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Bitte keine Rosen mehr

Bitte keine Rosen mehr

Titel: Bitte keine Rosen mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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Seite unserer Feinde gestanden hatten. Einige von ihnen, nicht viele, aber doch einige, taten dies noch immer. Unsere Hauptaufgabe war es, dafür zu sorgen, daß in den frontnahen Gebieten, wo derartige Dinge eine Rolle spielten, diejenigen, die gegen uns waren und sich in der Lage sahen, sich dementsprechend zu verhalten, entweder fortgeschafft oder unschädlich gemacht wurden.
    Natürlich lagen die Dinge nur selten so einfach.
    Wenn ein Bauer ein Paar Armeestiefel stahl, weil seine eigenen hinüberwaren und er wieder darangehen mußte, seinen Acker zu pflügen – war das nun einfacher Diebstahl, oder war das Sabotage? Verteidigte eine alte Hure, die einen Soldaten verwundete, indem sie ihn mit dem Absatz eines Schuhs ins Auge hieb, lediglich ihr demokratisches Recht auf Bezahlung einer Dienstleistung, oder unterstützte und stärkte sie damit die Waffen- SS -Division, die sich nördlich von uns auf dem anderen Ufer des Flusses eingegraben hatte? Und dann gab es die Schwarzhändler, die eine auf Flaschen gezogene terpentinartige Flüssigkeit, welche sie Pfirsichschnaps nannten, gegen Kartons voller Armeerationen an die Truppe verscherbelten. Wie sollte man dieser Art von Warenverkehr Herr werden? Indem man den Soldaten klarmachte, daß sie sich ihre Leber ruinierten?
    Nun, natürlich nicht. Was man tun konnte, war, zu versuchen, die Schwarzhändler zu schnappen, und das tat man, indem man so häufig wie nur möglich die Fahrer und die Fahrgäste jedes Zivilfahrzeugs überprüfte, das in der Gegend, die man kontrollierte, aufkreuzte. Die Amerikaner setzten hierzu mit Fahrer und Beifahrer bemannte Jeeps ein, wir Einmann-Motorradstreifen.
    Es war einer meiner Streifenposten, der Carlo hereinbrachte.
    Mein Kommandoposten war der Keller eines zerbombten Hauses nahe beim Divisionsstab. Dadurch konnte ich beim Divisionsstab essen und bekam auch direkten Zugang zum Fernmeldenetz, so daß ich mich nicht mehr jedesmal umständlich beim Korps verbinden lassen mußte.
    Das erste, was ich von Carlo hörte, war das Motorengeräusch seines Wagens, eines klapprigen alten Opels, der mehr Lärm machte als das Motorrad des Streifenpostens. Als beide Motoren abgestellt waren, hörte ich, wie der Korporal dem Insassen des Wagens sagte, er solle sich nicht vom Fleck rühren. Der Korporal kam dann in den Keller heruntergestiefelt, um Meldung zu machen.
    »Sehr verdächtig, dieser Mann, Sir«, sagte er. Er nannte mich ›Sir‹, weil ich mittlerweile als Feldwebelleutnant 2. Klasse, also Offizier, zum Sergeant-Major avanciert war. Damit reichte er mir einen vom AMGOT in Neapel ausgestellten Passier- und Benzingutschein.
    Ich holte tief Atem und zählte stumm bis zehn.
    AMGOT – Allied Military Government of Occupied Territories (Alliierte Militärregierung besetzter Gebiete) – war eines der Kreuze, welche die Armee in jener Phase des Feldzugs zu tragen hatte, AMGOT , so schien es uns, war von einem Komitee hochgestellter Saboteure aus dem stinkenden Bodensatz jener sowohl von der amerikanischen wie von der britischen Armee vorhandenen trüben Reservoirs an Offizieren rekrutiert worden, die voreilig eingestellt und später von einer Einheit nach der anderen als unfähig zu jeder verantwortlichen dienstlichen Tätigkeit abgeschoben worden waren. Einige waren lediglich Dummköpfe, einige waren Alkoholiker, ein paar waren gescheiterte Gauner, und viele bedurften dringend psychiatrischer Behandlung. Es gab Typen aller Art, einschließlich einer Anzahl ehemaliger Reserveoffiziere. Zu den profilierteren und aus unserer Sicht gefährlicheren von ihnen zählten jene umgänglichen, persönlich liebenswerten und häufig kultivierten Exzentriker, die, nach in Friedenszeiten ehrenvoll absolviertem Dienst in regulären Armeen, mit den Jahren verkalkt waren, ohne daß es jemandem aufgefallen wäre. Sie waren gefährlicher, nicht nur weil sie häufig einen relativ hohen militärischen Rang bekleideten, sondern weil viele von ihnen zu politischen Ansichten neigten, die selbst einem Gabriele d’Annunzio reaktionär erschienen wären. Ihr Hang, mit ehemaligen faschistischen Machthabern, die zu ersetzen sie entsandt worden waren, gut freundschaftlich zu verkehren und sie womöglich gar in ihren Ämtern zu bestätigen, rief in den alliierten Armeen heftige Verbitterung hervor.
    Natürlich sind einige der AMGOT -Skandale erfolgreich vertuscht worden. Ein Bürgermeister auf Sizilien, der seine Autorität mißbrauchte, um die wertvollsten Gebäude der Stadt,

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