Bitte keine Rosen mehr
Rechtsanwalt, kein Anlageberater. Sie haben es für angezeigt gehalten, meine Dienste in Anspruch zu nehmen, um Ihr Geld treuhänderisch verwalten zu lassen. Ich habe es treuhänderisch verwaltet. Es ist mehr als wohlverwahrt. Sie können es, wann immer Sie wünschen, zurückbekommen, abzüglich meiner korrekten Verwaltungsgebühren, aber plus Zinseszins zu den jeweils banküblichen Sätzen, wie sie im Verlauf des relevanten Zeitraums fluktuierten. Sie haben Ihr Geld mehr als verdoppelt. Worüber beschweren Sie sich?«
Vic lehnte sich zurück, als entspanne er sich, und schoß dann einen Seitenblick auf mich ab. »Auf was für eine Art Konto, sagt ihr feinen Herrschaften, daß ihr es hinterlegt hättet?«
»Auf ein Depositenkonto.«
Er ließ wieder seinen spuckenden Laut hören. »Jetzt weiß ich, daß Sie lügen. Wenn Sie überhaupt irgend etwas für mich eröffnet hätten, dann wäre es ein Anlagekonto mit unbeschränkter Vollmacht gewesen. Nein, jetzt wollen wir doch mal Tacheles miteinander reden, was, Paulchen? Ich habe meine Hausaufgaben gemacht. Ich schätze, daß Sie und Mr. Lech in den acht Jahren, in denen Sie das Geld in den Fingern hatten, gut und gern eine glatte Million aus meinen dreiundsiebzigtausend gemacht haben. Das entspräche etwa den Kursgewinnen. Jetzt erzählen Sie mir, Sie hätten mein Geld verdoppelt plus ein paar Dollars, minus Ihre Gebühren natürlich, und fragen mich, worüber ich mich beschwere. Ist das Ihr Ernst?«
Für wen hielt er uns? Für liebe Jungen, die sich anschickten, ihm als dem Trottel des Jahres eine Pension zuzuschustern? Er hatte in der Tat einige Hausaufgaben gelöst, aber so viele, wie er glaubte, denn nun doch nicht. Dank der Nachkriegspolitik der Bank in Lugano, in deutsche Industriewerte zu investieren, hatten wir aus diesem speziellen Notgroschen tatsächlich mehr als zwei Millionen gemacht. Jetzt galt es nur noch, den Mann loszuwerden.
»Wie hätten Sie Ihr Geld gern, Mr. Vic?« fragte ich.
»Einen Barscheck auf die Chase-Manhattan in Genf? Eine Telexüberweisung auf Ihr Konto in den Vereinigten Staaten? Oder in bar?«
Er musterte uns beide eine Weile eingehend, ohne zu antworten. Carlo begann mit dem Lineal auf die Tischplatte zu klopfen.
Dann brach Vic sein Schweigen mit einem kurzen Auflachen. »Der Winkeladvokat und sein Schlepper!« sagte er.
Carlo hörte auf zu klopfen, und ich sah, daß er sehr blaß war. Seine Kenntnisse des umgangssprachlichen Englisch waren nicht gut, aber sie reichten aus, um ihn das Wort ›Winkeladvokat‹ verstehen zu lassen. Um zu verhindern, daß er etwas sagte, was er später vielleicht bedauern würde, schaltete ich mich ein.
»Überreizen Sie Ihr Blatt nicht, Vic«, sagte ich. »Wir könnten Ihnen Ihr Geld jederzeit in Form von Autoreifen zustellen lassen. Sie wollen es in bar, nehme ich an. Dollars in Hunderterscheinen?«
»Fünfziger oder Hunderter, aber ich will sie jetzt gleich.«
Carlo langte nach dem Intercomgerät und wies die Urmutter an, ihn mit der Bank zu verbinden. Das war unnötig, weil wir stets eine halbe Million Dollar in bar in einem Tresorfach verwahrten. Er wollte Zeit gewinnen; vermutlich, um zu überlegen, obschon ich nicht sogleich verstand, was es gerade zu überlegen gab. Als die Verbindung mit der Bank hergestellt war, sagte er zunächst, daß er in Kürze um Zugang zum Tresorraum bitten werde. Dann bat er den Bankangestellten, einen Augenblick zu warten, und fragte, indem er den Blick auf Vic richtete, diesen auf italienisch, ob er in Anbetracht der großen Summe Geldes, die er mit sich nehmen würde, von Bankangestellten zu seinem Hotel begleitet werden wolle.
Ich vermutete richtig, daß dies eine Testfrage war, mit der Carlo feststellen wollte, ob Vic Italienisch verstand. Als klar wurde, daß er es nicht tat, wiederholte Carlo die Frage auf englisch.
Nein, Vic benötigte keine Eskorte, vielen Dank; er konnte selber auf sich achtgeben.
Carlo verabschiedete sich von dem Bankangestellten und fuhr dann fort, mit mir Italienisch zu sprechen.
»Paul, ich will, daß die Quittung von ihm für das Geld von jemandem aus der Bank bezeugt wird. Machen Sie eine Zeremonie daraus. Und ich will insbesondere diese von mir notariell beglaubigten alten Empfangsbestätigungen zurückhaben. Ferner will ich so rasch wie möglich wissen, in welchem Hotel er abgestiegen ist. Bieten Sie ihm an, mit ihm gemeinsam ein Taxi zu nehmen, und lassen Sie ihn aussteigen. Geben Sie mir dann sofort telefonisch den Namen
Weitere Kostenlose Bücher