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Bitter Süsse Tode

Titel: Bitter Süsse Tode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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entkommen. Aber nicht einmal das Grab war eine ausreichende Zuflucht. Bis zu diesem Abend hätte ich behauptet, dass kein Animator einen Toten für solch einen Zweck erwecken würde. Manchmal ist die Welt zu schlimm, als dass ich sie so genau kennen will.
    Ich musste dem Zombie die Hände vom Gesicht ziehen, dann sein Gesicht zu mir hindrehen, damit er mich ansah. Ein Blick genügte. Seine Augen waren so dunkel, so unglaublich geweitet, so voller Angst. Ein dünner Speichelfaden sickerte ihm aus dem Mund.
    Ich schüttelte den Kopf und stand auf. »Sie haben ihn gebrochen.«
    »Verdammt richtig. Ich lasse mich von keinem verdammten Zombie zum Narren halten. Er wird die Fragen beantworten.«
    Ich fuhr zu ihm herum und starrte in seine wütenden Augen. »Begreifen Sie nicht? Sie haben seinen Verstand gebrochen.«
    »Zombies haben keinen Verstand.«
    »Stimmt, den haben sie nicht. Was sie haben und zwar für sehr kurze Zeit, ist die Erinnerung daran, was sie gewesen sind. Wenn man sie gut behandelt, können sie ihre Persönlichkeit für vielleicht eine Woche oder ein bisschen weniger bewahren, aber dieser...« Ich zeigte auf den Zombie, dann sprach ich zu Nikolaos. »Schlechte Behandlung beschleunigt den Prozess. Ein Schock zerstört sie.«
    »Was sagen Sie da, Animator?«
    »Dieser Sadist« - ich stieß mit dem Daumen in Zacharys Richtung - »hat den Verstand des Zombies vernichtet. Er wird keine Fragen mehr beantworten. Niemandem und nie mehr.«
    Nikolaos verwandelte sich in ein bleiches Unwetter. Ihre Augen wurden glasig. Ihre Worte füllten den Raum mit einem sachten Brennen. »Du arroganter...« Ein Beben durchlief ihren Körper von den schmalen beschuhten Füßen bis zu den weißblonden Haaren. Ich wartete darauf, dass ihr Stuhl Feuer fing.
    Der Zorn streifte die Kindermaske ab. Knochen hoben sich unter weißer Papierhaut ab. Hände griffen in die Luft, zu Klauen gekrümmt und angespannt. Eine Hand grub sich in die Armlehne, das Holz ächzte, dann splitterte es. Das Geräusch hallte von den Mauern wider. Ihre Stimme brannte auf der Haut. »Mach, dass du rauskommst, bevor ich dich umbringe. Nimm die Frau und bring sie sicher zu ihrem Wagen. Wenn du noch einmal versagst, sei es bedeutend oder unbedeutend, reiße ich dir die Kehle auf, und meine Kinder werden in deinem Blut baden.«
    Hübsch anschaulich ein bisschen melodramatisch, aber wirklich deutlich. Ich sagte es nicht laut. Zum Teufel, ich atmete nicht einmal. Jegliche Bewegung könnte sie anziehen. Alles, was sie brauchte, war ein Vorwand.
    Zachary schien das auch so zu sehen. Er verbeugte sich leicht, seine Augen ließen ihren Blick nicht los. Dann, ohne ein Wort, drehte er sich um und begann auf die schmale Tür zuzugehen. Seine Bewegungen waren ohne Hast, als ob der Tod ihm keinerlei Löcher in den Rücken starrte. An der Tür blieb er stehen und bedeutete mir, dass er mich hinausgeleiten wolle. Ich warf einen Blick auf Jean-Claude, der noch immer da stand, wo sie ihn hinbefohlen hatte. Ich hatte nach Catherines Ergehen nicht gefragt dazu war keine Gelegenheit gewesen. Die Dinge entwickelten sich zu schnell. Ich öffnete den Mund; Jean-Claude erriet es vielleicht.
    Er bedeutete mir mit einem Wink zu schweigen. Seine Hand war so weiß wie die Spitze an seinem Hemd. Seine Augenhöhlen standen voll blauer Flammen. Das lange schwarze Haar floss um sein plötzlich totenblasses Gesicht. Seine Menschlichkeit brach ein. Seine Macht flackerte über meine Haut, dass sich die Haare auf meinen Armen aufrichteten. Ich schlang die Arme um mich und starrte das Wesen an, das eben noch Jean-Claude gewesen war.
    »Lauf!«, schrie er mir zu, die Stimme peitschte in meinen Kopf. Ich hätte davon bluten müssen. Ich zögerte, und mein Blick fiel auf Nikolaos. Sie schwebte frei und ganz langsam aufwärts. Wolfsmilchhaar tanzte um ihren Totenschädel. Sie hob eine Krallenhand. Knochen und Adern steckten in bernsteingelber Haut.
    Jean-Claude bewegte sich blitzschnell, eine Klauenhand schlug nach mir. Es schleuderte mich an die Wand und halb zur Tür hinaus. Zachary packte meinen Arm und zog mich hindurch.
    Ich machte mich von ihm los. Die Tür schlug dicht vor mir zu. Ich hauchte: »Gütiger Gott.«
    Zachary war schon am Fuß einer schmalen Treppe, die nach oben führte. Er hielt mir eine Hand hin. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß. »Bitte!« Seine Hand flatterte wie ein gefangener Vogel.
    Ein Geruch drang unter der Tür hindurch. Es war der Gestank verwesender Leichen. Der

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