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Bittere Pille

Bittere Pille

Titel: Bittere Pille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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für fünfzig Cent einen Parkschein
gelöst, schließlich wollte er nicht riskieren, eine
Politesse auf sich aufmerksam zu machen. Am Ende schrie und klopfte
sein Fahrgast noch gegen den Kofferraumdeckel. Der Golf war
gestohlen, und vermutlich lief die Fahndung nach der Karre bereits,
also durfte er sich nicht zu viel Zeit lassen, aus der Stadt zu
verschwinden. Plötzlich hatte er es sehr eilig, zum Auto zu
kommen. Es war ein Katzensprung dorthin, und dann würde er
erst mal mit seiner heißen Ladung untertauchen
müssen.
    Nachdem er bezahlt
hatte, sprang er hastig auf und durchquerte die
Fußgängerzone von Remscheid. Von der Scharffstraße
aus konnte er den Wagen schon sehen. Er atmete auf, als er sah,
dass sich noch keine Politesse an dem Golf zu schaffen gemacht
hatte. Jetzt aber nichts wie weg, dachte er, stieg ein und startete
den Motor. Hinten, im Kofferraum, herrschte Stille. Wahrscheinlich
war sie ohnmächtig geworden. Gut so, dachte er, während
er die Stadt durchquerte und schon bald die B 229 erreicht hatte.
Bald war er untergetaucht. Bald schon.

47
    Wermelskirchen-Dhünn,
18:50 Uhr
    Das Schild
»Stall« hätte er um ein Haar übersehen.
Stefan trat das Bremspedal des Käfers bis zum Bodenblech durch
und war froh, dass niemand hinter ihm war. Er befand sich auf einer
kurvenreichen Straße, die ihn auf verschlungenen Wegen durch
die Idylle des Bergischen Landes in südliche Richtung
führte. Wälder lösten sich regelmäßig mit
sattgrünen Wiesen ab, deren verschiedene Grüntöne
ihn an ein übergroßes Schachbrett erinnerten.
    Die Anfahrt über
Bergisch Born und Scheideweg hatte er genossen. Brechtmann hatte
sich ein schönes Fleckchen Erde zum Entspannen ausgesucht,
dachte Stefan und hätte fast vergessen, warum er hier war.
Hückeswagen, Wipperfürth und Bergisch Gladbach waren
nicht weit, und die Dhünn-Talsperre lag in unmittelbarer
Nähe.
    Stefan schaltete
herunter und bog links in den Staller Weg ab. Die Straße
wurde eng, sehr eng, und stieg leicht an. Rechts und links relativ
neue Eigenheime. Schön ländlich, vermutlich hatten die
Besitzer das Bauland für wenig Geld erstanden. Im zweiten Gang
steuerte er Clemens über eine Kuppe. Rechts lag ein kleines
Firmengebäude. Er glaubte im Vorbeifahren, auf dem
Firmenschild die Bezeichnung Bandweberei gesehen zu haben. Links
schmiegte sich der Weg an einen sanften Hügel. Einzelne
Häuser, meist Fachwerk und Schieferfassade, stachen wie dunkle
Punkte aus dem Grün hervor. Wenige Meter weiter lag rechts ein
Tal. Kühe weideten auf den Wiesen, man hatte einen
fantastischen Ausblick auf das Bergische
Land.    
    Hausnummern würde
es hier nicht geben, fürchtete Stefan. Vielleicht sollte er
einfach irgendwo klingeln und nach Brechtmann fragen. Hier kannte
bestimmt jeder jeden. Stefan musste nicht lange suchen. Er sah eine
kleine Hütte, vor der ein silbergrauer Mercedes der S-Klasse
mit Wuppertaler Kennzeichen parkte. Der protzige Wagen wollte so
gar nicht zu der bescheidenen Behausung passen. Aber vielleicht war
der Mediziner ein Mann der Gegensätze. Stefan parkte den
Käfer hinter dem Mercedes. Er schaltete den Motor ab und stieg
aus. Landluft erfrischte seine Lungen. Stefan atmete ein paar Mal
tief durch und genoss den Ausblick. Der Motor des Käfers
knackte leise. Es war ein idyllisches Bild: eine windschiefe
Hütte mit hölzerner Fassade, kleinen Fenstern und
liebevoll handgenähten Gardinen. Ein kleiner, wilder Garten
vor dem Eingang. Bienen summten um die üppigen Blüten des
Rhododendrons. Neben den Eingang eine Clematis in Tiefblau, die
sich bis zur Dachrinne emporrankte. Eine dicke Hummel versuchte
immer wieder vergeblich, auf einer Blüte zu
landen.       
    »Zu wem wollen
Sie?«
    Brechtmann,
durchzuckte es Stefan. Es konnte nur Brechtmann sein, denn der
hochgewachsene Mann hatte mit einem herrischen Unterton in der
Stimme gesprochen, der ihn auf den ersten Blick schon unsympathisch
machte. Brechtmann hatte auf einer einfachen Holzbank neben dem
Eingang gesessen. Jetzt erhob er sich und betrachtete seinen
Besucher voller Misstrauen.
    »Mein Name ist
Stefan Seiler, Wupperwelle.« Er lächelte freundlich und
trat näher. »Dr. Brechtmann?« Die Hummel brummte
jetzt wütend und klammerte sich an eine Blüte, die unter
ihrem Gewicht aber erneut nachgab. Ein Zitronenfalter taumelte an
Stefans Kopf vorbei.
    »Worum geht es?
Ich bin hier, um mich zu erholen, und nicht, um Interviews zu
geben. Vereinbaren Sie doch bitte einen Termin mit

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