Bittere Pille
Schultern. »Er wird auch älter - und
vernünftiger.« Sie lachte leise und wandte sich zum
Gehen. »Komm schon, worauf wartest du?« Heike
öffnete die Tür. Im nächsten Augenblick standen sie
in der großen Wohnküche von Baumgart. Ulbricht
telefonierte. »Es ist mir ganz egal. Ist wohl mit einer
einfachen Anrufrückverfolgung kein Problem, stellen Sie sich
nicht blöder an, als Sie sind, verdammt noch
mal!«
»Er braucht uns
hier wohl nicht mehr«, raunte Stefan seiner Freundin zu und
führte sie hinaus an die frische Morgenluft. Der Pulk von
Schaulustigen hatte sich aufgelöst. Streifenpolizisten lehnten
an ihren Dienstwagen und unterhielten sich. Als die Radioreporter
auftauchten, unterbrachen sie ihr Gespräch und nickten Stefan
und Heike
zu.
»Na«,
lachte Stefan, als sie im Käfer saßen. »Ich bin
gespannt, was Ulbricht mit dieser neuen Masche vorhat. Er hat sich
noch nie in seine Karten gucken lassen!« Kichernd startete er
den Motor, der diesmal ohne Zicken ansprang. Mit einem einzigen
Satz wendete er den Käfer auf der schmalen Straße und
rangierte am Wagen des Bestattungsunternehmens vorbei. Die dunkel
gekleideten Männer waren soeben damit beschäftigt, den
Zinksarg, in den sie Baumgart gebettet hatten, auf die
Ladefläche des schwarz lackierten Wagens zu schieben. Sie
nickten Heike und Stefan zu, dann widmeten sie sich wieder ihrer
Arbeit.
»Und
jetzt?«, fragte Stefan. Er fürchtete, dass Heike noch
schnell zum Sender wollte, um einen Beitrag aufzunehmen. In einer
Talsenke lenkte er den Käfer an den Straßenrand und
zückte das Handy.
»Was machst
du?«
»Zachi anrufen.
Es geht schnell.« Er tippte eine Nummer und warf Heike einen
Blick zu. Zacharias meldete sich nach dem dritten Tuten. »Ich
bin’s, Stefan. Wir haben uns doch gestern über die
Geschichte mit dem Toten aus dem Beyenburger Stausee unterhalten.
Schick den Beitrag über den Äther, wenn du magst, der
Kommissar hat mir soeben die Freigabe erteilt.«
»Wie kommen wir
denn zu der Ehre?«
»Das frage ich
mich auch«, lachte Stefan. »Ruf am besten unsere Leute
von der Wupperwelle an. Sie sollen dir Heikes Beitrag von gestern
einfach als MP3-Datei zumailen. Wenn es Probleme gibt, sollen sie
uns anrufen.«
»Wie geht es
jetzt weiter?«
Stefan berichtete
Zachi von dem zweiten Toten, bat aber darum, im Radio nichts davon
zu erwähnen, bevor Ulbricht auch hier eine Freigabe erteilt
hatte.
»Wenn es da
tatsächlich einen Zusammenhang gibt, scheinst du aber einen
dicken Fisch an der Angel zu haben«, staunte
Zachi.
»Das furchte ich
auch«, erwiderte Stefan und versprach, sich zu melden, sobald
es Neuigkeiten gab. Danach startete er den Motor und lenkte den
Käfer einen steilen Berg hinauf. Am Ende der Straße bog
er links in die Ringstraße ein. Hinter der großen
Kreuzung wurde die Straße vierspurig und verlief dann als
Lenneper Straße weiter Richtung
Remscheid-Stadtmitte.
»Und das war gut
jetzt?«, fragte Heike nach einer kleinen Ewigkeit. Stefan
blickte sie mit fragender Miene an, und sie fuhr fort: »Ich
meine, hättest du das nicht erst mit Eckhardt besprechen
müssen, bevor unsere Beiträge bei den Kollegen gesendet
werden?«
»Das nehme ich
auf meine Kappe«, antwortete Stefan. »Wozu bin ich Chef
vom Dienst bei der Wupperwelle?« Er grinste. »Ich bin
doch nicht nur CvD geworden, um mir ständig Ärger mit den
Kollegen einzuhandeln, wenn es um die Dienst- und
Freizeitpläne geht! Da werd ich wohl auch mal eine
Entscheidung treffen dürfen, ohne Eckhardt um Erlaubnis zu
fragen.«
»Junge, du
machst aber einen auf dicke Hose«, konterte Heike und zog die
Mundwinkel nach unten. Sie lächelte dann und streichelte
Stefans Schenkel. »Musst mich aber nicht beeindrucken, ich
liebe dich auch so, mein starker Mann!«
Stefan winkte seufzend
ab und grinste gequält.
Rechts und links der
Straße lagen zwei kleinere Industriegebiete. Die Sonne hatte
den Morgendunst vertrieben, und der Innenraum des Käfers
heizte sich entsprechend auf. Stefan öffnete das kleine
Ausstellfenster und genoss die frische Luft, die in das Wageninnere
drang. Stefan dachte über das Telefonat mit Zachi nach.
Schließlich nickte er zufrieden. »Das war, glaube ich,
ein ganz guter Schachzug, die Kollegen von Radio Berg-Land ins Boot
zu holen. Die haben einfach das größere Einzugsgebiet,
sind teilweise bis runter ins Oberbergische zu empfangen. Und
Remscheid und Solingen haben wir so auch erreicht. Ich
fürchte, da muss der Sendemast
Weitere Kostenlose Bücher