Bitter Love
Ich schob die Arme in die Jackenärmel und betrachtete die Abzeichen.
»Du warst in Pine Gate also auch in der Footballmannschaft?«, fragte ich ihn.
Er nickte und schob dabei ein Blatt auf seinem Oberschenkel herum. »Ja. Und im Baseballteam war ich auch. Ich mach so ziemlich jeden Sport. Ich hab mit sechs angefangen zu trainieren.«
»Mit sechs? Wow, du musst ja irre fit sein.«
Er zuckte mit den Schultern und schubste das Blatt auf die Erde. »Na ja, wohl schon irgendwie. Aber ich hab’s satt. Eigentlich will ich nicht mehr spielen.«
»Warum lässt du’s dann nicht? Zwingt dich ja keiner, dich fürs Schulteam zu bewerben.«
Er stieß ein bellendes Lachen aus, sprang vom Tisch und begann, seine Beine zu strecken und zu beugen. Die Seite meines Körpers, auf der er gesessen hatte, fühlte sich leer und kühl an.
»Zum Glück komme ich durch den Umzug um das Footballteam herum. Aber wenn ich Basketball auch streiche, bringt mich mein Dad um.«
»Wieso?«, fragte ich. »Ist doch dein Leben. Wenn du keine Lust hast, kann er dich nicht dazu zwingen.« Ich überlegte, wie es sein mochte, Eltern zu haben, denen so viel an einem lag, dass sie sogar versuchten, einen zu etwas zu zwingen, was man nicht wollte. Fände ich das schrecklich? Oder würde mir so viel Beachtung guttun?
Cole trat ein paarmal gegen den Tisch, aber plötzlich hellte sich seine Miene wieder auf. »Hey, wart mal«, sagte er. Er lief vom Unterstand rüber zu seinem Auto und kramte hinter dem Fahrersitz herum. Kurz darauf kam er im Laufschritt wieder zurück, mit einem abgegriffenen Football in der Hand. »Schnell!«, rief er und warf ihn mir zu. Ich fing ihn gerade noch auf. »Komm, ich zeig dir, wie das geht«, sagte er, schnappte meine freie Hand und zog mich vom Tisch.
Ich musste kichern. »Ich kann nicht Football spielen«, sagte ich, während ich hinter ihm her durchs Gras stolperte.
»Klar kannst du das«, meinte er. »Guck mal.« Er nahm mich bei den Schultern und stellte mich so hin, dass ich ihm den Rücken zuwandte. »Okay, bei drei schleuderst du ihn nach hinten zu mir und dann rennst du wie der Teufel in die andere Richtung. Die Gegend hinter der Wasserpumpe ist die Endzone, also schau dich um, kurz bevor du zur Pumpe kommst. Ich werf ihn dir dann wieder zu für den Touchdown.«
Ich lachte und schüttelte den Kopf. »Das krieg ich nie im Leben hin.«
Er drückte meine Schultern Richtung Boden, in die richtige Position für die Ballübergabe nach hinten. »Klar schaffst du das. Mach’s einfach.«
Ich beugte mich vor. Cole rief mir irgendwelche ausgedachten Strategiekommandos zu: »Siebenunddreißig … zweiundneunzig … drei!«
Ich schaute nicht mal zurück, sondern warf bloß den Ball zwischen den Beinen nach hinten und raste über die Wiese, dabei lachte ich die ganze Zeit. Die Luft, die mir eben noch kalt vorgekommen war, strich mir jetzt angenehm über die Haut und gab mir jede Menge Energie. An der Wasserpumpe angekommen, schaute ich zurück. Cole nahm den Arm nach hinten und schleuderte den Ball in meine Richtung.
Im Dunkeln war der Ball schwer zu erkennen, und während ich in den Himmel spähte, geriet ich ins Stolpern. Blitzschnell war er da, flog direkt auf meine Brust zu. Ich streckte beide Arme aus, schloss für einen Moment sogar die Augen und fing den Ball wie durch ein Wunder tatsächlich auf.
Ich jubelte und hielt kurz inne, bis mir klar wurde,dass ich ja im Ballbesitz war. Also drehte ich mich um und rannte an der Wasserpumpe vorbei. »Touchdown!«, schrie ich und führte einen idiotischen kleinen Tanz auf, wirbelte den Ball um seine Achse, streckte die Finger in die Höhe und wackelte mit den Hüften.
Cole konnte nicht mehr gerade stehen vor lauter Lachen. »Wirf ihn zurück«, schrie er.
Ich holte aus und schmetterte den Ball so fest ich konnte in Coles Richtung, wobei ich versuchte, es genau so zu machen, wie es uns unser früherer Sportlehrer erklärt hatte: Finger auf die Verschnürung, aus dem Handgelenk heraus werfen. Der Ball flog beinahe an Cole vorbei. Er musste hochspringen, um ihn zu fangen, es sah fast aus, als würde er ein Glühwürmchen aus dem Nachthimmel fischen.
»Hey!«, rief er mit leuchtenden Augen. »Sie sieht toll aus, schreibt Gedichte und kann auch noch Football spielen. Was will man mehr?«
Ich warf die Haare zurück. »Wart ab, bis du einen Tackle mitkriegst, da bin ich Profi«, sagte ich zum Spaß und warf mich in eine wüste Sumo-Ringer-Pose.
»Ach ja?«, fragte
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