Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bitte keine Rosen mehr

Bitte keine Rosen mehr

Titel: Bitte keine Rosen mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
Vom Netzwerk:
letztlich als fruchtlos erweisen wird; aber so kann er die Dinge heute nicht sehen, und damals konnte er es erst recht nicht. Er glaubte sich seinem Ziel schon nahe, meinte, es mit Händen greifen zu können. Die Akten, die Melanie just in dem Augenblick herbeigebracht hatte, als das Essen angekündigt wurde, lagen jetzt auf einem Beistelltisch. Wenn er aufgestanden wäre und den Arm ausgestreckt hätte, hätte er sie berühren können, und es kostete ihn Mühe, sich das zu versagen. Sein Blick irrte ständig zu ihnen, als müsse er sich vergewissern, daß sie noch dalagen. Den Burgunder, der zum Kalbsbraten gereicht wurde, schüttete er fast so rasch hinunter wie den Cassis.
    »Nicht schlecht, der Wein, Mr. Firman«, bemerkte Dr. Henson.
    »Danke.« Er war nicht schlecht für einen Wein, der erst vierzehn Tage zuvor vor Ort gekauft worden war, aber ich hatte nicht erwartet, daß sie es registrieren würde. Ich hatte sie eher für eine Claret-Trinkerin gehalten.
    »Aber nicht gut genug, um Ihr Urteilsvermögen zu trüben, eh?« Krom strahlte seine Zeugen glasig an.
    »Es steht zu hoffen«, sagte Connell nicht ohne Schärfe, »daß wir unser Urteilsvermögen auf einer wichtigen Felderkundung durch nichts und niemanden trüben lassen.«
    »Da sind Sie aber im Irrtum!« Kroms Zeigefinger wies auf Connell und fing dann an, sich wie ein Metronom im Takt hin- und herzubewegen. »Ich sage Ihnen etwas, was Sie später selbst entdeckt hätten.« Das Metronom stand still, und der Zeigefinger wies jetzt auf mich. »Wo und wann immer es sich um diesen Mann dreht, ist kein ungetrübtes Urteil möglich. Warum nicht? Weil er so ist wie eines dieser Geschöpfe aus der Familie der Zephalopoden, etwa so wie der Oktopus oder Tintenfisch, der, sobald er angegriffen oder mit Angriff bedroht wird, eine tintige Flüssigkeit ausstößt, die eine Wolke im Wasser bildet, hinter die er sich zurückziehen kann.«
    Yves nickte anerkennend. »Calamar« , erläuterte er, zu Dr. Henson gewandt. »Gut zu essen, aber nur, wenn er auf italienische Art zubereitet ist.«
    Krom ignorierte die Unterbrechung. »Und woraus besteht diese Tinte? Was sind ihre Bestandteile, wenn Mr. Firman sie zusammenbraut? Ich werde es Ihnen sagen.«
    »Wir wissen es«, sagte Connell. »Die Antwort lautet: hochtrabendes Gewäsch.«
    »Pardon?«
    »Es ist Ihnen wohl entfallen, Herr Professor. Diese Vorlesung haben Sie uns bereits auf der Herfahrt gehalten. Jedesmal, wenn Mr. Firman sich nur im geringsten bedroht fühlt, spielt sogleich der Abwehrmechanismus, der darauf hinausläuft, daß, wann immer etwas nicht ganz Koscheres von irgend jemandem ausgebrütet worden ist und Firman dabei war, es nie und nimmer er sei, der für das Geschehene verantwortlich gemacht werden könne. Er sei, so scheint’s, im Leben immer ein zweiter Mann gewesen, immer Wachs in den Händen einer skrupellosen, gerissenen, verschlagenen Nummer eins. Stimmt’s?«
    »Nun …«
    »Ich weiß, ich drücke es nicht mit genau den gleichen Worten aus wie Sie, Herr Professor, aber ich glaube, im großen und ganzen läuft es unterm Strich ungefähr darauf hinaus. Sie nennen diese taktischen Flüssigkeitsausstöße Oktopustinte. Ich nenne es hochtrabendes Gewäsch. Wie nennen Sie es, Mr. Firman?«
    »Ich glaube, in diesem Fall muß ich die Metapher wohl ein wenig durcheinanderrühren und es Wunschdenken nennen. Professor Krom will offenbar nicht glauben, daß der Zephalopode, den er gefangen hat, nicht der größte im Ozean war. Ein seinerseits durchaus natürliches Widerstreben. Aber wenn er wirklich glaubt, daß meine Darstellung der Ereignisse, die ihn interessieren, so wenig verläßlich ist, begreife ich nicht, wozu auch nur einer von Ihnen hier ist.«
    Connell sagte: » Ole! Gut gegeben.«
    Unverdrossen ging Krom erneut zum Angriff über. »Ist Ihnen noch nie aufgegangen, Dr. Connell, daß man, wenn ein Lügengebäude über eine Abfolge von Ereignissen auf einem Schema errichtet ist, das aus Fixpunkten bekannter, ebendiese Ereignisse betreffender Wahrheit besteht, durch vergleichende Analyse mehr über den Lügner erfahren kann, als man durch das Anhören sogenannter freimütiger Konfessionen und das Bestreben, derartigen Bekenntnissen einen Sinn zu unterlegen, jemals in Erfahrung bringen wird?«
    »Ich wüßte gern, Herr Professor«, erkundigte sich Dr. Henson artig, »ob wir wohl ein konkretes Beispiel dieser Arbeitsweise in dem Fall, über den wir derzeit diskutieren, hören könnten.«
    »Gewiß. Mr.

Weitere Kostenlose Bücher