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der Sprache große Mühe gebe.
Sperr/Weiler Dasselbe gilt für passende Namen. Wie kommt man auf gute Namen?
Loriot Komik im Verhalten von Menschen entwickelt sich aus Normalität. Heitere Phantasienamen schieben die Situation auf eine ganz andere, unwirkliche Ebene. Der große humoristische Stilist Thomas Mann machte mich immer etwas ratlos mit den Herren Kuckuck, Peperkorn und Grünlich.
Sperr/Weiler Wenn also der Regisseur in Ihrem Das ist Ihr Leben -Sketch nicht Ted Braun, sondern Albert Kuckuck hieße, wäre die Szene nicht so komisch?
Loriot Es hätte die Sache erwürgt.
Sperr/Weiler : Wir sprechen also von vollkommen normalen Namen, über die plötzlich jeder lacht: Herr Striebel, Herr Moosbach, Herr Vogel beim Skatspielen. Herr Müller-Lüdenscheidt, Herr Dr. Klöbner, Herr Lohse in Pappa ante portas .
Loriot Diese Namen sind von solidem bürgerlichen Klang und sorgen für die Glaubwürdigkeit der Geschichte.
Sperr/Weiler Wussten Sie, dass es in Köln ein Lokal gibt, das nach Herrn Hallmackenreuther benannt ist?
Loriot Ach nee. Und was gibt es da?
Sperr/Weiler Man kann gut frühstücken. Wie viel Zeit nehmen Sie sich für Namen?
Loriot Mehr, als mir lieb ist. Eine Idee für einen Sketch kommt schneller als die Namen der Personen, die darin auftreten.
Sperr/Weiler In dem Film Die Sunny-Boys nach dem Bühnenstück von Neil Simon sagt Walter Matthau zu seinem Neffen auf die Frage, welche Worte komisch sind: »Worte mit ›P‹ sind komisch, Worte mit ›K‹ sind komisch. ›Pickel‹ sind komisch. Nicht wenn man sie hat, aber wenn man sie sagt.« Haben Sie nach solchen Regeln gearbeitet?
Loriot Mit Pickeln nicht.
Sperr/Weiler Die von Ihnen gespielten Figuren sprechen das »S« manchmal so merkwürdig.
Loriot Weil ich einen »S«-Fehler habe.
Sperr/Weiler Verzeihung.
Loriot Bitte. Ich teile dieses Schicksal mit den meisten Berlinern.
Sperr/Weiler Wie beobachten Sie den Wandel der Sprache? Sind Sie in Sorge?
Loriot Die Anglisierung unserer Sprache steigert sich allmählich in eine monströse Lächerlichkeit. Deutsch wird uncool. Gleichzeitig blamieren wir uns mit Worthülsen wie »Ich erwarte mir« oder »Ich gehe davon aus«.
Sperr/Weiler Leiden Sie darunter?
Loriot Ziemlich. Ich wollte einmal einen Brief in einen Kasten werfen, auf dem stand, dass er um zehn Uhr dreißig geleert werde. Er war aber schon geleert, und es war erst zehn. Als ich am nächsten Tage den Postbeamten um eine Erklärung bat, sagte er: »Ich bin davon ausgegangen, dass keiner mehr kommt.«
Sperr/Weiler Manche Ihrer Szenen haben mehrere Ebenen der Komik. Der Herr mit der Nudel ist ja nicht nur wegen der Nudel komisch ...
Loriot Es liegt wohl auch an der schockähnlichen Sprachlosigkeit der Partnerin. Der penetrante Liebhaber wird ebenso durch sie wie durch die Nudel dekuvriert.
Sperr/Weiler Stimmt der Satz: »Die Hölle sind immer die anderen«?
Loriot Na ja, manchmal ist man sich auch selbst der Deibel ...
Sperr/Weiler Sie hatten viel Glück in der Auswahl Ihrer Schauspieler.
Loriot Evelyn Hamann ist wirklich wunderbar, auch Ingeborg Heydorn.
Sperr/Weiler Oder Heinz Meier, der Mann mit dem Schnurrbart. Er ist immer entweder schlecht gelaunt oder das perfekte Opfer.
Loriot Ein großartiger Schauspieler. Diese Genervtheit im Skat-Sketch und das Hilflose des Lottogewinners kann niemand so spielen wie er.
Sperr/Weiler Es wurde sicher viel gelacht beim Drehen.
Loriot Nein, gar nicht.
Sperr/Weiler Das glauben wir Ihnen nicht.
Loriot Ist aber so. Wenn die Kamera läuft, ist jeder im Team mit seiner Arbeit und sich selbst beschäftigt. Außerdem drehten wir jeden Take durchschnittlich 15-mal. Lachen ist da eher hinderlich.
Sperr/Weiler Verliert man dabei nicht die Sicherheit, dass die Szene auch wirklich komisch ist?
Loriot Eine tragische Szene zu drehen ist jedenfalls einfacher. Komik funktioniert nur bei perfektem Timing und exaktem Rhythmus. Die Entscheidung, ob etwas komisch ist oder nicht, ist in den Monaten vorher am Schreibtisch gefallen. Wenn einem beim Drehen Zweifel kommen, ist man erledigt. Und wenn man nach Abschluss der Dreharbeiten am Schneidetisch einen unabänderlichen Fehler entdeckt, möchte man aus dem Leben scheiden.
Sperr/Weiler Wie oft haben Sie den Sketch mit dem schiefen Bild gedreht, bis er perfekt war?
Loriot Das war extrem schwierig. Wir mussten die Sache beim ersten Mal im Kasten haben, weil wir keine Zeit hatten, das ruinierte Zimmer ein zweites Mal aufzubauen. Tatsächlich haben
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