Bitte nicht füttern: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
zu Hause anrufen und sagen zu können: »Rate mal, wen ich heute in Quinn gesehen habe!«
Rory hatte sich so lange von diesem ganzen Trubel ferngehalten, dass er schon ganz vergessen hatte, wie das war.
Der Hype, der damals um Rory Trevelyan, dem Koch der Stunde, veranstaltet wurde, war ihm an sich schon unangenehm gewesen. Als dann auch noch eine Frau ins Spiel kam, die deutlich berühmter war als er, war ihm der ganze Rummel zu viel geworden und er hatte beschlossen, ab sofort so langweilig wie irgend möglich zu sein. Kein einziges interessantes Foto, nicht eine interessante Story wollte er den Medien bieten. Er konzentrierte sich ausschließlich darauf, tagein, tagaus seine Einkäufe zu erledigen, Vorbereitungen zu treffen, Essen zuzubereiten und seine Gäste zu bedienen. Das wirkte auf die Reporter-Hyänen wie eine Nulldiät und führte dazu, dass sie sich irgendwann verzogen.
Und jetzt waren sie wieder da.
Schon kurz nach Freddies Ankunft hatte Rory den ersten Paparazzo im Hof hinter den Müllcontainern entdeckt.
Ein passendes Versteck für diesen unangenehmen Zeitgenossen, den Rory und Monty einst »die Kanalratte« getauft hatten, weil er a) so aussah und b) immer wieder an den unmöglichsten Orten auftauchte.
In den letzten Wochen hatte Rory versucht, sich selbst einzureden, dass keiner von den Reportern damals wirklich so unangenehm gewesen sein konnte, wie er in Erinnerung hatte. Doch die Ratte bewies ihm das Gegenteil.
»Na, hast du mir nichts zu erzählen, Rory?«, begrüßte der Typ ihn, als er das Hoftor öffnete und ihm bedeutete, zu verschwinden.
»Was?«, entgegnete Rory barsch.
»Na, der kleine dunkle Junge, der hier wohnt ... Hattest wohl ’ne heiße Affäre mit ’ner dunklen Schönheit, was?«
Rory sackte das Herz in die Hose.
Dass die Presse in irgendeiner Weise Wind davon bekam, konnten sie nun gar nicht gebrauchen. Blitzschnell überlegte er, was nun am Schlausten sei, und beschloss dann, mit offenen Karten zu spielen und dazu ein klein wenig zu bluffen.
»Der Kleine ist mein Stiefbruder. Der Sohn der Frau meines Vaters. Die sind zu Besuch. Wenn Sie meinen, das taugt für die Titelseite, bitte schön. Hübsches Kerlchen ist er ja, und bestimmt ziemlich fotogen.«
Das schien zu funktionieren.
Die Ratte verzog enttäuscht das Gesicht, trollte sich vom Hof und schimpfte, weil sein genialer Beobachtungsposten, an den er gelangt war, indem er sich in einer leeren, aber dennoch schmutzigen Mülltonne versteckt hatte, ihm nichts weiter als ein läppisches Familientreffen beschert hatte.
Je weiter der Tag voranschritt und je mehr Banner und Logos und Kleinbusse mit Bannern und Logos und Menschen mit Bannern und Logos sich in Quinn und rund ums Cockleshell tummelten, desto mehr Pressevertreter kreuzten auf.
Viele von ihnen waren sogar eingeladen, denn am Abend sollte der Beginn der vierten Staffel der extrem erfolgreichen Promi-Koch-Serie mit einer ordentlichen Premierenparty gefeiert werden. Die versprach eine gehörige Sause zu werden, mit eimerweise Champagner und so viel Kaviar, dass im gesamten Schwarzen Meer wohl kein einziges Fischei mehr zu holen war.
Ein Detail, das Rory im Kleingedruckten des Vertrages übersehen hatte: Die Party sollte im Cockleshell stattfinden. Das begriff Rory erst, als die eigens dafür angeheuerten Caterer auftauchten und seine Küche in Beschlag nehmen wollten.
»Steht im Vertrag, Kumpel ...«, sagte Freddie jovial, als Rory ihn leicht panisch fragte, was die zwölf Leute in Kochkleidung in der Küche machten, in der er selbst Abendessen für hundert Gäste zubereiten musste.
»Aber mein Restaurant ist heute Abend komplett ausgebucht!«
»Sophie!«, schrie Freddie.
Wie aus dem Nichts tauchte die bisher nicht in Erscheinung getretene Sophie neben ihnen auf. Sophie, die Ausnahme-PA, das menschliche Äquivalent zu einem BlackBerry, das mehr Veranstaltungstermine parat hatte als Google.
»Ah, da bist du ja. Rory braucht deine Hilfe, er muss ein paar Reservierungen ändern.«
Rory biss sich auf die Zunge, zählte innerlich bis fünf und wandte sich dann mit dem schönsten Lächeln, das er unter diesen Umständen zustande brachte, an Sophie.
»Nein, Rory braucht Ihre Hilfe nicht, um ein paar Reservierungen zu ändern ... Rory braucht Ihre Hilfe, um alle diese Menschen sofort aus meinem Restaurant zu schaffen.«
»Aber ... aber ... aber ...« Freddie machte Mundbewegungen wie ein nach Luft schnappender Goldfisch.
»Ganz ruhig, Freddie ... Du
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