Bittere Pille
Demenzmittel verabreicht wurde, verstorben.
Eine Obduktion durch die Gerichtsmedizin Düsseldorf konnte ich
Gott sei Dank verhindern. Der Mann wollte verbrannt werden -diesen
Wunsch habe ich ihm, wie Sie sich vorstellen können, nur allzu
gern erfüllt.« Brechtmann lächelte. Müller
schwieg, und so fuhr Brechtmann fort: »Allerdings hat ein
Journalist recherchiert. Dabei ist er auf pikante Details unserer
Geschäftsbeziehung gestoßen. Er hat sich als Pfleger in
meine Klinik eingeschlichen und
herumgeschnüffelt.«
»Klingt nach
einem Undercover-Agenten«, schmunzelte Müller.
»Wie in einem schlechten Agentenfilm, Brechtmann, das
müssen Sie zugeben, oder?«
Der Mediziner ging
nicht auf den versteckten Vorwurf in Müllers Stimme ein.
»Wir sind sozusagen enttarnt, und die Pressemeute ist mir auf
den Fersen.«
»Ich hörte
vom Tod eines Reporters bei Ihnen in Wuppertal.«
Sarkastisches Grinsen, ein Schluck Remy. »Sehr tragisch. Es
soll Mord gewesen sein.« Spott lag in der Stimme von Markus
Müller. »Die Spatzen pfeifen es schon von den
Dächern, und heute haben sogar die Rheinzeitung und der
Trierische Volksfreund über diese … dumme Geschichte
geschrieben.« Kopfschütteln, gespieltes Bedauern.
»Also, Brechtmann. Der Mann ist tot. Was haben wir«, er
verbesserte sich. »Was haben Sie zu befürchten? Die
Gefahr ist gebannt, oder irre ich?«
»Es gibt bei uns
einen kleinen lokalen Radiosender, die Wupperwelle. Dummerweise
sind auch die Reporter des Senders äußerst akribisch,
was ihre Recherchen angeht. Einer der Mitarbeiter tauchte bei mir
auf. Seltsamerweise an meinem Wochenendhaus im Bergischen Land,
weitab der Stadt. Niemand, fast niemand weiß von dem
Häuschen im Grünen. Der Mann wusste, was Sache
ist, und machte
keinen Hehl daraus. Er setzt mich unter Druck.«
»Dagegen kann
man Maßnahmen ergreifen.« Markus Müller gab sich
unbeeindruckt. »Jeder ist käuflich, und wenn
nicht…« Schulterzucken. »Gibt es andere
Wege.«
»Hören Sie,
Müller, ich weiß nicht, was Sie Vorhaben, aber ich bin
den weiten Weg nicht gefahren, um das zu hören. Ich habe in
Wuppertal einen Ruf zu verlieren. Sobald der Sender etwas über
unser Geschäft bringt, kann ich einpacken. Wenn die Sache
auffliegt, fliegen Sie mit,
Müller.«
Der
Geschäftsführer der MM Pharma stellte das Glas hart auf
den Tisch. Der Remy Martin schwappte über und hinterließ
einen Fleck auf der Mahagoniholzplatte. »Wollen Sie mir
drohen, Brechtmann?« Müllers Gesicht glich einer Maske.
Seine Augen sprühten Funken.
»Nein, ich nenne
Ihnen nur Fakten.« Brechtmann war unbeeindruckt vom
emotionalen Ausbruch seines Gastgebers. »Ich rede Klartext -
deshalb bin ich fast zwei Stunden hierhergefahren. Es ist an der
Zeit für einen Krisenplan.«
»Diese
Radioleute werden nichts bringen.« Müller lehnte sich
weit zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
Seine Stimme klang selbstsicher. Jetzt lächelte er
wieder.
»Was haben Sie
vor - wollen Sie den ganzen Sender in die Luft jagen? Das sind
Radioreporter, die im Auftrag ihres Senders arbeiten, kein
Einzelkämpfer, wie Peter Born es war.«
»Lassen Sie mich
machen. Ich werde verhindern, dass Ihre Geschichte
auffliegt.« Müller erhob sich. »Es ist spät
geworden.« Für ihn war das Gespräch
beendet.
Brechtmann musterte
seinen Geschäftspartner und erhob sich ebenfalls. Den Verlauf
des Treffens hatte er sich wahrlich anders vorgestellt. »Ist
das alles?«
Müller antwortete
mit einer Gegenfrage. »Und Sie fahren jetzt noch den weiten
Weg zurück?« Sie durchquerten die Halle. Müller
geleitete ihn zur Tür. Von seiner Freundin weit und breit
keine Spur. Nur
eine unsichtbare Wolke ihres verführerischen Parfüms hing
in der Luft. An der Tür blieben die Männer
stehen.
»Nein, ich werde
mir ein Hotel suchen. Können Sie mir etwas
empfehlen?«
»Natürlich.«
Müller war wieder aalglatt. Er hatte seine Selbstsicherheit
wiedergefunden. »Keine zwei Kilometer von hier, in Winningen,
gibt es das Hotel Moselperle. Gute Ausstattung, schöne
Landschaft. Und Sie müssen nicht lange suchen, weil es direkt
an der Hauptstraße liegt. Ich kann dort anrufen und Ihr
Kommen anmelden. Natürlich übernehme ich die
Kosten.«
»Das wird nicht
nötig sein.«
Müller
öffnete die Tür. Die Luft war angenehm frisch.
»Schlafen Sie gut, Brechtmann.«
»Das werde
ich.« Brechtmann nickte. Er trat ins Freie. Es war eine milde
Sommernacht. Im Unterholz zirpten die Grillen.
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