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Bitte keine Rosen mehr

Bitte keine Rosen mehr

Titel: Bitte keine Rosen mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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Kriminologen und Polizisten bewohnte winzige Sektor davon, wirklich über den armen alten Oberholzer Bescheid wissen will, so soll es eine von den vielen ihm eigenen Stimmen sein, die zu hören ist. Mein Bericht wird vollständig, einigermaßen akkurat und frei von Kroms Verzerrungen sein. Er wird natürlich nicht frei von meinen Verzerrungen sein. Ich gehöre nun einmal zu denen, die glauben, daß die Fähigkeit, die ganze Wahrheit über irgend etwas zu berichten, so selten ist, daß jeder, der sie für sich beansprucht, und insbesondere wenn er dies mit der Hand auf dem Herzen tut, mit äußerstem Mißtrauen betrachtet werden sollte.
    Ich kann nur versuchen, aufrichtig zu sein.

    Ich begegnete Carlo Lech erstmals, als ich ihn unweit von Bari um ein Haar hätte verhaften müssen. Das war 1943 gewesen, nach unserer Landung auf dem Absatz des italienischen Stiefels, als die Achte Armee nordwärts auf Foggia zumarschierte. Ich war damals der britischen Feldsicherheitspolizei zugeteilt, und um ein Haar hätte ich ihn verhaften müssen, weil ein Korporal des Trupps, den ich führte, ein übereifriger Tölpel war.
    Was aber, so mag man sich fragen, hatte ein zweisprachiger englischer Argentinier oder argentinischer Engländer bei der Feldgendarmerie in Italien zu suchen? Steckte dahinter die Tatsache, daß die britische Armee wieder einmal ihrem altehrwürdigen Lieblingsspiel frönen mußte, eckige Keile in runde Löcher zu treiben? Nein, das war nicht der Grund. Nach der Schule hatte ich ein Jahr Italienisch gelernt.
    Wenn es um seine Kinder ging, war mein Vater großzügig und, wenngleich weit entfernt davon, einfallsreich zu sein, stets außerordentlich fair. Ich war der jüngste seiner drei Söhne, und als er im Sommer 1938 von meinem Schuldirektor davon in Kenntnis gesetzt wurde, daß mein Jahr in der sechsten Klasse weniger verheerend als befürchtet geendet hatte, wurden mir die gleichen Belohnungen zur Auswahl geboten wie vor mir meinen Brüdern. Ich konnte ein Jahr und zweitausend Dollar auf Reisen in Europa verleben, bevor ich in die väterliche Firma eintrat; oder ich konnte den Sportwagen meiner Wahl bekommen und auf der Stelle in die väterliche Firma eintreten.
    Meine beiden Brüder hatten Sportwagen genommen. Ich entschied mich für das Jahr in Europa.
    Nach drei Monaten hatte ich die zweitausend Dollar ausgegeben – mir allerdings damit eine herrliche Zeit verschafft – und saß völlig abgebrannt in Cannes fest. Ein Telegramm hätte mir ein Schiffsticket nach Hause, eine Predigt über den Wert des Geldes und, selbstverständlich, den sofortigen Eintritt in die väterliche Firma beschert. Ich schickte kein Telegramm ab, weil ich nicht nach Hause reisen und weil ich nicht in ein langweiliges Familienunternehmen eintreten wollte, das ohnehin schon mehr Nachwuchsführungskräfte als nötig beschäftigte. Wie Ihnen jeder erfahrene Schwindler bestätigen wird, brauchen die meisten Leute ziemlich lange, bis sie bemerkt haben, daß aus einem Verschwender ein Schmarotzer geworden ist, und an Orten wie Cannes kann es sogar noch länger dauern, ehe die Kreditwürdigkeit sinkt. Ich gab mir einen Monat, um aus meiner Klemme herauszukommen, bevor ich entweder schreiend zu Daddy laufen oder krumme Dinger drehen würde, die mich in Schwierigkeiten mit der Polizei bringen konnten. Ich schaffte es in drei Wochen. Ich bekam einen Job als Steward auf einer Jacht.
    Der Eigner war ein italienischer Bankier.
    Die Krise von München hatte Frankreich zu einer Teilmobilmachung veranlaßt, und zu denen, die einberufen worden waren, hatte auch sein französischer Steward gezählt. Es war weder bekannt, wann er entlassen werden würde, noch – da er darauf bestanden hatte, daß örtliche gewerkschaftliche Bestimmungen ihn bei seinem Weggang zum Empfang eines vollen Monatsgehalts berechtigten – ob ihm nach seiner Entlassung überhaupt an einer Rückkehr gelegen sein würde. Bei Saisonende wäre es aussichtslos gewesen, nach einem erfahrenen Ersatzmann zu suchen. Die restliche Crew, einschließlich des Kochs, bestand aus Italienern, denen es gleichgültig war, wer die Getränke ausschenkte, die Mahlzeiten servierte und die Betten machte. Ich hatte argentinische Papiere, und da die Jacht in Genua registriert war, würde es wegen Arbeitserlaubnis-Bescheinigungen und gewerkschaftlichen Bestimmungen keine Schwierigkeiten geben, mit denen der Eigner, sollte er mich behalten wollen, später nicht fertig werden könnte. Inzwischen galt

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