Bitter Love
seufzte, tupfte sich die Augen und sagte: »Wie wär’s mit ’ner heißen Schokolade?«
Sie wartete meine Antwort gar nicht erst ab, sondern drängte sich an mir vorbei durch die Bürotür nach vorne, wo sie für uns zwei Becher mit Schokolade füllte und sie durchs Lokal nach draußen auf die leere Terrasse trug.
»Ich mach mal kurz Pause«, rief sie Clay, der neuen Aushilfe, noch zu, bevor sie die Tür hinter uns zufallen ließ.
Langsam wurde es dunkel. Die Außenlichter waren schon an und Motten flatterten wild um sie herum. Immer wieder stießen sie gegen die Leuchtkörper, als wären sie davon überzeugt, eben doch zum Licht durchdringen zu können, wenn sie es nur energisch genug versuchten und die richtige Stelle erwischten.
Inzwischen war es abends richtig kalt und ich wünschte mir, ich hätte ein Kapuzenshirt dabei. Der Wind pfiff so durch mein Polohemd, dass ich schon im Stehen zitterte.
Georgia stellte die Becher auf einen Tisch und rückte einen Stuhl heran – genau den, auf dem Bethany gesessen hatte an dem Tag, als Cole hier aufgekreuzt war. Sie wischte mit der Hand ein paar welke Blätter von der Sitzfläche, dann ging sie auf die andere Seite vom Tisch, machte einen zweiten Stuhl sauber und setzte sich.
»Herrje, der Winter kommt schneller, als wir’s fassen können«, sagte sie, nahm ihren Becher und blies hinein. Ich glaubte, Dampfschwaden aufsteigen zu sehen, aber das lag wohl nur daran, dass ich so fror und mir darum einbildete, es sei viel kälter, als es in Wirklichkeit war.
»Man könnte meinen, er wär schon da«, sagte ich, ließ mich in den Stuhl sinken und umfasste den warmen Becher mit beiden Händen. »Danke für die heiße Schokolade.«
Sie winkte ab. »Lily liebt den Winter«, sagte sie und blickte auf die Straße, wo an der Ampel eine lange Schlange von Autos wartete, mit grellen Scheinwerfern und dunklen Fenstern. »Aber es ist so ein verdammtes Gezerre, sie im Rollstuhl durch Schnee und Eis zu karren. Darauf bin ich noch nicht eingestellt.«
»Wie geht’s Lily in der Schule?«, fragte ich.
Georgia lächelte. »Sie findet es super. Hat auch eine tolle Lehrerin. Echt gut, die Frau.« Sie schwieg einen Moment und trank einen Schluck Schokolade. Ich machtees ihr nach und nahm auch einen Schluck, der mich sofort wärmte. Das Zittern ließ immerhin ein bisschen nach, darum trank ich gleich noch einen Schluck.
»Ein Gutes hat der Winter aber auch«, meinte Georgia schließlich. »Man kann unter den weiten, dicken Klamotten allerhand verbergen.«
Ich erstarrte und sah sie über den Becherrand hinweg an. Ihr Blick klebte immer noch am dichten Verkehr auf der Straße, ihr Zeigefinger umklammerte den Griff des Bechers.
Ohne nachzudenken stellte ich meine heiße Schokolade ab und ließ die Hände in den Schoß sinken. »Stimmt.« Meine Stimme klang leise und unsicher.
Endlich löste sie sich aus ihrer Verkehrslichter-Trance und lehnte sich im Stuhl zurück. »Wenn ich einen Rollkragenpulli anhabe, sieht keiner meinen furchtbaren Truthahnhals.«
Ich kicherte. »Du hast doch keinen Truthahnhals«, widersprach ich, obwohl mir in dem Moment, in dem sie es sagte, auffiel, dass sie eben doch einen hatte.
»Wart’s nur ab, Mädel. Jetzt bist du eine Schönheit, doch irgendwann wirst du vierzig und dann dauert’s nicht mehr lange, bis du Federn kriegst und dich an Thanksgiving hinter der Couch versteckst.«
Wir lachten und ich nippte wieder an meiner heißen Schokolade, während ich mir Georgia mit einem dicken Federbusch am Hintern vorstellte.
»Aber pass auf«, unterbrach sie meine Gedanken in plötzlichem Ernst, »dass du nicht Sachen versteckst, die ans Licht gehören.«
Das Gekicher blieb mir im Hals stecken, an seineStelle trat ein Kloß, der so gewaltig war, dass ich das Gefühl hatte, Georgia müsste ihn sehen können.
»Ich weiß nicht, wie …«, sagte ich mit gepresster Stimme. »Was denn zum Beispiel?«
Sie beugte sich vor und nahm meine Hand, die ich gedankenverloren auf die Tischplatte gelegt hatte. Im Dunkeln wirkte das Gelenk unter der Schminke nicht weiter schlimm. Es sah aus wie ein ganz normales Handgelenk, und hätte Georgia nicht so einen feuchten, fragenden Blick gehabt, hätte ich vielleicht alles abgestritten. Stattdessen schluckte ich nur.
»Tut er dir weh?«, fragte sie leise und eindringlich.
Wieder hatte ich das Gefühl, dass dies meine Chance war, doch jemandem anzuvertrauen, was zwischen Cole und mir passiert war. Endlich würde ich
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