gestellten hohen Erwartungen nicht zu erfüllen. Die meisten dieser Institute müssen ein Standardschreiben haben, das sie verschicken. Aber Firman war überzeugt, der einzig Schuldige zu sein. Wenn er überhaupt etwas sagte, dann immer dasselbe. ›Ich scheine es mir zur Gewohnheit gemacht zu haben, die Menschen zu enttäuschen, die

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