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Bittere Pille

Bittere Pille

Titel: Bittere Pille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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dem
Drogeriemarkt. Sie war der Typ Frau, der einen Mann mit fast
unschuldiger Naivität um den Verstand bringen
konnte.
    Neugierig musterte sie
ihn.
    »Guten
Abend«, sagte er lächelnd. »Bitte entschuldigen
Sie die späte Störung. Mein Name ist Christoph
Brechtmann, ich bin Leiter der Klink Wiesenhang in Wuppertal und
hätte gern Herrn Markus Müller gesprochen.«
Verbindlichstes Staubsaugervertreterlächeln.
    Er blickte an ihr
vorbei. Drinnen gedämpftes Licht und dezente Musik, aber keine
Spur vom Herrn des Hauses.
    »Wuppertal?« Es klang
fast erschrocken. »Worum geht es, bitte?« Eine kleine
Falte bildete sich auf ihrer Nasenwurzel. In ihrem Augenwinkel
zuckte es nervös. Sie rang mit den Händen.
Unwillkürlich fragte sich Brechtmann, ob sie etwas zu
verbergen hatte. »Um eine vertrauliche Angelegenheit,
fürchte ich.«
    Sie zögerte und
betrachtete Brechtmann nachdenklich. »Weiß er, dass
Sie…«
    Schritte näherten
sich eilig, jemand schaltete die Musik aus, und Brechtmann wurde
den Verdacht nicht los, dass er gerade den Beginn einer
romantischen Nacht versaut hatte. Doch darauf konnte er keine
Rücksicht nehmen.
    »Es ist in
Ordnung, Gabi«, ertönte eine männliche Stimme
hinter der Frau. »Wir kennen uns.« Sehen konnte
Brechtmann den Sprecher nicht, vermutlich zog er sich gerade etwas
an. Sie blickte sich nicht um, sondern gab den Eingang frei. Die
Falte auf der Nasenwurzel verschwand, und jetzt lächelte sie
sogar ein wenig. »Kommen Sie doch herein.«
    »Danke.«
Er folgte ihr in die halbdunkle Halle. Ihr Gang war grazil und
aufrecht, und Brechtmann erwischte sich dabei, ihr auf den Hintern
zu starren. Entweder trug sie auch kein Höschen,
oder…
    Jetzt endlich erschien
Müller auf der Bildfläche. Er war gut einsachtzig
groß und von athletischer Statur. Müller trug eine
Freizeithose und ein Poloshirt. Die dichten, dunklen Haare waren an
den Schläfen bereits ergraut, und man sah ihm an, dass er
üblicherweise in maßgefertigten Anzügen anzutreffen
war. Müller war vielleicht vierzig Jahre alt, und die Frau an
seiner Seite eigentlich viel zu schade für einen
Schönling wie den Chef von MM Pharma, dachte Brechtmann
verächtlich.
    »Wir haben uns
ja schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen, Brechtmann«,
lachte Müller und trat näher. Sein Händedruck war
fest, ein Mann, der wusste, was er wollte. Tief blickte er dem
Besucher in die Augen und sah auf den ersten Blick, dass etwas
nicht stimmte. Müller wandte sich an seine Freundin.
»Könnten wir vielleicht einen Augenblick allein
sein?«
    Für den Bruchteil
einer Sekunde lag Erleichterung in ihrem geheimnisvollen Blick,
dann lächelte sie. »Natürlich. Ich wollte sowieso
gerade zu Bett gehen. Ich warte dann auf dich.«
    Täuschte sich
Brechtmann, oder lag da ein rauchiger Unterton in ihrer Stimme? Sie
warf Müller einen vielsagenden Blick zu und entschwand in die
obere Etage des Hauses. »Ich liebe ihre nette Art«,
grinste Müller. »Gabi arbeitet in Bonn, beim
Gesundheitsministerium.« Wieder ein Grinsen. »Es ist
immer von Vorteil, wenn man sich sowohl privat als auch
geschäftlich versteht.« Als Brechtmann nicht antwortete,
führte Müller ihn in das Wohnzimmer. Auch hier Luxus, so
weit das Auge reichte. »Sie leben nicht schlecht von MM
Pharma«, stellte Brechtmann neidlos fest. »Sie aber
auch nicht«, konterte Müller mit einem süffisanten
Lächeln. Er ging nicht weiter auf die spitze Bemerkung seines
Besuchers ein und bot ihm Platz an. Sie setzten
sich. 
    Ein großes
Fenster und eine gläserne Tür führten hinaus in den
großen Garten. Schwarz grenzten sich die Weinberge vom
dunkelblauen Nachthimmel ab. Es war eine sternenklare Nacht, aber
Brechtmann war nicht hier, um die Gegend zu bewundern. Die Frage,
ob er etwas trinken wolle, verneinte er mit dem Hinweis, noch
fahren zu müssen.
    Müller erhob sich
und begab sich zur Bar. Er schenkte sich einen Remy Martin ohne Eis
ein und kehrte zu Brechtmann zurück. Müller trank, leckte
sich genießerisch über die Lippen und drehte das Glas in
den Händen. »Also«, eröffnete er das
Gespräch. »Es ist sehr selten, dass mich meine Partner
mitten in der Nacht in meinem Privathaus besuchen - ohne Anmeldung
noch dazu.« Müller rieb sich das kantige Kinn.
»Was ist also geschehen?«
    »Ich will es
kurz machen«, antwortete Brechtmann und blickte Müller
mit versteinerter Miene an. »Wir sind aufgeflogen. Einer
meiner Patienten ist vor rund zwei Wochen während einer
Operation, bei dem Ihr

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