Bitte keine Rosen mehr
welche die Berge und Flüsse dieses Landes für jedermann – von den deutschen Generälen ganz zu schweigen – sichtbar vorzeichnen, sorgte dafür, daß die Angreifer, gleichgültig, wie tapfer sie waren, gleichgültig auch, wie gut und taktisch versiert sie geführt wurden, wiederholt die Verzweiflung und Frustration erleiden mußten, für jeden kleineren Erfolg einen exorbitanten Preis zu entrichten. Und der Lohn für jeden kleineren Erfolg war stets der gleiche: der erste Blick auf das nächste Hindernis, das sich vor einem größeren auftürmte. Ich habe noch von keinem Feldzug in einem modernen Krieg gehört, der von irgendeinem seiner Teilnehmer als angenehm bezeichnet worden wäre, aber der italienische muß, was Sinnlosigkeit und ganz gewöhnliche Bestialität anlangt, fraglos den schmutzigsten zugezählt werden. In den frontnahen Gebieten ist der Anblick unbestatteter Toter und unversorgter Verwundeter keineswegs immer das Schlimmste; und die Schlachtfelddepression nach einem schwererrungenen Sieg ist, gleichgültig, was die gestellten Pressefotos vorzutäuschen belieben, von derjenigen nach einer Niederlage häufig nicht zu unterscheiden.
Es war, kurz nachdem wir die Gotenlinie erreicht hatten und ich wiederum – diesmal nördlich von Ravenna – in einem halbzerstörten Haus einquartiert war, daß Carlo mich erneut aufsuchte.
Ich hätte ihn fast nicht wiedererkannt. Verschwunden waren der lange Ledermantel und der fleckige Filzhut. Er steckte in einer Montur, die man heute wohl paramilitärisch nennen würde. Er trug knöchellange GI -Schnürschuhe von der Sorte, wie britische Offiziere sie stets für sich zu ergattern suchten und die aus nach außen gewendetem Innenleder, das ein bißchen nach Wildleder aussah, gearbeitet und mit Gummisohlen versehen waren; und auf dem Kopf trug er ein schwarzes Barett. Was mich am stärksten beeindruckte, war jedoch sein Übermantel. Es handelte sich um eines dieser kurzen Dinger aus gewendetem Schafspelz, die an gewisse oberhalb der Schneegrenze kämpfende Gebirgstruppeneinheiten ausgegeben worden waren. Sie wurden auch von einigen der modebewußteren höheren Offiziere unter den Angehörigen der vierzehn Nationalitäten getragen, die damals an den Fronten der Fünften und Achten Armee Dienst taten. Dem ansonsten aller Orden und militärischen Rangabzeichen baren Carlo verlieh der Mantel entfernt den Anschein eines Frontkämpfers.
»Wie Sie sehen, habe ich es geschafft, Sie ausfindig zu machen«, sagte er statt eines Grußwortes und reichte mir eine Flasche, die in eine Nummer der Stars and Stripes eingewickelt war. »Whisky«, fügte er hinzu, »aber diesmal ohne Rechnung.«
Es war später Nachmittag, und es begann dunkel zu werden. Ich zündete eine Karbidlampe an, holte zwei Biergläser aus der für Marketenderwaren benutzten leeren Munitionskiste und öffnete die Flasche.
Wir tranken einander schweigend zu. Dann sagte er:
»Sie sehen älter aus, Sergeant-Major.«
»Ich bin es. Anderthalb Jahre.«
»Ich habe lediglich eine Feststellung getroffen und keine Schulter zum Ausweinen angeboten, die Sie weder wollen noch benötigen.«
»Was kann ich diesmal für Sie tun, Mr. Lech?«
Sein halbes Lächeln zuckte ein wenig. »Im Augenblick nichts, vielen Dank. Ich hatte Sie schon eher besuchen wollen, aber die Ereignisse und meine Geschäfte haben das verhindert.«
Er fuhr fort, indem er mir eine ungefähre Vorstellung davon vermittelte, wie es ihm ergangen war. Er hatte seine Zelte jetzt in Rom aufgeschlagen und arbeitete dort für die inzwischen umgebildete Militärregierung, überwiegend als Anwalt.
Wenn Kriege sich langsam und zerstörerisch von einem Ende eines Landes auf das andere zubewegen, liegt es auf der Hand, daß in ihrem Gefolge eine Vielfalt rechtlicher Probleme, von denen nur wenige einfacher und die meisten höchst verwickelter Natur sind, gelöst werden müssen. Natürlich werden sie in ihrer Mehrzahl beschädigtes Eigentum betreffen und häufig bis auf den Grund zerstörtes. Wer war der Besitzer gewesen? Was war aus ihm oder ihr oder auch aus der juristischen Person, der es gehört hatte, geworden? Und gibt es, wenn der Eigner verstorben sein sollte, einen legitimierten Erben?
Er hatte auf seinen Reisen im ganzen Land viel gehört und gesehen.
Von seiner Frau und seiner Familie erwähnte er lediglich, daß er mit seiner Frau in indirekter Verbindung stehe und daß sie wohlauf sei. Aus seinen Äußerungen schloß ich, daß er britischen und
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