Bitte nicht füttern: Roman (Piper Taschenbuch) (German Edition)
Tag hätte schöner nicht sein können.
Selbst Antonio, dem es häufig nur mit gewaltsamer Unterstützung seiner Frau gelang, die Arbeit ruhen zu lassen, hatte sich ausnahmsweise entspannt und voll und ganz auf die Feierlichkeiten konzentriert. Allerdings klingelte sein Handy genau in dem Augenblick, als der Pfarrer den berühmten Satz ausgesprochen hatte »Wenn irgendjemand etwas gegen diese Verbindung einzuwenden hat, möge er nun sprechen oder für immer schweigen.«
Linda hatte auf der Zugfahrt mit den Klingeltönen seines Handys herumgespielt und »Oops I did it again« programmiert.
Die Hochzeitsgesellschaft bog sich vor Lachen.
Dann ging es mit der Trauung weiter.
Und nach der Trauung wurde wieder viel gelacht.
Die beiden Familien waren sich vorher erst ein Mal begegnet, und zwar im letzten Sommer, als Beau und Pip zusammen mit ihren beiden jüngsten Schwestern das Weingut in Spanien besucht hatte, aber da war so viel zu tun gewesen, dass sie nur wenig Zeit miteinander verbringen konnten. Heute, an diesem zwar sonnigen, aber noch kühlen Frühlingstag, saßen sie alle an den Tapeziertischen unter den wie zur Feier des Tages früh in Blüte stehenden Apfelbäumen beieinander und verstanden sich blendend.
Insbesondere Abrial, von der Beaus Schwestern vermutet hatten, dass ihr für ihren einzigen Sohn keine Frau der Welt gut genug sein würde, freute sich riesig über die neue Verwandtschaft und war fast genauso verliebt in ihre neue Schwiegertochter wie ihr Sohn.
»Du siehst sensationell aus!«, raunte sie Pip zu, die gerade ein paar Weinflaschen auf einem der Tische abstellte, um ihren Freunden nicht die ganze Arbeit zu überlassen.
»Danke«, sagte sie lachend, während ein paar Apfelblütenblätter wie Konfetti auf sie herabrieselten. »Mit sensationell spielst du sicher auf die hier an, oder?« Grinsend hob sie einen im Gummistiefel steckenden Fuß an. »Wir haben so ein Glück mit dem Wetter! Bis gestern war ich mir sicher, dass wir Gummistiefel und Regenmäntel tragen müssten. Aber gut, das Risiko geht man eben ein, wenn man zu dieser Jahreszeit unter freiem Himmel heiratet!«
Abrial nickte.
»Hat ja alles hingehauen, meine Liebe. Aber was ich immer noch nicht verstehe, ist, wieso ihr ausgerechnet am ersten April heiraten wolltet?«
Pip zuckte die Achseln. »Ganz einfach: Wir wollten nicht lange warten und – wen wundert’s? – heute hatte der Pfarrer noch alle Termine frei. Außerdem sind wir doch ohnehin komplett übergeschnappt, weil wir dieses Weingut hier aufbauen wollen, und darum fanden wir ein so schräges Datum wie den ersten April als Hochzeitstag eigentlich ziemlich passend.«
»Aber das Weingut läuft doch gut, oder?«, schaltete Antonio sich sofort ein.
»Na ja, wir hatten gewisse Startschwierigkeiten.« Pip zuckte die Achseln und lächelte beim Gedanken an den Abend vor wenigen Wochen, als es ganz so aussah, als würde ein Großteil ihrer harten Arbeit wie Dorothy von einem Wirbelsturm erfasst und in ein fernes Wunderland transportiert. Den Abend, an dem Beau ihr inmitten des Chaos den Heiratsantrag machte. »Aber wir geben uns wirklich alle Mühe, es wird schon klappen.«
»Vielleicht sollte ich mir das mal ansehen ...«, schlug der Patriarch vor, doch Abrial hielt ihn zurück, indem sie die Hand auf seinen Arm legte.
»Antonio! Heute ist Hochzeit! Am Hochzeitstag redet man nicht von der Arbeit!«
»Aber die Reben sind doch keine Arbeit, Abrial, das weißt du genauso gut wie ich! Die Reben sind eine Lebenseinstellung! Man muss die Pflanzen täglich pflegen, ganz gleich, was sonst noch ansteht! Und wenn es eine Hochzeit ist. Und wenn es eine ganz besondere Hochzeit ist. Und wenn es die Hochzeit eines frischgebackenen Meisterwinzers ist!« Sein Strahlen verriet, wie stolz er auf diese Leistung seines Sohnes war. »Komm her, Balthazar!«, rief er Beau zu, der genau wie seine Frau die Gäste mit Wein bewirtete. »Zeig mir dein Weingut, lass deinen Vater mal sehen, ob du weißt, was du da tust ...«
Doch Beau lachte nur und nahm Pips Hand.
»Mutter hat ganz recht, wir würden dir das Gut und die Gärten sehr gerne zeigen und uns auch deinen Rat anhören, aber ganz bestimmt nicht heute! Der einzige Wein, der mich jetzt interessiert, ist der, den ich euch einschenke, damit wir auf meine wunderschöne Frau anstoßen können.«
Und damit füllte er das Glas seines Vaters, schnappte sich Lindas leeres Glas und schlug mit einem Messer dagegen, bis er die Aufmerksamkeit aller
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