Bitter Love
Georgia. Sie presste die Lippen aufeinander, anscheinend musste sie sich anstrengen, um nicht laut loszulachen. Sie streckte die Hand aus und zog mir die Kappe vom Kopf, die ich nach der Arbeit einfach aufgelassen hatte. Dann zog sie mein Haargummi heraus, sodass mir die Haare in Wellen über die Schultern fielen. Vorsichtig wuschelte sie mit den Fingern darin herum und zupfte sie zurecht. Schließlich trat sie einen Schritt zurück, begutachtete das Ergebnis und schnüffelte an mir. »Na ja, auch wenn du immer noch nach Kartoffelsuppe riechst – hübsch siehst du jedenfalls aus.«
Ich grinste. Wenn Georgia mich so liebevoll umsorgte wie jetzt, stellte ich mir manchmal vor, dass eine Mutter genauso mit mir umgehen würde. Oft wusste Georgia instinktiv, was sie sagen und tun musste. Allerdings war mir nicht klar, ob mein Schmerz, keine Mutter zu haben, durch ihre Fürsorge gelindert wurde oder ob sie ihn schlimmer machte.
»Okay. Komm jetzt«, sagte ich, griff mit beiden Händen nach Bethanys Arm und zerrte sie zur Tür. »Wir gehen einfach nur an ihnen vorbei und sagen lässig Hallo.«
»Wie du willst, Miss Ich-bin-nicht-verliebt«, antwortete sie und warf ihren Becher schwungvoll in den Mülleimer.
Drinnen war es mindestens fünfzehn Grad kälter als draußen auf der Terrasse und ich bekam sofort Gänsehaut, kurz klapperten mir sogar die Zähne.
Bethany und ich stürmten zwischen den Tischen durch, als wäre es uns völlig egal, wer hier saß. Ich hasste es, wenn Typen aus der Schule während meiner Arbeitszeit hier im Lokal aufkreuzten. In der altmodisch geschnittenen dunkelblauen Hose und dem Polohemd, das wir vorschriftsmäßig in den Bund zu stecken hatten, kam ich mir lächerlich vor.
Also senkte ich den Kopf und lief stur geradeaus. Bethany zog ich an der Hand hinter mir her. Auf einmal stoppte sie abrupt und drehte sich um, also musste ich auch stehen bleiben.
»He, dich kenn ich doch«, sagte sie, und noch bevor ich ihn sah, wusste ich genau, mit wem sie da sprach. Sonnenklar, ich würde Bethany umbringen, mir blieb gar nichts anderes übrig. Und tatsächlich sagte sie: »Du bist doch der Neue in meinem Sozialkundekurs. Cole, stimmt’s? Alex hat gerade über dich geredet.«
»Hi«, sagte ich mit einem verlegenen Winken und überlegte, mit welchen Gemeinheiten ich mich wohl am besten an Bethany rächen könnte. Einen prächtigen alten Baum umsägen? Meine Plastikflaschen nicht recyclen? Oder Zack weismachen, sie wäre heiß auf ihn?
»Hey, Alex«, sagte er und schluckte einen Bissen Bagel hinunter. »Bist du gerade mit der Arbeit fertig?«
Ich beäugte meine Klamotten. »Nein, ich trag das Zeug bloß, weil ich Omahosen aus Polyester wahnsinnig cool finde.«
Mein Witzchen ging gründlich daneben, keiner lachte. Aber Cole lächelte immerhin, wobei sich wieder dieses süße Grübchen bildete. Dass meine Bemerkung bei ihm halbwegs gut angekommen war, tröstete mich ein bisschen.
»Leute, ich muss los«, sagte Steve zu niemand Bestimmtem und zerknüllte die Verpackung von seinem Sandwich. Da erhoben sich auch die anderen, rückten ihre Stühle zurück und packten mit viel Getöse ihre Sachen zusammen.
»Ja, wir auch«, sagte ich und zog Bethany am Arm. »Wir sehen uns morgen im Lernlabor.«
»Klar. Ich bin da.«
»Super«, sagte ich. Dann drehte ich mich um und sprintete zum Ausgang, bevor sich alle Jungs auf einmal durch die Tür drängelten.
Draußen packte ich Bethany an der Schulter. »So, Cowboy Ugly, welche Strafe willst du?«
Sie verdrehte die Augen und schüttelte mich ab. »Also ehrlich. Euch beiden zuzugucken war schon Strafe genug. Zwei Leute, die so tun, als würden ihnen nicht gleich die Augen ausfallen vor lauter Verzückung. Echt schlimm.«
Wider Willen musste ich grinsen. Vielleicht hatte sie recht. Auch ich hatte das Gefühl, dass Cole mich in letzter Zeit anders anschaute.
Auf einmal konnte ich kaum abwarten, bis es endlich Montag wurde.
Kapitel 4
Vor der letzten Schulstunde stand Celia an meinem Schließfach und wartete zusammen mit Bethany und Zack auf mich. Ich atmete tief durch. Mir war immer klar gewesen, dass es hart werden würde dieses Jahr. Neuerdings ging nämlich auch meine kleine Schwester auf die Highschool. Ich will nichts Böses sagen über Celia und habe sie natürlich lieb, aber sie ist nun mal furchtbar anstrengend. Wenn es Pokale gäbe fürs Laut-und-peinlich-sein oder fürs Sich-daneben-benehmen, hätte Celia zu Hause einen ganzen Schrank voller
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