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Bittere Pille

Bittere Pille

Titel: Bittere Pille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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mal?«
    »Baumgart,
Jochen Baumgart«, erwiderte Heike. »Die Anschrift habe
ich von Kalla bekommen. Aber vielleicht sollten wir uns vorher
telefonisch ankündigen, hm?« Sie suchte sich das
Kärtchen, das sie gestern von Kalla bekommen hatte. Auf die
Rückseite hatte er ihr seine private Handynummer gekritzelt.
Es dauerte einen Augenblick, bis sich ein verschlafener Kalla
meldete. »Sorry, ich hab die ganze Nacht auf dem Bock
gesessen«, sagte er, nachdem er Heikes Stimme erkannt
hatte.
    »Entschuldige
bitte die frühe Störung. Aber ich brauche dringend die
Telefonnummer von Jochen Baumgart. Kannst du mir
helfen?«
    »Ich
fürchte nein«, erwiderte Kalla mit bedauerndem Unterton
in der Stimme.
»Hab ich leider nicht, vielleicht aber die Zentrale. Aber so
wie ich ihn kenne, ist er zu Hause. Fahr einfach hin und frag ihn,
und ’nen schönen Gruß von mir!«
    »Du meinst, wir
können da einfach so auftauchen, und…«
    »Klar, warum
nicht? Er ist ein netter Kerl, wirklich. Er ist, wenn ich mich
recht erinnere, nach seiner Hochzeit nach Remscheid gezogen. Die
Ehe ist längst den Bach runter, aber Jochen wohnt noch immer
da. Im Kollegenkreis munkelt man, dass er sich die Bude jetzt mit
einer jüngeren Frau teilt.« 
    »Das mach ich
doch glatt. Dank dir für den Tipp - und entschuldige die
Störung am frühen Sonntagmorgen!«
    »Kein Thema,
mach ich doch gern. Halt mich auf dem Laufenden, ja?
    Heike bedankte sich
noch einmal und unterbrach die Verbindung. Als sie Stefans
neugierigen Blick sah, berichtete sie ihm geduldig, was sie von
Kalla erfahren hatte. Dann machte sie sich an Stefans Laptop zu
schaffen. Er beobachtete sie schweigend dabei, wie sie im Internet
recherchierte. Es dauerte nicht lange, bis sie fündig wurde.
Eilig wählte sie die Nummer von Jochen Baumgart und lauschte
dem Freizeichen. Mehr nicht. Kein Anrufbeantworter, keine Mailbox,
nichts.
    »Vermutlich hat
er das Telefon lautlos, weil er am Sonntag nicht gestört
werden will«, mutmaßte Stefan.
    »Ja, ist klar.
Oder er ist gerade beim Gottesdienst.«

14
    Lennep, 11:20
Uhr
    Die Straße
beschrieb einen sanften Bogen und führte dann steil nach oben
zur Panzertalsperre. Stefan schaltete in den zweiten Gang
zurück, und dennoch brummte der Boxermotor im Heck des
Käfers gequält auf. Sie hatten sich, nachdem sie Baumgart
telefonisch nicht erreicht hatten, in den Käfer gesetzt und
sich auf den Weg nach Remscheid gemacht. Auf der Straße war
niemand unterwegs.
    »Und hier soll
der wohnen?«, fragte Stefan etwas missmutig. Nach der
nächsten Kurve erblickten sie rechterhand einige
Fachwerkhäuser, die sich an den Hang zu schmiegen
schienen.
    »Ist doch ganz
nett hier«, erwiderte Heike grinsend. Sie beugte sich im Sitz
vor und versuchte die Hausnummern zu erkennen. »Nicht so
schnell«, rief sie. »Da vorne ist es
schon.«
    Stefan nickte und
lenkte den Käfer an den Straßenrand. Hinter einem
kleinen Vorgarten lag eines der für diese Gegend so typischen
Fachwerkhäuser mit verschieferter Fassade. Grüne
Fensterläden und eine ebenso grüne Haustür rundeten
das Bild ab. Am Zaun, der das Grundstück umgab, blätterte
die Farbe ab, ansonsten schien das Haus recht gut in Schuss zu
sein. »Nicht gerade das, was man sich als das Heim eines
Taxifahrers vorstellt.« Stefan betrachtete das Haus und
schaltete den Motor des Käfers ab. Heike hatte bereits den
Sicherheitsgurt gelöst und stieg aus. Es war ein sonniger,
aber frischer Morgen. Auf den Wiesen glänzte der Morgentau in
der Sonne. Irgendwo in der Ferne kläffte ein Hund. Es war eine
fast dörfliche Stimmung. »Komm schon«, rief sie
Stefan zu. »Worauf wartest du?«
    »Hetz mich nicht
so, ich bin ein alter Mann.« Stefan schloss den Wagen ab und
marschierte hinter seiner Freundin her. Verwitterte
Waschbetonplatten führten durch den Vorgarten zum Hauseingang.
Moos wucherte zwischen den Fugen. Auch die Bepflanzung des Gartens
machte einen heruntergekommenen Eindruck. Einen grünen Daumen
hatte Baumgart anscheinend nicht.
    »Die Tür
steht offen«, bemerkte Heike. Überrascht blickte sie
sich zu Stefan um, der die Schultern zuckte. »Vermutlich
joggt er gerade eine Runde um den Block, oder er ist beim Nachbarn,
Milch holen.«
    Heike ging nicht auf
Stefans dummen Scherz ein. Sie schüttelte stumm den Kopf und
klopfte an das grüne Holz. »Herr Baumgart?« Sie
lauschte mit schräg gelegtem Kopf in das Innere des alten
Hauses. Stille umfing sie. Als sie einen Klingelknopf entdeckt
hatte, betätigte sie ihn.

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