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Bitte keine Rosen mehr

Bitte keine Rosen mehr

Titel: Bitte keine Rosen mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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Parasiten hielt. Jedwede Anspielung darauf, daß dasselbe Wort mit gleicher Berechtigung auf uns hätte angewendet werden können, würde ihn zutiefst empört haben. Ich weiß nur von einer einzigen Person, welche die Tollkühnheit besaß, etwas Derartiges auch nur anzudeuten, und die Folgen für die betreffende Person waren unangenehm. Carlo konnte, wenn er erzürnt war, ziemlich rachsüchtig werden.
    In dieser Hinsicht unterschied er sich von Mat Williamson. Mat braucht nicht im mindesten zornig auf einen Mann zu sein, um zu beschließen, daß er vernichtet werden muß.

    Für Parasiten waren die unmittelbar auf den Tag des alliierten Sieges in Europa folgenden Jahre fette Jahre. Der Warenstrom – zumeist amerikanischer, in gewissem Umfang aber auch britischer Hilfeleistungen –, der sich über Italien und Westdeutschland ergoß, erreichte ungeheure Ausmaße.
    Da dies jedoch keine Geschichte der Schwarzmärkte des Zweiten Weltkrieges darstellt – deren Abfassung ich übrigens nur zu gern einem Gelehrten aus der Kromschen Traumtänzerschule überlasse –, werde ich mich damit begnügen, eine gewisse Vorstellung von ihnen zu vermitteln, indem ich berichte, daß Carlo im Lauf der ersten achtzehn Monate unserer Geschäftstätigkeit nahezu eine halbe Million Dollar ›anvertraut‹ wurde, die allein aus dem italienischen Schwarzmarkt herrührte.
    Ich sage ›allein‹, weil wir über kurz oder lang von weit größeren Summen Wind bekamen, die in Westdeutschland unserer Dienste bedurften.
    Die frühen Berichte von Carlos Mann in Lugano schilderten chaotische Zustände. Das große Geld wurde gemacht, aber diejenigen, die es machten, zumeist höhere amerikanische und rangniedere Offiziere des Transport- und Versorgungswesens, schienen sich der Schwierigkeiten, in die sie in Kürze geraten würden, nicht bewußt zu sein. Dies lag nicht nur daran, daß sie in dem Spiel Anfänger waren, sondern vor allem an der Tatsache, daß die Spielregeln in Westdeutschland komplex und die Bedingungen, unter denen gespielt wurde, geeignet waren, übertriebene Zuversicht zu fördern. So gab es beispielsweise drei verschiedene Besatzungszonen, und in zweien davon – in der britischen und der französischen – wurde jeweils für deren nationale Währung eine restriktive Umtauschkontrolle aufrechterhalten. In der britischen Besatzungszone sorgte eine ob ihrer drakonischen Rigorosität gefürchtete Ermittlungs-Spezialeinheit für die Einhaltung besagter Restriktionen. Daher genoß der amerikanische ambulante Händler, der schon immer von seinem Zugang zu den begehrtesten Waren, die es auf dem Markt gab, profitiert hatte, überdies auch noch den Vorteil, in der einzigen frei konvertierbaren Währung, die zur Verfügung stand – dem Dollar – Geschäfte machen zu können.
    Bald begannen sich Berichte über amerikanische Soldaten zu häufen, die zu ›Erholung und Auffrischung‹ in die Schweiz fuhren. Bei ihrer Ankunft suchten die meisten von ihnen unverzüglich das nächste Bankinstitut auf. Man hätte das für einen ganz natürlichen Vorgang halten können, wäre alles, was diese braven Jungen taten, der Umtausch von ein paar ihrer Dollars in Franken gewesen, die sie an Ort und Stelle während ihres Urlaubs ausgeben wollten; das aber, so schien es, war beileibe nicht alles, was einige von ihnen taten; sehr viele eröffneten eigene Bankkonten. Dies war natürlich, lange bevor der bloße Besitz eines schweizerischen Bankkontos einen amerikanischen oder britischen Staatsbürger zumindest in den Augen seiner heimatlichen Steuerbeamten günstigstenfalls als strafwürdigen Steuerhinterzieher, wenn nicht gar als Mafioso und Rauschgifthändler erscheinen ließ; aber Gerüchte über Bankguthaben geflüchteter Nazis, die durch die schweizerischen Bankgeheimnis-Gesetze geschützt wurden, gingen bereits um, und ein Zeitungsbericht über einen Schwarzmarkt in Antibiotika, in den alliiertes Sanitätspersonal verwickelt war, hatte beträchtliches Aufsehen erregt. Wie stets, wenn den höheren Machtträgern nicht die Düfte der eigenen, sondern die der Korruption anderer in die Nasen steigen, folgten den Ausrufen der Empörung und des Abscheus sogleich die Geräusche des Lückenverstopfens und des Ausstampfens, des scharfen Durchgreifens und Ausbrennens.
    In der amerikanischen Zone war ein effizienter Wäschereidienst, wie Carlo ihn zu bieten vermochte, gegen Ende 1946 unerläßlich geworden. Ich behaupte nicht, daß seiner der einzige dieser Art

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