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Bittere Pille

Bittere Pille

Titel: Bittere Pille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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kleinen
Styroporkügelchen der Füllung knisterten leise.
»Was soll der Mist hier,
Kommissar?«
    »Das Gleiche
könnte ich Sie fragen.« Ulbricht trat in den kleinen
Raum und blickte sich um. Er wirkte übernächtigt und
äußerst schlecht gelaunt. Dunkle Ringe lagen unter
seinen Augen, ein Dreitagebart warf einen unansehnlichen Schatten
auf sein Gesicht, und die dunklen Haare standen ihm wirr vom Kopf
ab. Vermutlich hatte die Zeit für eine vernünftige
Morgentoilette nicht mehr gereicht, dachte Heike in einem Anflug
von Vergnügen. Wie immer trug er eine hellblaue
Bundfaltenjeans, wie sie in den Achtzigerjahren des vergangenen
Jahrhunderts modern gewesen waren, ausgelatschte Hush Puppies und
einen zerknitterten Sommermantel. Nur das Hemd und die Krawatte
wirkten frisch und sogar modern. »Also«, bellte er.
»Was hatten Sie hier zu suchen?«
    »Das habe ich
Ihnen schon am Telefon erzählt«, seufzte Stefan. Er
hasste es, sich jedes Mal bei dem Kommissar rechtfertigen zu
müssen. »Aber ich kann Sie beruhigen, diesmal war der
Mann schon tot, als wir ihn fanden.«
    »Sparen Sie sich
den Sarkasmus«, empfahl Kommissar Verdammt und versenkte die
Hände in den Hosentaschen. »Dann schießen Sie mal
los. Was ist passiert?«
    Heike räusperte
sich. »Unsere Recherchen haben ergeben, dass der Tote aus dem
See mit dem Taxi dorthin gekommen ist, und zwar am Donnerstagabend.
Ich hatte gedacht, dass uns der Fahrer, der den Unbekannten
gefahren hat, vielleicht mehr über seinen geheimnisvollen
Fahrgast erzählen kann. Aus diesem Grunde haben wir Herrn
Baumgart besucht - das heißt, wir wollten
es.«
    »Woher wussten
Sie, dass Baumgart Taxifahrer war und dass ausgerechnet er unser
Opfer zum See kutschiert hat?«
    »Wir haben
unsere Quellen.« Heike lächelte.
    »Sie kosten mich
Jahre meines Lebens.« Ulbricht grinste gequält.
»Haben Sie eine Ahnung, wie oft Sie mir bei meiner Arbeit in
die Quere gekommen sind in den letzten Jahren?«
    »Nein«,
erwiderte Stefan schnell. »Aber ich würde auch
nicht sagen,
dass wir Ihnen in die Quere kommen. Spielberg damals…«
Er winkte ab. »Der war ein kleines Licht und hatte Dreck am
Stecken. Außerdem ist das wohl längst verjährt. Und
der Trainer eines Wuppertaler Fußballvereins … auch
nicht anders, ich wollte ihn interviewen, so was tut man nun mal in
unserem Job. Dass ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht habe und
jemand ihn bereits umgebracht hatte - auch mein Pech. Sie sehen, es
ist nicht immer leicht, Gesprächspartner für ein
Interview zu bekommen.«
    »Sie haben
Nerven, Mann.« Ulbricht schüttelte den Kopf.
Plötzlich wirkte er versöhnlicher. Er lächelte
versonnen und reichte Stefan die Hand. »Lassen Sie die Toten
ruhen, Seiler.«
    »Sie haben
angefangen«, erinnerte er den Kommissar, verwundert über
dessen plötzlichen Sinneswandel.
    »Ich habe nicht
mehr lange bis zum wohlverdienten Ruhestand.« Ulbricht
lächelte plötzlich freundlich, und weder Heike noch
Stefan trauten diesem Frieden. Doch er fuhr unbeirrt fort.
»Sie können sich denken, dass ich nicht mehr scharf
darauf bin, überall anzuecken. Ich will meinen Dienst in Ruhe
tun, bis zum letzten Tag. Und ich habe keine Lust mehr darauf, der
Staatsanwaltschaft unbequeme Fragen zu
beantworten.«
    »Sie stehen mit
leeren Händen da«, mutmaßte Heike.
    Ulbricht blickte sie
lange an. Die Lippen hatte er zu einem schmalen Strich
zusammengepresst. Er nickte nachdenklich. »So sieht es aus.
Leider.« Jetzt drückte er die Zimmertür ins
Schloss. Die anderen Polizisten, die im Haus unterwegs waren,
bekamen nichts mehr von dem Gespräch mit. Gedämpft
drangen die Geräusche an ihre Ohren. »Ich will ehrlich
sein: Es kotzt mich an, ständig vor dem Nichts zu stehen.
Vielleicht können wir einen Deal machen.«
    »Wir sollen Ihre
Arbeit übernehmen?« Heike lächelte.
    »Tun Sie das
nicht schon?« Ulbricht winkte ab und zog sich einen
Klappstuhl heran, der hinter der Tür gestanden hatte. Er
klappte ihn auseinander und setzte sich verkehrt herum darauf.
»Nein, im Ernst. Sie sollen für Ihren Sender arbeiten,
und ich arbeite für meinen Verein. Aber ich werde
älter, und vielleicht sogar vernünftiger.« Er
lächelte ins Leere, dann ruckte sein Kopf hoch, und er blickte
Heike und Stefan an. »Ich möchte mit Ihnen
Zusammenarbeiten.«
    »Klingt
ansatzweise vernünftig«, murmelte Stefan und fing sich
prompt einen vernichtenden Blick von Norbert Ulbricht ein. Der
Kommissar hielt sich an Heike. »Ich werde Sie und

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