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Bittere Mandeln

Bittere Mandeln

Titel: Bittere Mandeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata
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verbringt.«
    Lila und Masanobu Kayama hatten also definitiv ein Motiv für den Mord an Sakura, aber wenn sie zu unrecht beschuldigt wurden, konnte das schreckliche Folgen für sie haben: Rufschädigung für die Kayama-Schule und für Lila im Scheidungsfall womöglich den Verlust des Sorgerechts für ihre Kinder. Der Gedanke, daß der Schulleiter und Lila potentielle Mörder waren, weckte plötzlich ein Gefühl der Sorge um David in mir.
    »Ich hätte David nicht bei ihnen lassen sollen. Das war verantwortungslos von mir.« Ich lehnte mich gegen die Wand von Richards Schlafzimmer.
    »Nun hör aber auf. Du hast ihn auf dem Flohmarkt gefunden, das war wirklich toll. Setz dich. Je länger du dich gegen meinen Mapplethorpe-Druck lehnst, desto mehr Glasreiniger muß ich später verwenden, um ihn wieder sauber zu kriegen. Du siehst übrigens aus wie eine wandelnde Leiche, Schätzchen.«
    »Tja, ich mußte früh raus, weil ich zum Flohmarkt wollte. Was hattest du eigentlich dort verloren?«
    »Hast du schon vergessen, daß ich dir früher immer geholfen habe, deine Sachen zu schleppen? Ich dachte mir, vielleicht wäre das ein Friedensangebot. Aber natürlich habe ich mich nicht mehr nach dir umgesehen, nachdem David verschwunden war.«
    »Du verfolgst die Flohmarkttermine nicht regelmäßig. Und ich habe dir auch nicht erzählt, daß ich zum Togo-Schrein wollte.« Daß Richard so schnell eine Antwort auf meine Frage parat hatte, beunruhigte mich. Sie klang nicht sonderlich glaubwürdig.
    Richard schwieg eine Weile. »Ich wußte von Che, daß du vielleicht dort sein würdest.«
    »Hört der etwa mein Telefon ab?«
    »Nein, nein. Für wen hältst du uns denn, für die Regierung?« entgegnete Richard leicht irritiert. »Allerdings hat die Stop-Killing-Flowers-Gruppe einen Posten in deinem Viertel aufgestellt. Sie wollten wissen, ob du wirklich in Mr. Wakas Family Mart arbeitest, wie ich Che erzählt habe …«
    »O je!«
    »Beruhig dich. Mr. Waka hat ihnen gesagt, daß du sein Lehrling bist.«
    Ich war zu nervös, um die Ironie in Mr. Wakas Ausrede wirklich schätzen zu können. »Hat Che mir die Briefe unter der Tür durchgeschoben?«
    »Nein, aber es ist interessant, daß du das erwähnst.« Wieder schwieg Richard ein paar Sekunden. »Eigentlich sollte ich dir das nicht sagen, aber der Posten von Stop Killing Flowers hat gesehen, wie eine Frau dir vor zwei Tagen einen Brief unter der Tür durchgeschoben hat.«
    »Hat er sie beschrieben?« fragte ich aufgeregt.
    »Es war eine Frau mittleren Alters mit Blumen unter dem Arm. Ich habe den Leuten von Che gesagt, daß das wahrscheinlich deine Tante war, die nur schnell was vorbeibringen wollte, aber sie waren anderer Meinung. Sie wissen von der Demonstration vor My Magic Forest genau, wie deine Tante aussieht.«
    »Wenn die nur endlich aufhören könnten, sich mit den Shimuras zu beschäftigen …«
    »Wenn du nur endlich aufhören könntest, dich mit ihnen zu beschäftigen. Ich meine, mit uns.« Richard sah auf seine große Swatch. »Es ist jetzt halb drei. Lila wollte, daß ich die Kinder bis drei wieder zurückbringe. Könntest du uns mit Mr. Ishidas Lieferwagen nach Roppongi Hills mitnehmen?«
    »Ich habe keinen Kindersitz. Wahrscheinlich ist es vernünftiger, du fährst mit der U-Bahn.«
    »Tja, vermutlich hast du recht«, brummte er.
    »Ich hoffe, daß das deine … äh … Pläne für heute nicht durcheinanderbringt«, sagte ich bedeutungsvoll.
    »Du hast mir versprochen, daß du mir keine Fragen über Stop Killing Flowers mehr stellen würdest«, erinnerte mich Richard.
    »Stimmt! Hoffen wir bloß, daß wir beide die nächsten vierundzwanzig Stunden überleben.« Ich gab meinem Freund einen Kuß auf die gegelten Haare und reichte den Braithwaite-Sprößlingen auf dem Weg nach draußen jeweils einen Keks.

26
    Einen Kimono anzuziehen gleicht der Rüstung für eine Schlacht. Zunächst muß man die zugrundeliegende Strategie meistern, das heißt den Kampf mit einem Unterrock und einem knöchellangen, langärmligen Untergewand der richtigen Farbe bestehen. Das meinige war blau, kontrastierte also gut mit dem grün-rosafarbenen Kimono, war aber umständlich zu bügeln. Danach folgten ein Seidenkragen sowie ein gefaltetes washi- Papier (für den Fall, daß ich beim Teetrinken eine Serviette benötigte) und ein gebügeltes Baumwolltaschentuch. Beide wurden zwischen Büstenhalter und Ausschnitt des Untergewandes geschoben. Zum Schluß schlüpfte ich in den Seidencrêpe-Kimono,

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