Bitter Love
entlangwandern. An den Fingern machte er Halt und zog meine Hände näher zu sich heran, dann drehte er sie um und betrachtete meine Handgelenke. Nach einer Weile ließ er die unverletzte Hand los und strich mit dem Zeigefinger sacht über die andere. Er hob sie an seine Lippen und küsste sie, ganz zart und vorsichtig, einmal, zweimal und noch ein drittes Mal.
»Meine Emily Dickinson«, flüsterte er, und als er sein Gesicht wieder meinem zuwandte, lag ein Ausdruck von Reue darin, genau wie an dem Abend am See. »Es tut mir so leid«, sagte er. »Ach, Alex, es tut mir ganz furchtbar leid.«
Ich zog meine Arme weg und machte einen Schritt zurück. »Das sollte es auch«, sagte ich mit wackliger Stimme. »Du hast mir unterstellt, ich würde dich betrügen. Und du hast mich nicht mal was dazu sagen lassen.«
Er streckte wieder die Arme nach mir aus, aber ich bewegte mich noch ein Stück zurück. Ich wollte ihmklar und deutlich zeigen, wie ich mich fühlte nach dem, was zwischen uns passiert war. »Es tut mir leid«, wiederholte er. »Ich hätte … du hast ja recht … es ist nur … Herrgott!« Er wandte sich ab und trat gegen die Wand, die Hände tief in den Taschen seiner Jeans vergraben. »Das liegt alles an meinen Eltern. Brenda hat’s mal wieder hingekriegt, im Krankenhaus zu landen. Und mein Dad … echt, für den gibt’s anscheinend nichts Wichtigeres auf der Welt als Basketball. Und dann das mit dir – du hast mir doch versprochen, dass dieser Zack dich nicht mehr anfasst. Ich bin … ich halt’s einfach nicht aus, Alex.« Er taumelte mir entgegen, schnappte mich an den Armen und zog mich zu sich. Ich spürte, wie frustriert er war – sein Körper war total angespannt. Er umschlang mich und vergrub sein Gesicht an meinem Hals. »Du verstehst das«, sagte er. Sein Atem in meinem Nacken bereitete mir Gänsehaut. »Ich weiß, dass du mich verstehst. Du bist die Einzige, die das tut. Bitte vergib mir, Alex. Bitte! Ich weiß nicht, was ich ohne dich tun soll.«
Mir liefen Tränen übers Gesicht – Tränen der Erleichterung, der Trauer und des Verstehens. Wir schmiegten uns so dicht aneinander, dass auch sein Gesicht feucht wurde. »Ich werde dir niemals mehr wehtun, das schwöre ich dir«, sagte er in mein Haar hinein. Und dann drückte er mich sanft mit dem Rücken gegen das Auto und küsste mich, wie ich noch nie geküsst worden war. Seine Hände fuhren über meinen Körper, überallhin, als müsste er sich vergewissern, dass alles noch da war, vollständig und heil.
Nach einer Weile löste er sich von mir. Er fuhr sichmit den Händen durch die Haare und über sein Gesicht, das mit Spuren meiner Wimperntusche verschmiert war. Mit dem Daumen wischte er mir die restlichen Tränen von den Wangen, und zwar so zart, dass ich die Berührung kaum auf der Haut spürte.
»Ich werde dir niemals mehr wehtun«, flüsterte er wieder. Und ich glaubte ihm.
Ich sagte mir, dass nichts weiter passiert war. Ich würde dafür sorgen, dass alles wieder gut würde zwischen uns. Wir würden es schaffen.
Zum Glück war ich weggerannt, bevor ich Georgia die Wahrheit erzählen konnte. Ich würde niemandem etwas davon sagen. Was passiert war, bliebe für immer unser Geheimnis. Nur er und ich wussten davon. Noch ein Grund mehr, warum wir zusammenbleiben mussten. Wir hatten so viel gemeinsam. Das hier gehörte ab jetzt eben zu den Dingen, die nur wir beide miteinander teilten.
Ich spürte, wie ich mich entspannte, während er mich so fest umarmte, als hinge sein Leben davon ab, mit mir flüsterte und mich immer wieder sanft auf die feinen Härchen in meinem Nacken küsste.
Eine Stunde später – meine Lippen waren wund vom vielen Küssen und meine Augen müde vom Weinen – war ich mir absolut sicher, dass es richtig gewesen war, mein Geheimnis für mich zu behalten. Cole hatte nichts und niemanden außer mir. Ich verstand ihn. Und wir würden das hier zusammen durchstehen. Nun hatte ich überhaupt kein schlechtes Gewissen mehr wegen Georgia, die ich alleine auf der Terrasse hatte sitzen lassen.
Allerdings hätte ich nicht im Traum damit gerechnet, dass sie, als ich Stunden später nach Hause fuhr, immer noch dort sitzen würde, den Blick starr auf den Wagen von Cole gerichtet, der mir hinterherfuhr.
Kapitel 25
Als Bethany auf mich zugehüpft kam, hatte ich den Becher Kaffee in der Hand, den mir Cole morgens für die Fahrt zur Schule mitgebracht hatte, und hätte ihn beinahe
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