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Bitter Süsse Tode

Titel: Bitter Süsse Tode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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rennen. Ich musste weg von hier, musste, oder ich würde an diesem Ort sterben, heute Nacht noch, jetzt. Das wusste ich mit einer Gewissheit, die für Fragen keinen Raum ließ und keine Zeit fürs Zögern. Ich rannte um mein Leben. Ich würde sterben, wenn Nikolaus mich jetzt sähe. Sterben würde ich.
    Und ich würde nie erfahren, warum.
    Entweder empfand auch Zachary die Panik oder er glaubte, dass ich etwas mehr wüsste als er, denn er rannte mit mir. Wenn einer von uns stolperte, zog ihn der andere auf die Füße und hinter sich her. So rannten wir. Wir rannten, bis mir die Säure in den Muskeln brannte und meine Brust sich aus Luftmangel zusammenzog.
    Darum joggte ich immer, damit ich wie verrückt rennen konnte, wenn mich jemand jagte. Dünne Oberschenkel waren für mich kein Anreiz. Aber dass ich um mein Leben rennen konnte, war einer. Die Stille wirkte schwer, nahezu greifbar. Sie schien die Stufen heraufzuströmen, als suchte sie nach etwas. Die Stille jagte uns nun sosehr wie eben noch der Wind.
    Das Dumme beim Treppen hinaufrennen ist, dass man es nicht unbegrenzt tun kann, erst recht nicht, wenn man mal eine Knie Verletzung hatte. Gebt mir eine waagerechte Strecke, und ich renne stundenlang. Stellt mich auf eine Schräge, und meine Knie bringen mich um. Es begann mit einem leichten Schmerz, und es dauerte nicht lange, bis daraus ein schneidendes Knirschen wurde. Jeder Schritt gellte das Bein hinauf, bis es förmlich pulsierte.
    Das Knie fing an, bei jeder Bewegung hörbar zu knacken. Das war ein schlechtes Zeichen. Es drohte auszufallen. Wenn es aus dem Gelenk spränge, würde ich hier auf der Treppe zum Krüppel werden, während die Stille um mich herum atmete. Nikolaos würde mich finden und töten. Warum war ich mir dessen so sicher? Darauf gab es keine Antwort, aber ich wusste es genau, mit jedem Atemzug sicherer. Ich versuchte nicht, mir dieses Gefühl zu erklären.
    Ich hörte auf zu laufen und rastete, streckte meine Beinmuskeln und weigerte mich zu stöhnen, als die Muskeln des schmerzenden Beins zuckten. Ich würde es ausstrecken und mich besser fühlen. Der Schmerz würde davon nicht weggehen, dafür hatte ich das Bein zu sehr beansprucht, aber ich würde laufen können, ohne dass mich das Knie im Stich ließ.
    Zachary brach auf den Stufen zusammen, er war offenbar kein Jogger. Sein Muskeln würden sich verhärten, wenn er nicht in Bewegung blieb. Vielleicht wusste er das. Vielleicht war es ihm egal.
    Ich streckte die Arme gegen die Wand, bis meine Schultern gestreckt waren. Nur um etwas Vertrautes zu tun, solange ich darauf wartete, dass sich mein Knie beruhigte. Um etwas zu tun zu haben, während ich horchte. Worauf? Etwas Schweres, Gleitendes, etwas Altes, das schon lange tot war.
    Von oben kamen Geräusche. An die Mauer gedrückt, die Hände flach auf dem kalten Stein, erstarrte ich. Was jetzt? Was noch? Bei Gott, es musste bestimmt bald dämmern.
    Zachary blickte die Treppe hinauf. Ich blieb mit dem Rücken zur Wand stehen, damit ich zugleich nach oben und nach unten sehen konnte. Ich wollte nicht, dass sich etwas von unten an mich heranschlich, während ich nach oben schaute. Ich wollte meine Pistole. Sie war im Kofferraum eingeschlossen, wo sie mir verdammt viel nützte.
    Wir befanden uns unmittelbar vor einem Treppenabsatz und einer Kehre. Es hat schon immer Momente gegeben, wo ich mir wünschte, um die Ecke sehen zu können. Es war mal wieder so weit. Das Schleifen von Stoff über Stein, das Knirschen von Schuhsohlen.
    Der Mann, der um die Biegung kam, war ein Mensch. Überraschung, Überraschung! Sein Hals war sogar unversehrt. Das baumwollweiße Haar auf dem Schädel war kurz rasiert. Die Nackenmuskeln bildeten einen Wulst. Sein Bizeps war dicker als meine Taille. Meine Taille ist ziemlich schmal, aber seine Arme waren trotzdem, ja, beeindruckend. Er war wenigstens einsneunzig und hatte nicht mal so viel Fett, um eine Kuchenform damit auszustreichen.
    Seine Augen hatten die kristalline Blässe eines Januarhimmels, ein fernes eisiges Blau. Er war der erste Bodybuilder, den ich sah, der auf Sonnenbräune verzichtete. All diese spielenden Muskeln waren in Weiß gehalten, wie Moby Dick. Ein schwarzes Netzhemd zeigte jeden Quadratzentimeter der massigen Brust. Schwarze Joggingshorts flatterten um seine Oberschenkel. Er hatte sie an den Seiten aufschneiden müssen, um sie über die steinharte Rundung seiner Oberschenkel streifen zu können.
    Ich flüsterte: »Himmel, wie viel können Sie

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