Bittere Pille
Einbrecher
ebenfalls umgeworfen. Die Angst wurde von einer ohnmächtigen
Wut verdrängt. Sie würde Wochen brauchen, bis wieder
alles hergerichtet war. Das Mobiliar zahlte die Versicherung, aber
sie war sicher, dass auch persönliche Erinnerungsstücke
unwiederbringlich zerstört worden waren. Danni war sicher,
dass die Einbrecher etwas ganz Bestimmtes gesucht hatten. Und sie
hatten es nicht bei ihr gefunden. Die Akte hatte sie bereits an
Stefan weitergegeben, und der hatte sie wiederum an Kommissar
Ulbricht übergeben. Die Einbrecher waren zu spät
gekommen; sie hatten ihr Heim völlig unnötig kurz und
klein geschlagen.
Danni glaubte nicht an
einen Zufall.
Sie wühlte in der
Tasche nach dem Handy herum. So schnell wie möglich musste sie
Stefan warnen. Er befand sich in Gefahr, und er besaß die
Kontakte zur Polizei. Mit zitternden Fingern hielt sie das Telefon
in der Hand. Da sie Stefans Nummer zuletzt gewählt hatte,
musste sie nur die Wahlwiederholung drücken. Es dauerte eine
gefühlte Ewigkeit, bis das Freizeichen ertönte.
»Mach schon, mach schon«, flehte sie und zuckte
zusammen, als sie direkt hinter sich ein Geräusch
vernahm.
Daniela wirbelte auf
dem Absatz herum und sah einen großen Schatten, der sich
bedrohlich vor ihr aufbaute. Noch bevor sie zu einem Schrei
ansetzen konnte, spürte sie einen harten Schlag am Kopf. Ein
kehliger Laut kam über ihre Lippen, und sie fühlte sich,
als hätte man ihr den Boden unter den Füßen
weggerissen. Das Handy fiel zu Boden und zerbarst in seine
Einzelteile. Lichtblitze explodierten für den Bruchteil einer
Sekunde vor ihren Augen. Dann wurde es dunkel um sie
herum.
45
Bergisch Born,
18:45 Uhr
Das Klingeln des
Handys hörte er erst ziemlich spät, weil laute Musik aus
dem Radio kam. Katy Perry lärmte ihm
mit I Kissed
a Girl aus
den leistungsstarken Lautsprecherboxen seines Käfers entgegen.
Ein Mädchen zu küssen, das war ihm auch schon mal
passiert, dachte er grinsend. Er hatte es gar nicht so schlimm
gefunden.
Als das Klingeln des
Handys lauter wurde und endlich gegen den Motorlärm und die
laute Musik ankam, lenkte Stefan den Käfer an den
Straßenrand und angelte das Telefon aus der Mittelkonsole. Er
warf einen Blick auf das Display und wunderte sich, was Daniela
schon wieder von ihm wollte. Stirnrunzelnd nahm er das
Gespräch
an.
»Hallo
Danni«, rief er gut gelaunt. Am anderen Ende der Leitung
Stille. »Hallo?«, versuchte er es erneut.
Doch Danni antwortete
nicht. Ein monotones Tuten drang ihm entgegen. Stefan blickte auf
das Display. In einem Funkloch befand er sich jedenfalls nicht,
denn die Empfangsanzeige schlug voll aus. »Dann eben
nicht«, murmelte er und drückte die rote Taste. Als er
das Telefon zurück in die Ablage werfen wollte, kam ihm der
Gedanke, dass möglicherweise etwas vorgefallen sein
könnte. Immerhin hatte Danni ihm bei ihrem Treffen im
Luisen-Cafe berichtet, dass sie verfolgt wurde. Stefan nahm das
Handy noch einmal in die Hand und drückte die
Rückruftaste. Es dauerte einen Moment, dann hörte er
Dannis Mailbox. Sie hatte das Telefon abgeschaltet. Vermutlich sah
er mal wieder zu schwarz, und sie hatte sich schlicht und
ergreifend verwählt. Wenn etwas passiert war, würde sie
sich sicherlich noch einmal bei ihm melden. Stefan legte das Handy
zurück und setzte die Fahrt nach Wermelskirchen fort. Er war
gespannt, was Brechtmann ihm erzählen konnte.
46
Remscheid,
Alleestraße, 18:45 Uhr
»Ich habe sie
aus dem Verkehr gezogen.« Er grinste selbstzufrieden und
beobachtete die Passanten auf der Remscheider Einkaufsmeile. Ein
ungepflegter Typ lungerte im Eingangsbereich eines Handyladens
herum und rauchte ein Kraut, das es so sicherlich nicht in einem
Zigarettenautomaten gab. Das Zeug stank bestialisch. Auf der
unteren Alleestraße herrschte relativ wenig Betrieb. Das
Einkaufszentrum am oberen Ende der Fußgängerzone machte
den kleinen, alteingesessenen Einzelhändlern das Leben schon
seit Jahren schwer, und besonders in diesem Teil der
Fußgängerzone hatten zahlreiche Läden ihre Pforten
für immer geschlossen. Jetzt bestimmten Billigmärkte das
Bild in der Alleestraße. Gegenüber kauften sich zwei
kichernde Teenager einen Döner. In einem Second-hand-Shop mit
verstaubter Fensterfront warteten alte Möbel auf
Käufer.
Remscheid war seine
Heimatstadt, und es tat ihm weh, die untere Alleestraße so
ausbluten zu sehen. Dabei taten die ansässigen
Einzelhändler viel, um die Gunst der
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