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Bitte Zweimal Wolke 7

Bitte Zweimal Wolke 7

Titel: Bitte Zweimal Wolke 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Wilke
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hat?
    »Wollen wir uns nicht irgendwo setzen?« Unschlüssig sieht er sich in meinem Zimmer um.
    »Äh, ja klar.« Ich lasse mich aufs Bett sinken und schaue meinen Nachhilfelehrer gespannt an.
    »Du willst hier auf dem Bett Latein lernen?« Begeistert stelle ich fest, dass auch Alex verlegen werden kann.
    Nein, ich will nicht auf dem Bett Latein lernen. Eigentlich will ich was ganz anderes lernen, zwar auf dem Bett, aber nicht mit Harry Potter. Schnell stehe ich wieder auf.
    »Wie wäre es mit dem Küchentisch? Wir sind sowieso allein in der Wohnung.«
    »Küchentisch ist eine sehr gute Idee.« Mein Nachhilfelehrer schafft es nicht, seine Erleichterung zu verbergen.
    »Okay, dann auf dem Küchentisch.« Ich springe auf, greife mir einen Block, ein paar Stifte und mein Lateinbuch und kann mir ein Grinsen nicht verkneifen, als ich sehe, dass Alex tatsächlich rot geworden ist.
    »Ich schlage vor, wir fangen wirklich bei null an und wiederholen die komplette Grammatik.« Alex hat sich wieder gefasst und greift nach einem Zettel und einem Stift.
    Ich nicke zustimmend und schiele dabei auf die Küchenuhr. Hoffentlich ruft Kim bald an und erlöst mich.
    »Ist das hier wichtig?«
    »Sehr wichtig!« Ich entreiße Alex den Zettel, auf den ich die Chatadresse gekritzelt habe, die Kim mir gegeben hatte. Dort hat sie diesen Dragonheart kennengelernt, virtuell, obwohl er angeblich auch in Hamburg lebt, haben sie sich noch nicht getroffen. Was vielleicht ganz gut ist, wer weiß, was das für ein Kerl ist.
    »Hallo?«
    Ich schrecke hoch, weil Alex mir mit seinem Kugelschreiber vor der Nase herumfuchtelt.
    »Hast du mir überhaupt zugehört?« Wieder diese hochgezogene Augenbraue.
    Wie macht er das nur? Ich will das auch können. Ich runzele die Stirn, verdrehe die Augen und bemühe mich sehr, mich nur auf die rechte Gesichtshälfte und hier ausschließlich auf den Gesichtsmuskel über der rechten Augenbraue zu konzentrieren. Aber irgendwie fühlt es sich nicht richtig an.Noch mal von vorn. Auf die rechte Augenbraue konzentrieren …
    »Alles in Ordnung mit dir?« Besorgt schaut Alex mich an. Sofort geht meine Konzentration flöten und genervt schließe ich die Augen.
    »Ja, alles in Ordnung. Warum?«
    »Na ja, ich habe dich eigentlich nur nach dem Genitiv singular von dominus gefragt, aber du verdrehst die Augen, als hätte ich dich gebeten, Horaz zu übersetzen.«
    »Genitiv?« Ich greife nach dem Kugelschreiber und betrachte ihn nachdenklich. »Singular, ja? Du sagtest Singular, oder?« Ich muss irgendwie Zeit gewinnen, damit ich in Ruhe herausfinden kann, was Alex von mir will. Er muss ja nicht gleich merken, dass ich ihm überhaupt nicht zugehört habe.
    »Ich glaube, du hast mir eben überhaupt nicht zugehört«, fällt Alex sein vernichtendes Urteil. »So hat das keinen Sinn.« Energisch schiebt er die Blätter auf dem Küchentisch zusammen. »Ich hätte das Geld gut gebrauchen können, aber jemandem Nachhilfe zu geben, der nicht zuhört, halte ich für ziemliche Zeitverschwendung. Richte das bitte deinem Vater aus. Schönen Tag noch.«
    Mit offenem Mund starre ich Alex an. Spinnt der? Und überhaupt, wie redet der mit mir? Das muss ich mir nicht gefallen lassen. Soll er doch abhauen. Als Alex aufsteht, erhebe ich mich ebenfalls. Dumm nur, dass ich nicht weiß, was ich jetzt meinem Vater sagen soll, wenn er mich nach der Nachhilfe fragt. Und noch dümmer, dass mein Vater dannmeinen Tauchkurs bei Stefan streichen wird. Stefan. Nein, das geht gar nicht.
    »Alex, warte!« Beherzt greife ich nach seinem Arm. »Es tut mir leid.« Wenn ich nur halb so zerknirscht aussehe, wie ich mich fühle, wird er weich werden.
    Eine Stunde später falle ich auf mein Bett.
    Ich gehe jede Wette ein, dass ich heute Nacht von sämtlichen Deklinationen des Römischen Reiches träumen werde. So habe ich mir meine Sommerferien definitiv nicht vorgestellt. Wenn wenigstens Kim Zeit hätte.
    Aber sonntags hat Kim nie Zeit. Da muss sie aushelfen im Restaurant ihrer Eltern. Die haben ein vietnamesisches Lokal direkt an der Alster, eine Superlage also, und sonntags ist dort die Hölle los.
    Nur, was mache ich jetzt mit meinem angefangenen Tag? Papa ist mit Anna unterwegs und wird erst gegen Abend zurück sein und die Strandgruppe von gestern schläft heute vermutlich ihren Rausch aus.
    Ich müsste mir einen Badeanzug kaufen – dringend – schließlich fängt am Dienstag schon Stefans Tauchkurs an, aber auch das fällt heute natürlich aus. Stefan. Wie es

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