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Bittere Mandeln

Bittere Mandeln

Titel: Bittere Mandeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata
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immer noch nicht nah genug.«
    »Schade um ihn. Eigentlich ist er ein wirklich guter Kerl. Egal, ich gehe jetzt jedenfalls nach oben. Ich muß mich mit ihm über Lila unterhalten.«
    »Vor den Kindern?« fragte Enrique entsetzt.
    »Keine Sorge, ich werde diskret sein.«

    Richard hatte seine Wohnung immer tadellos in Ordnung gehalten: Die Holzfußböden sowie die schwarzen Ledermöbel glänzten, und der einzige Farbtupfer waren die Bücherregale mit den bunten Hüllen von Zeichentrickvideos. Hoffentlich hatten die Braithwaite-Kinder Richards Zuhause nicht auf den Kopf gestellt. Doch Donald und Darcy saßen artig vor dem Fernseher und schauten sich Pocket Monsters an, einen Zeichentrickfilm, der Ende der Neunziger für Schlagzeilen gesorgt hatte, als Tausende japanischer Kinder wegen der blitzenden Augen einer der Figuren epileptische Anfälle bekommen hatten. Donald wandte den Blick vom Bildschirm ab, sah mich nur kurz gelangweilt an und steckte den Finger in die Nase – er ließ sich also offenbar nicht allzusehr von dem Film beeindrucken. Aber mir war sein lebhafter und begeisterungsfähiger kleinerer Bruder David lieber. Darcy, die kleinste von den dreien, war ganz ruhig und ignorierte mich. Ihr Interesse galt dem Trinkbecher und dem Schokoladenkeks, die sie in Händen hielt.
    »Du kannst wirklich gut mit Kindern umgehen«, sagte ich zu Richard.
    »Na, du aber auch! Die Polizei hat hier angerufen. Ich bin dir wirklich dankbar, daß du David gefunden hast. Aber wo steckt er jetzt?«
    »Das ist eine lange Geschichte. Die erzähle ich dir, wenn wir allein sind. Wie ist David dir denn abhanden gekommen?«
    »Er ist mir entschlüpft, als wir uns alte Levi’s angeschaut haben. Ich habe eine halbe Stunde nach ihm gesucht und dann allmählich Angst bekommen, daß jemand ihn entführt haben könnte. Da bin ich zur Polizei gegangen.« Richard bedeutete mir mit einer Geste, daß ich ihm ins Schlafzimmer folgen sollte, wo wir uns ungestörter unterhalten konnten. Wir ließen die Tür offen, damit wir sahen, was die Kinder machten.
    »Ich habe David in Roppongi Hills gelassen. Lila war zu Hause, allerdings nicht allein.« Ich hob die Augenbrauen, damit er verstand, was ich meinte.
    »Dann weißt du also Bescheid.« Richard seufzte. »Am Anfang hatte ich keine Ahnung, warum ich am Wochenende den Babysitter machen sollte. Als die Kinder mir von einem Blumenmann erzählt haben, dachte ich, sie meinten einen knackigen jungen Lieferanten. Che und die andern von Stop Killing Flowers haben mir gesagt, daß es der Schulleiter ist.«
    »Lieben die beiden sich denn?« fragte ich ganz leise, weil ich die Kinder schützen wollte. Schließlich hatten sie einen Vater. Vermutlich würde Lilas Ehe die Sache überstehen und ihre Beziehung mit dem iemoto welken wie ein Strauß Veilchen.
    »Das glaube ich nicht. Da geht’s eher um Macht. Sie ist Vorsitzende der Vereinigung ausländischer Studenten und hat schon drei Diplome. Sag mal, hast du sie wirklich in flagranti erwischt?«
    »Onkel Richard, ich will noch einen Keks!« jammerte Donald.
    »Die Dose steht auf dem Tisch, mein Süßer. Nimm dir ruhig einen«, rief Richard. Und zu mir sagte er: »Ich versuche, ihn zur Selbständigkeit zu erziehen.«
    »Die Sache mit dem iemoto klingt mir ein bißchen nach sexueller Belästigung. Wenn er Lila den Laufpaß gibt, könnte sie möglicherweise Anzeige gegen ihn erstatten.« Ich versuchte, die Angelegenheit für Richards Cousine so positiv wie möglich zu sehen.
    »Wieviele Mitglieder hat die Schule landesweit?« fragte Richard.
    »Ungefähr zwanzigtausend. Zwölftausend davon haben ein Lehrerdiplom.«
    »Tja, dann müßte er fleißiger als eine Nutte in Bangkok sein, wenn er mit allen geschlafen hat, die ein Lehrerdiplom von seiner Schule haben.«
    Da mußte ich ihm zustimmen. »Die meisten Lehrerkandidaten erscheinen nie persönlich in der Schule, weil man auch Kurse bei den Lehrern zu Hause besuchen kann. Also muß man als Frau wohl nicht unbedingt mit ihm schlafen, um nach oben zu kommen.«
    »Sakura hat von der Affäre gewußt«, sagte Richard. »Lila hat mir erzählt, daß sie einmal fast ausgeflippt ist, als Sakura ihr von der Kayama-Schule bis nach Roppongi Hills folgte. Lila dachte, Sakura wollte sehen, wie elegant die Wohnanlage ist, ob sie überhaupt würdig ist, die Vorsitzende der Vereinigung ausländischer Studenten zu werden. Aber jetzt glaube ich eher, daß Sakura neugierig war, wo der iemoto seine Schäferstündchen

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