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Bittere Pille

Bittere Pille

Titel: Bittere Pille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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das Leben schwer
gemacht, wenn Sie so wollen.« Ein gewinnendes Lächeln,
er lehnte sich zurück und verschränkte die Hände
hinter dem Kopf. »Profis freilich verfügen über die
entsprechenden Gerätschaften. Oder sie dringen in das Haus des
Fahrzeugbesitzers ein und entwenden zunächst den
Autoschlüssel. Das gab es vor ein paar Jahren schon mal hier
in Wuppertal. Man nannte es neudeutsch Carjacking, doch ich fand
den Begriff furchtbar.«
    »Das war es
schon.« Heike nickte Kalla zu und erhob sich.
    »So ähnlich
hatte ich das auch in Erinnerung, es ist schön, dass wir das
aus fachlicher Quelle noch einmal hören konnten, Meister.
Danke noch mal.« Kalla stand auf und folgte Heike. Sie sah
Kalla an, dass der Autohändler für ihn schwer zu
durchschauen war. Er traute seiner aufgesetzten Freundlichkeit
nicht über den Weg. Mit einem letzten Gruß
verließen sie Klinkes Arbeitszimmer. »Wir finden nach
draußen, bitte keine Mühe.«
    Klinke nickte und
blickte den Besuchern nachdenklich hinterher. Heikes und Kallas Weg
zur Tür führte am Wohnzimmer vorbei. Jeanette Klinke
hockte auf der Lehne des Sofas und hatte ein Bein angewinkelt. Sie
telefonierte und bemerkte die Besucher nicht. Ȇbertreib
es nicht.« Kurzes, gurrendes Lachen. »Alle - ja.
Deshalb sagte ich ja eben, dass … ja. Pass also auf dich
auf.« Als sie die Besucher bemerkte, nahm sie das Telefon vom
Ohr, drückte den roten Knopf und lächelte.
»Und?«, fragte sie. »Haben Sie alles erfahren,
was Sie wissen wollten?«
    Täuschte Heike
sich, oder lag da Spott in ihrer Stimme? Sie fand keine Zeit, denn
Kalla schob Heike dezent zum Ausgang des Hauses. »Aber klar
doch. Gute Nacht auch!«, rief er über die Schulter nach
hinten. Kalla hatte genug gehört.

58
    Dienstag
    Koblenz-Metternich,
0:05 Uhr
    Brechtmann hatte keine
Zeit mehr gefunden, sich umzuziehen. Die kleine Reisetasche, die er
mit in das Häuschen nach Wermelskirchen genommen hatte, lag
auf dem Rücksitz des S-Klasse-Wagens. Jetzt trug er eine
bequeme Jeans und ein T-Shirt. Freizeitdress nur, aber darauf hatte
er jetzt keine Rücksicht nehmen können. Der Reporter der
Wupperwelle hatte ihn in Wermelskirchen gefunden, und es war
sicherlich nur eine Frage der Zeit, bis ihm die Polizei folgte und
unbequeme Fragen stellte. Brechtmann hatte sich dazu entschlossen,
mit seinem Geschäftsfreund zu reden, und zwar nicht am
Telefon, sondern persönlich. Dafür nahm er die weite
Fahrt nach Koblenz gern in Kauf. Er war direkt von Wermelskirchen
aus aufgebrochen. Sein Ziel war die Privatadresse des
Geschäftsführers von MM Pharma. Das Haus lag zwischen
Koblenz und dem Moseldorf Winningen.
    Etwas mehr als
anderthalb Stunden hatte er für die Strecke gebraucht - er war
gefahren, als wäre der Teufel hinter ihm her gewesen. Nachts
war die Autobahn leer, sah man einmal von den Lastwagen ab, die
sich an den unmöglichsten Stellen gegenseitig überholten
und sich dabei Elefantenrennen über mehrere Kilometer
lieferten. Er hatte immer einen Finger an der Lichthupe gehabt, um
die 40-Tonner von der linken Spur zu vertreiben. Die S-Klasse
regelte aus Sicherheitsgründen bei einer Geschwindigkeit von
zweihundertfünfzig Stundenkilometern ab.
    Trotz
Navigationssystem verfuhr er sich und durchquerte die Rhein-Mosel-Metropole
einmal. Schließlich hielt er sich in südlicher Richtung
und fand automatisch die Winninger Straße. Die Mosel lag
links neben der gut ausgebauten Straße, rechts schmiegten
sich malerische Fachwerkhäuser an die im Tal auslaufenden
Weinberge. Das silbrige Licht des Mondes spiegelte sich im Fluss.
In den Ausflugslokalen brannte längst schon kein Licht mehr,
und auch die kleinen Ortschaften, durch die der Mercedes jetzt
rollte, lagen verlassen da. Hier wurden nachts die
Bürgersteige hochgeklappt, dachte Brechtmann verächtlich.
Cochem war schon ausgeschildert. Brechtmann hatte keinen Blick
für die Schönheiten der Landschaft, und trotzdem
erinnerte er sich an einen Ausflug mit Karin, seiner Exfrau, an die
Mosel. Vor Jahren, und es kam ihm vor, als wäre es in einem
anderen Leben gewesen. Sie hatten ein weinseliges Wochenende in
Cochem verlebt, direkt zu Füßen der Reichsburg, die
über dem Ort thronte. Als sie sonntags eine Rundfahrt mit dem
Mosel-Express gemacht hatten, war ihm schlecht geworden, und er
hätte sich um ein Haar in der kleinen Bahn
übergeben.
    Doch das war lange
her. Damals war er noch ein kleiner Assistenzarzt gewesen, und die
Ehe mit Karin war das, was man sich weithin

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