Bitterer Chianti
Antonia nicht zu verletzen, obwohl die Wirklichkeit gnadenlos war und Wörter wie Mörder, Killer oder Verbrecher ihm passender erschienen, besonders, als er vom Ende des Gespräches erzählte.
Strozzi und Vanzetti wussten von seinen Fotos, Stefano musste sie über seine Kontakte und ihr heutiges Gespräch informiert haben, und dem Prediger war er zum zweiten Mal entwischt. Seine Rolle als unfreiwilliges Bindeglied unter den Winzern war offensichtlich. Nüchtern betrachtet blieb seinen Feinden in Bezug auf seine Person kein Spielraum. Jetzt jagten ihn nicht mehr nur die Prediger, sondern eine Organisation mit Verbindungen, Geld und sicherlich auch einem entsprechenden Stab von Mitarbeitern für jeden Zweck – für jeden ...
«Dann musst du davon ausgehen, dass sie in diesem Moment bei Rondine auf dich warten», sagte Antonia nach einer Ewigkeit des Schweigens in der nächtlichen Stille. «Du fährst morgen in aller Frühe nach Deutschland zurück. Ich gebe dir zwei von meinen Arbeitern mit, die dich beim Packen begleiten, in ihrer Gegenwart wird dich niemand angreifen. Bitte, tu mir den Gefallen, Franco.» Sie rückte zu ihm und legte ihre Hände auf seine Schultern. «Ich kann deine Sachen aus dem Apartment holen. Mir wird Massimo nichts antun. Und was das Geld angeht, das du bei dieser Reportage verlierst, ich gebe es dir. Ich will dich in Sicherheit...»
«Angst», sagte Frank langsam, «Angst ist das Schlimmste, Antonia. Das wollen sie, dass man Angst hat. Mit Angst macht man Leute gefügig, in der Familie, der Politik, in der Wirtschaft... Sie ist das Fundament von Macht: Winzer terrorisieren, bis sie den Kopf verlieren und Fehler machen oder aufgeben. Angst lähmt, weißt du, sie vernebelt das Gehirn, sie macht krank – und sie verdirbt einem den Appetit!» Sein Lachen klang nicht ganz echt, ein Misston blieb. «Auch wenn ich von hier verschwinde, lassen sie mich nicht in Ruhe. Außerdem kommt Christine ...»
«Na und», unterbrach ihn Antonia, «was nutzt dem Mädchen ein ...» Sie sprach es nicht aus. «Strozzi und ... Vanzetti werden handeln, er lässt sich nicht aufhalten, er wird alle beiseite schieben, die seine Projekte gefährden, und da gehörst du – und inzwischen auch Stefano – dazu, nach allem, was du sagst. Zur Not macht er sich selbst die Hände schmutzig. Es war ihm nie wichtig, geliebt zu werden, er empfand es als sicherer, dass man ihn fürchtete.»
Frank stand auf, holte den Tontopf mit dem Wildkaninchen vom Feuer und stellte ihn auf einen Untersetzer. «Du verlangst von mir als Fotografen, dass ich die Augen verschließe? Das wäre so, als ob ihr Winzer euch beim Verkosten eurer Weine die Nase zuhalten würdet.» Er hob den Deckel und schnüffelte in den aufsteigenden Dampf. «Kaninchen mit Schokolade? Ist ja irre. Und was ist da noch drin?»
«Basilikum gehört rein, Pinienkerne, Rosinen, Essig, Wein ... ein altes Rezept von hier.»
«Kochst du immer so wunderbar?»
«Wenn es für jemanden ist, dem es schmeckt, ja.»
«Dann bleibe ich», sagte Frank, obwohl ihm das Essen wie eine Henkersmahlzeit vorkam.
«Es gibt zwei Möglichkeiten – nein, drei, wie du da rauskommst, oder wir – und die anderen Winzer!» Antonia gab sich nicht geschlagen. «Erstens: Du informierst Graf Solcari und überlegst gemeinsam mit ihm, was man tun kann. Ich halte ihn für integer. Zweitens: Du schließt Frieden mit Stefano, und wir lösen sein Problem, oder vielmehr unser Problem zusammen. Er weiß viel, vielleicht sogar alles über das Projekt und die Hintermänner. Dabei rettet er seine Haut, er ist intelligent, und wenn er sich einsichtig zeigt... Die dritte Möglichkeit – du lässt neue Abzüge machen, und ich übergebe sie der Polizei, gleich morgen. Und du wartest ein paar Tage irgendwo ... ich habe Freunde in Genua, das ist nicht weit und groß genug, um vorübergehend unterzutauchen.»
«Das wäre dir das Liebste, nicht wahr? Aber es wäre leider auch das Dümmste. Du siehst, was dabei rauskommt, die Fotos verschwinden.»
«Möglich, dass die Mordkommission mit ihrer Untersuchung vorangekommen ist...»
«... bei den Beziehungen, die Strozzi hat? Der lässt Rionero in ein Fischerdorf auf Sardinien versetzen. Auf keinen Fall. Ich bleibe. Und jetzt die andere Flasche.» Frank sah sich nach dem Korkenzieher um.
«Ich lasse mich nicht vertreiben, ich lasse mir von anderen nicht ihren Willen aufdrängen, und besonders jetzt, wo ich dich getroffen habe. Soll das auch kaputtgehen? Die Kinder
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