Bittere Pille
sich dort unterhalten -worüber auch
immer.« Wichtige Miene, nervöses Jonglieren mit einem
silbernen Kugelschreiber.
»Hat er denn
nicht angedeutet, worum es geht?« In seiner Stimme schwang
Ungeduld mit. Normalerweise nutzte er jede Art von Medienkontakt,
denn jeder Beitrag, der über seine Arbeit und über seine
Klinik berichtete, war Werbung für sein Haus. Werbung
bedeutete Patienten, und Patienten bedeuteten Umsatz.
Augenblicklich ging er den Vertretern der Presse aber aus dem Weg
-soweit es sich einrichten ließ.
»Nein, hat er
nicht. Plötzlich ist er verschwunden.« Sie bedeutete ihm
mit wichtiger Miene, noch näher zu rücken. Brechtmann tat
ihr den Gefallen und beugte sich tief zu ihr herunter. Dass sein
Blick dabei in ihren Ausschnitt fiel, ließ sich gar nicht
verhindern. Frau Mergelsmann fuhr mit gesenkter Stimme fort:
»Sie waren nicht lange draußen, vielleicht zehn
Minuten, maximal eine Viertelstunde.«
Das war unter
Umständen eine Viertelstunde zu viel, dachte er grimmig.
Immerhin war die junge Assistenzärztin dabei gewesen, als ihm
Dahlhaus quasi unten den Händen gestorben war.
Möglicherweise war sie eine undichte Stelle im System. Er
musste Maßnahmen ergreifen. »Wissen Sie, wie der Mann
hieß?«
»Seiler. Nachdem
er mit Frau George draußen war, ist er ganz schnell
verschwunden.«
Klar, er hatte sich
seine Informationen geholt, dachte Brechtmann grimmig und ballte
die rechte Hand zu einer Faust, die er auf den Tresen
niederschmetterte. Oder sie hatte ihn informiert. Dann wurde er
sich seines emotionalen Ausbruchs bewusst und setzte ein
freundliches Lächeln auf. Eine Schwester, die gerade an ihm
vorbeiging, blickte sich verwundert um. So hatte sie den
Klinikleiter wohl noch nie erlebt.
»Na ja«,
murmelte Brechtmann und war um Freundlichkeit bemüht.
»Da kann man nichts machen. Wenn es wichtig war, wird sich
der Reporter sicherlich noch einmal bei mir melden. Danke erst mal,
Frau Mergelsmann.« Er wandte sich vom Empfangstresen ab und
suchte eilig sein Büro auf. Dort angekommen, setzte er sich an
den Schreibtisch und fuhr sich mit der flachen Hand durch das
Gesicht. Sein Gehirn funktionierte präzise wie ein Computer.
Nach einer Minute beugte er sich vor, nahm das Telefon und tippte
eilig eine abgespeicherte Nummer ein. Es dauerte einen Augenblick,
bis sich der Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung
meldete.
»Ich
bin’s. Wir haben ein Problem. Vor einer Viertelstunde war
ein Radioreporter hier, der eine junge
Ärztin getroffen hat, und ich werde den Verdacht nicht los,
dass sie ihm etwas erzählt haben könnte, was ihn nichts
angeht. Es ist nur ein Verdacht, aber sie war dabei, als ich das
Mittel zum ersten Mal an einem Patienten getestet habe. Der Mann
starb an den Folgen. Das darf auf keinen Fall
rauskommen.«
Der
Gesprächspartner stellte eine Frage, Brechtmann nickte.
»Ja, aber dezent. Und Finger weg von dem Radiomenschen, das
wäre zu auffällig. Kümmer dich um meine
Mitarbeiterin, ich will nicht, dass sie … ja,
natürlich. Warte. George heißt sie. Daniela George. Ich
will, dass du dich um sie kümmerst.« Brechtmann
lauschte. »Halt sie im Auge und sag Bescheid, wenn du mehr
über sie weißt. Ach, eins noch: Sie hat eine kleine
Tochter, ist alleinerziehend. Vielleicht ist das ein wunder Punkt,
an dem du ansetzen kannst.« Er legte auf und stierte ins
Leere. Die redselige Ärztin würde schweigen, so viel
stand jetzt fest.
36
Vallendar, 13:40
Uhr
»So, da
wären wir.« Kalla grinste vergnügt, als sie den
Ortseingang von Vallendar passiert hatten. Er hatte das
stählerne Schiebedach geöffnet, und ein milder Sommerwind
wehte in das Innere seines alten Taxis. Eine landschaftlich
schöne Fahrt durch einige Weinorte am Rhein lag hinter ihnen.
»Und wie geht’s jetzt weiter?«
»Erst mal suchen
wir einen Parkplatz. Und dann muss ich herausfinden, wo das Haus
der Borns liegt. Und ich brauche noch einen verdammt guten Grund,
in das Haus einzudringen.« Heike seufzte. »Aber das
wird schon.«
Das Taxi tuckerte
weiter über die B 42. Bis Koblenz war es nur noch ein
Katzensprung. Das Ortszentrum von Vallendar lag linkerhand; rechts
lag die bewohnte Insel Niederwerth im Rhein. Kalla musste eine
Ehrenrunde drehen und bog dann rechts in die Westerwaldstraße
ab, die nach Höhr-Grenzhausen führte und schon nach
wenigen Metern anstieg. Er nahm die erste Möglichkeit, links abzubiegen, die
Mühlenstraße, hielt sich an der Löhrstraße
wieder links und sah schon
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