Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bitte keine Rosen mehr

Bitte keine Rosen mehr

Titel: Bitte keine Rosen mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
Vom Netzwerk:
bevor ich mich endgültig zum Bleiben entschloß. Hatte sie von Anfang an gewußt, daß er uns belauschte?
    Die Frage schien sie zu verwundern. »Aber er hat uns nicht von Anfang an belauscht«, sagte sie. »Wie hätte er uns denn in deinem Hotel belauschen sollen?«
    »Ich meine, auf dem Boot.«
    »Oh, auf Booten sind die Schotten immer so dünn.« Sie hatte nur ein Achselzucken dafür übrig. »Aber was spielt das für eine Rolle? Wen kümmert es, was zu hören ist? Was zählt, ist nur das, was man fühlt. «
    Es schien sich zu erübrigen, diese Erklärung anzufechten.
    Ich blieb länger als drei Monate dort, und in dieser Zeit wurde mein Italienisch, obschon nie ganz frei von spanischen Anklängen, fließend. Ebenfalls in dieser Zeit gelangte ich zu dem Schluß, daß ich es nicht mehr sehr viel länger brauchen würde. Hitler war einmarschiert in das, was die französische und die englische Regierung von der Tschechoslowakei übriggelassen hatten. Um zu demonstrieren, daß er, wenn er nur wollte, genauso kühn und blutrünstig sein konnte, verfügte Mussolini wenige Wochen darauf die Invasion in Albanien. Gleichfalls aus Rom kam der Bescheid, daß die Jacht in diesem Sommer lediglich vor der Westküste des italienischen Mutterlandes kreuzen würde. Ihr Mann fügte wie beiläufig hinzu, daß ein italienischer Steward angeheuert worden sei und seinen Dienst antreten werde, sobald er selber in Neapel an Bord gehen würde. Der Kapitän werde sie über das Abreisedatum unterrichten.
    Es war Zeit für mich zu gehen. Ich reiste auf einem Schiff, das nach Marseille auslief, an meinem neunzehnten Geburtstag ab, allerdings ohne ihr von dieser Koinzidenz etwas zu sagen. Ich glaube nicht, daß sie über die Maßen traurig war, mich gehen zu sehen – sie zählte zu denen, die Abwechslung schätzen –, aber ein Geburtstag hätte das emotionale Gewicht der Trennung unnötigerweise erhöht. Vielleicht, so will es mir scheinen, wenn ich jetzt darüber nachdenke, habe ich doch eine ganze Menge von ihr gelernt.
    Von Marseille reiste ich nach Paris weiter und stieg dort, diesmal entsprechend meinen bescheidenen Mitteln, in einem kleinen Hotel in der Rue de Plsly ab. Obgleich mein ›Europa-Jahr‹ nahezu um war, beunruhigte mich der Gedanke, möglicherweise bald nach Hause zurückkehren zu müssen, nicht sonderlich. Dies vermutlich deswegen nicht, weil es nahezu unmöglich war, in jenem Sommer in Paris zu leben, ohne zu spüren, daß ein größerer Krieg unmittelbar bevorstand; darum konnte ich nicht mehr so recht daran glauben, daß noch viel länger irgend etwas so ablaufen würde, wie es geplant gewesen war. Dennoch schien es mir taktisch vorsorglich und hinhaltend zugleich zu sein, meinem Vater zu schreiben und ihm darzulegen, daß es vielleicht keine schlechte Idee sei, wenn ich per Frachter über New York heimkehrte, um dort die Weltausstellung besuchen und mir ein Bild davon machen zu können, was unsere ausländischen Geschäftskonkurrenten auf dem Weltmarkt zu bieten hatten. Ich könne mir das, versicherte ich ihm selbstgefällig, ohne weiteres leisten.
    Ich hätte mir die Mühe sparen können. In jenen Tagen war die Postbeförderung noch recht langwierig, und als mein Brief ihn erreichte, war der deutsch-russische Nichtangriffspakt bereits unterzeichnet. In der letzten Augustwoche des Jahres 1939 telegrafierte ich ihm, daß ich, sein Einverständnis vorausgesetzt, vorhabe, nach England zu gehen, um entweder in die Königliche Marine oder, falls dies nicht möglich sei, in die Luftwaffe einzutreten.
    Ich erhielt seinen Segen wie erwartet, mußte jedoch sehr bald telegrafisch zusätzlichen Beistand erbitten: weiteres Geld und ein paar Empfehlungsschreiben. Natürlich war zu Beginn des Krieges keine der britischen Waffengattungen darauf vorbereitet, mit dem Ansturm unausgebildeter Freiwilliger fertig zu werden, am wenigsten die Marine und die Luftwaffe. Das Äußerste, was mein Vater durch Empfehlungsschreiben für mich erreichen konnte, war, mich in der Armee unterzubringen, und das in einer ihrer langweiligsten Formationen – einer in East Anglia stationierten Flakscheinwerfer-Batterie.
    Alles, was ich vom anschließenden Winter in Erinnerung behalten habe, ist die Kälte und dann, im März, die Verlegung in ein nördlicheres Nest, wo es noch kälter war. Im Mai wurden wir ganz plötzlich abermals verlegt, diesmal nach Wales; nicht weil man uns, sondern weil man unsere Kaserne für die aus Dünkirchen evakuierten Truppen

Weitere Kostenlose Bücher