Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bitte keine Rosen mehr

Bitte keine Rosen mehr

Titel: Bitte keine Rosen mehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
Vom Netzwerk:
werden!«
    Ich fing an, Mitleid für Vic zu empfinden. »Das werden Sie ihm für eine Belohnung von zehn Prozent antun?«
    »Von der armseligen Belohnung werde ich keinen Cent annehmen«, sagte er voller Verachtung. »Mein Lohn wird die Befriedigung meines Empfindens für die Angemessenheit der Dinge sein. Er hat mich beleidigt. Er hat Sie beleidigt. Er wird bestraft werden, wie ein Krimineller seinesgleichen bestraft zu werden verdient – für seine Verbrechen gegen die Gesetze seines Landes.« Er saß sehr gerade in seinem Sessel und sah starr auf die Moretto-Landschaft hinter mir an der Wand. Schließlich machte er die Handbewegung des Spinnenweb-Wegwischens, mit der er Denkprozesse noch immer zu skandieren pflegte. »All dies soll mir eine Lehre gewesen sein, Paul«, fügte er hinzu.
    »Sie meinen, wenn wir ihn bei den amerikanischen Steuerbehörden verpfeifen, wird er vermutlich uns verpfeifen?«
    »Keineswegs! Welche Verbrechen haben wir begangen? Ich habe lediglich erwogen, ob es für uns nicht an der Zeit wäre, wieder einmal die Flügel zu spreizen und in eine neue Richtung zu fliegen.« Er hob die Ellenbogen seitwärts, ließ die Hände sinken und spannte die Finger dann wie Fänge, als sei er ein Raubvogel und im Begriff, seine Beute zu töten.
    »Oh?«
    »Ja. In Zukunft werden wir mit ungesetzlichem Geld keine Geschäfte mehr machen, Paul. Es ist ansteckend, es überträgt Infektionen.« Einer der Fänge zerteilte ein weiteres Spinnengewebe. »Wenn wir uns fleißig der neuen Kunst der Steuervermeidung widmen, könnten wir, meine ich, für unsere Klienten und gewisse andere Interessenten undurchlässige und unzerstörbare Schutzschilde gegen die Raffgier von Regierungen entwerfen.«
    Er fuhr fort, indem er mir bis ins einzelne schilderte, was er vorhatte.
    Ich habe eingeräumt, daß ich Carlo, nachdem er physisch von seiner Erkrankung genesen war, ein wenig beängstigend fand. Die Rache, die er an Vic genommen hatte, bloß weil der Mann töricht genug gewesen war, auszusprechen, was er dachte, beunruhigte mich nicht wenig; aber der Plan, den er mir dann zu entwickeln begann, war ganz und gar vernünftig.
    Die Idee leitete sich von seiner Überzeugung her – eine weitverbreitete Überzeugung, das weiß ich, aber eine, die in seinem Fall auf besonderer Kenntnis beruhte –, daß die sehr Reichen immer auch sehr geizig sind.
    So würde ein reicher Mann, dem man zu zeigen vermochte, wie er es vermeiden könnte, der Regierung große Summen Geldes zu zahlen, weil sie sich anmaßt, ihn und seine Unternehmen zu besteuern, bereit sein, einen viel, viel kleineren Betrag als Honorar zu zahlen.
    Zumindest würde er bereit sein, dies eine Weile zu tun. Daß er früher oder später zögern würde zu bezahlen, wie er zuvor gezögert hatte, die Steuern zu bezahlen, war unausweichlich. Am Ende würde er einen wahrscheinlich zu betrügen versuchen, genauso wie er vormals den Steuerbeamten zu betrügen versucht hatte. Deswegen trug man dieser Möglichkeit von Anfang an Rechnung, bereitete geeignete Sanktionen vor und sorgte dafür, daß, wenn oder wann auch immer die Versuche, einen zu betrügen, unternommen wurden, einfache Mechanismen selbsttätig ausgelöst wurden, die sie zum Scheitern brachten. Im Idealfall, meinte Carlo, sollte die Beziehung zu unseren Klienten eine des gegenseitigen und dauerhaften Vertrauens sein.
    Wer außer Krom hätte die atemberaubende Dreistigkeit haben können, in diesem Zusammenhang von ›internationalem Schmarotzertum‹ zu sprechen und wilde Behauptungen über ein angebliches ›Multimillionen-Dollar-Nötigungs-Unternehmen‹ aufzustellen?

6
    I
    ch bin nicht der einzige, dem Krom auf die Nerven ging. Wäre unser Aufenthalt in der Villa Esmaralda nicht so plötzlich abgebrochen worden, Connell und Henson hätten sich am Ende bestimmt mit Krom zerstritten. Offensichtlich schätzten sie seine bisherigen Arbeiten und waren deswegen bereit, ihm seine Narrheiten, einschließlich seines leicht benebelten Sich-päpstlicher-als-der-Papst-Gebärdens, ein wenig nachzusehen; sonst wären sie nicht dort gewesen; aber bereits an jenem ersten Abend, als wir noch nicht wußten, daß die Dinge ernstlich schiefgelaufen und wir in Gefahr waren, gab es Anzeichen von Gereiztheit.
    Krom hatte sich ganz entschieden dagegen verwahrt, daß Connell mir Fragen stellte; und ich hatte mit mir selber gewettet, daß ich auch noch erleben würde, wie er gleich klar darauf besteht, meine ›Papiere‹ allein anzusehen

Weitere Kostenlose Bücher